Erstes Gehirn-Implantat beim Menschen eingesetzt |
Was sagen Experten zur erstmaligen Implantation des Neuralink-Chips beim Menschen? Zu diesem Fall fehlten bisher noch sehr viele Informationen, sagte der Neurotechnologe Professor Dr. Rüdiger Rupp vom Universitätsklinikum Heidelberg der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Unklar sei etwa, wie viele Drähte implantiert worden seien und ob der Versuch auf eine bestimmte Frist oder dauerhaft ausgelegt sei. Dass neuronale Aktivität abgeleitet werden konnte, bedeute erst einmal wenig. »Das heißt noch keine Kontrolle eines Smartphones«, betonte Rupp. Dafür müsse die Aktivität der Neuronen vom Nutzer aktiv durch Gedanken moduliert werden können, zudem müsse ein Dekoder die neuronale Aktivität stabil in Steuerbefehle umwandeln.
Die Technik an sich stelle keine Revolution dar, sagte der Neuroinformatiker Professor Dr. Moritz Grosse-Wentrup von der Universität Wien der dpa. Schon seit knapp zwei Jahrzehnten würden von einzelnen Patienten Roboterarme über Implantate gesteuert. »Die Technologie ist im Prinzip schon da, aber mit Neuralink ist es nun auch möglich, mit viel Geld und vielen Mitarbeitern die unzähligen kleinen Probleme bis zur Marktreife zu lösen.«
Das Implantat habe mit 1024 vergleichsweise viele Elektroden, die mit Nervenzellen im Gehirn verbunden werden, erklärte Grosse-Wentrup. Zudem ließen sich sehr zielgenau bestimmte Bereiche und damit auch
Funktionen ansteuern. Der große Nachteil des Verfahrens aus Sicht des Neuroinformatikers: »Man ist im Gehirn drin.« Das berge immer das Risiko für Infektionen, zudem setze sich Hirngewebe wie jedes andere
zur Wehr, etwa mit Abkapselungsreaktionen. »Wie lange das System stabil bleiben kann, ist noch vollkommen unklar.« Bei ähnlichen invasiven Ansätzen habe sich gezeigt, dass die Zahl beobachtbarer Neuronen mit der Zeit abnimmt. Wirklich beurteilen werde man Neuralink darum erst in einigen Jahren können, sagte Grosse-Wentrup. Die Studie ist auf sechs Jahre angelegt. Mit ersten Zulassungen sei gegebenenfalls erst in etwa einem Jahrzehnt zu rechnen.
Neuralink hat mehrere Konkurrenten, die eine ähnliche Technologie ebenfalls kommerziell nutzen wollen, darunter die US-Firma Precision Neuroscience für Gehirn-Computer-Schnittstellen, die 2021 von einem Mitgründer von Neuralink gegründet wurde. Precision Neuroscience will ihr Implantat mit ebenfalls 1024 Elektroden auf einem Film über einen sehr feinen Schnitt im Schädel minimalinvasiv am Gehirn anbringen. Sein Implantatsystem, das als Layer 7 Cortical Interface bekannt ist, testete das Unternehmen im vergangenen Jahr sogar bereits kurzzeitig an drei Patienten, die aufgrund eines Hirntumors operiert werden mussten. Im Zuge der Schädelöffnung wurde das Implantat für etwa 15 Minuten auf die Gehirne dieser Patienten platziert, um die Funktionalität und Leistung des Systems zu überprüfen.
Des Weiteren will das US-amerikanische Unternehmen Synchron, das sich ebenfalls auf die Entwicklung von BMI spezialisiert hat, ein System mit 16 Elektroden über Blutgefäße in die Nähe der richtigen Gehirnbereiche bringen. Zu weiteren Firmen, die an BMI forschen, zählt auch das US-Unternehmen Blackrock Neurotech.