Erstes Wocheninsulin im Handel |
Sven Siebenand |
25.09.2024 18:00 Uhr |
Diabetikern, die von ein- oder zweimal täglich verabreichtem Basalinsulin auf Insulin icodec umsteigen, wird empfohlen, die erste Insulin-icodec-Gabe am Tag nach der letzten verabreichten Dosis ihres alten Basalinsulins zu injizieren. Die empfohlene Dosis Awiqli entspricht der täglichen Basalinsulin-Gesamtdosis multipliziert mit 7, gerundet auf die nächsten 10 Einheiten. Lediglich für die erste Injektion wird eine zusätzliche einmalige Aufsättigungsdosis von 50 Prozent empfohlen, falls ein schnelleres Erreichen der Blutzuckerkontrolle bei Patienten mit Typ-2-Diabetes angestrebt wird. Für Patienten mit Typ-1-Diabetes wird diese Aufsättigungsdosis bei der ersten Injektion immer empfohlen.
Ein Beispiel: Hat ein Typ-1-Diabetiker insgesamt bisher 30 Einheiten eines Basalinsulins gespritzt, so rechnet man für die erste Dosis 7 x 30 Einheiten x 1,5 = 315 Einheiten. Aufgerundet wird dann auf 320 Einheiten. Ab der zweiten Woche errechnet sich die wöchentliche Dosis dann wie folgt: 7 x 30 Einheiten = 210 Einheiten. In der Fachinformation findet sich eine entsprechende Tabelle.
Die am häufigsten beobachtete Nebenwirkung von Insulin icodec ist eine Unterzuckerung. Bei Typ-1-Diabetikern gab es im Vergleich zu Insulin degludec ein erhöhtes Hypoglykämie-Risiko, weshalb sie nur dann mit Insulin icodec behandelt werden sollten, wenn ein eindeutiger Nutzen von einer wöchentlichen Dosierung erwartet wird. Eine häufig beobachtete Nebenwirkung von Insulin icodec sind Reaktionen an der Injektionsstelle.
Aufgrund fehlender Erfahrungen während der Schwangerschaft muss Frauen im gebärfähigen Alter geraten werden, Awiqli abzusetzen, wenn sie schwanger werden oder schwanger werden möchten. In der Stillzeit ist zu entscheiden, ob auf das Stillen verzichtet wird oder die Behandlung mit Insulin icodec beendet wird. Dabei sind sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau zu berücksichtigen.
Wie andere Insuline muss auch Awiqli vor dem ersten Gebrauch im Kühlschrank bei 2 bis 8 °C aufbewahrt werden. Nach Anbruch darf das Arzneimittel maximal zwölf Wochen bei maximal 30 °C gelagert werden.
Mit Insulin icodec kommt nach vielen Jahren erstmals ein neues Basalinsulin in den Handel. Es handelt sich um das erste Ultra-Langzeitinsulin, das nur noch einmal pro Woche zu injizieren ist – mit Efsitora alfa könnte zukünftig übrigens ein weiteres folgen.
Die wöchentliche Gabe und die Raffinessen, die beim Wirkstoffdesign von Insulin icodec dazu geführt haben, dass die Halbwertszeit auf fast 200 Stunden verlängert wurde, rechtfertigen die Einstufung des Neulings bei den Sprunginnovationen. Insulin icodec weist ein Wirkprofil mit einer langsamen und stetigen zuckersenkenden Wirkung auf.
Das umfangreiche Studienprogramm ONWARDS zeigt, dass die einmalig wöchentliche Gabe des neuen Insulins der täglichen Basalinsulin-Therapie mindestens ebenbürtig ist. In einigen Studien war Insulin icodec tendenziell sogar etwas besser wirksam hinsichtlich der HbA1c-Senkung.
Insbesondere bei Typ-2-Diabetikern wird Insulin icodec wohl eine Rolle spielen. Denn bei manchen Betroffenen hat die Belastung durch eine oder zwei tägliche Basalinsulingaben einen negativen Einfluss auf die Therapieakzeptanz und -adhärenz. Die wöchentliche Therapie mit Insulin icodec könnte sich daher positiv auf beides auswirken. Man hat schließlich auch bei den GLP-1-Rezeptoragonisten gesehen, dass die verminderte Injektionsfrequenz von täglich zu wöchentlich hinsichtlich Therapietreue und Blutzuckerkontrolle in vielen Fällen vorteilhaft ist.
Interessant wären natürlich auch weitere Daten bei Typ-1-Diabetes, unter anderem auch bei Kindern. Bislang wird das neue Insulin bei neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes sowie bei Kindern und Jugendlichen nicht empfohlen und grundsätzlich gilt bislang die Empfehlung, dass Typ-1-Diabetiker wegen eines erhöhten Unterzuckerungsrisikos nur dann mit Insulin icodec behandelt werden sollten, wenn ein eindeutiger Nutzen von einer wöchentlichen Dosierung erwartet wird.
Zu erwarten ist, dass Awiqli auch in der Apotheke für Beratungsbedarf sorgen wird, zum Beispiel bei Fragen zum Fertigpen, zur wöchentlich zu injizierenden Dosis und zum Einsatz des Präparats in Schwangerschaft und Stillzeit.
Sven Siebenand, Chefredakteur