Erste topische Gentherapie im Handel |
| Brigitte M. Gensthaler |
| 08.09.2025 18:00 Uhr |
Vyjuvek wird einmal wöchentlich in kleinen Tröpfchen in einem gitterartigen Muster im Abstand von etwa 1 cm voneinander auf die Wunde(n) appliziert. Die empfohlene maximale Gesamtdosis für Kinder bis drei Jahre beträgt 1 ml pro Woche (2 × 109 Plaque-bildende Einheiten, PFU), für alle älteren Patienten sind es 2 ml (4 × 109 PFU).
Die Gentherapie wird so lange aufgetragen, bis sich die Wunden geschlossen haben. Öffnen sich Wunden wieder, sollten diese vorrangig behandelt werden. Liegen keine Wunden vor, stoppt die Behandlung.
Nach der Applikation wird ein hydrophober Verband aufgelegt, unter dem sich in der Wunde eine dünne gleichmäßige Vyjuvek-Schicht bildet. Darüber wird ein Standardverband gelegt. Der Verband verbleibt für circa 24 Stunden. Nach der Behandlung sind die Patienten auf Anzeichen von Infektionen zu überwachen und gegebenenfalls zu behandeln.
Vyjuvek sollte nicht auf Wunden mit einem Plattenepithelkarzinom (SCC) aufgetropft werden. Es kann aber bei SCC-Patienten auf andere Wunden aufgetragen werden.
Das Präparat ist gefroren bei –15 bis –25 °C zu lagern. Vor der Anwendung müssen die Suspension und das Gel aufgetaut und in einer Apotheke vermischt werden. Die Fachinformation enthält ausführliche Anweisungen zum Prozedere, zur Haltbarkeitsdauer nach dem Mischen, zur Logistik und Entsorgung. Beim Umgang mit Vyjuvek ist persönliche Schutzausrüstung, zum Beispiel Handschuhe, Maske und Augenschutz, zu tragen. Schwangere Frauen sollten nicht damit in Kontakt kommen.
Die Zulassung stützt sich auf die Phase-III-Studie GEM-3 mit 31 Patienten im Alter zwischen 1 und 44 Jahren. Alle hatten genetisch bestätigte Mutationen im COL7A1-Gen. Bei jedem Patienten wurden zwei Läsionen, also 62 primäre Wunden, ausgewählt: Eine Wunde wurde mit dem Gentherapeutikum in Gelform und die andere mit Placebo (nur die Gelgrundlage) 26 Wochen lang behandelt. Die Wunden waren von 2 bis über 52 Quadratzentimeter groß.
Der primäre Endpunkt – eine komplette Heilung nach sechs Monaten – wurde bei 67 Prozent (21 von 31) der mit Vyjuvek behandelten Wunden erreicht, verglichen mit 22 Prozent (7 von 31) der mit Placebo behandelten. Nach drei Monaten (sekundärer Endpunkt) lag die Abheilungsrate bei 71 Prozent der Wunden, die gentherapeutisch behandelt wurden, versus 20 Prozent unter Placebo. Zudem hatten die Patienten unter Verum weniger Schmerzen bei der Wundversorgung.
18 Patienten (58 Prozent) in der klinischen Studie berichteten über mindestens eine unerwünschte Wirkung (UAW). Am häufigsten waren Schüttelfrost, Juckreiz und Plattenepithelkarzinome (jeweils 10 Prozent). Alle drei Karzinome traten an Stellen auf, die nicht gentherapeutisch behandelt worden waren. Keine UAW führte zum Abbruch der Behandlung. Es wurden keine signifikanten immunologischen Reaktionen beobachtet.
Beremagen geperpavec kann mit Fug und Recht als Meilenstein in der Behandlung der dystrophen Epidermolysis bullosa (DEB) bezeichnet werden und ist damit eindeutig eine Sprunginnovation. Es handelt sich um die erste lokale Gentherapie bei DEB und die erste Behandlung, die korrigierend am Gendefekt ansetzt. Die Daten, die zur Zulassung geführt haben, zeigen, dass unter Behandlung mit Beremagen geperpavec signifikant mehr Wunden vollständig abheilten. Damit ist sicherlich auch ein deutlicher Gewinn an Lebensqualität bei den Betroffenen erreicht.
Ferner ist positiv zu erwähnen, dass Vyjuvek bereits ab Geburt zum Einsatz kommen darf und dass die Therapie nicht invasiv und leicht anwendbar ist. Vyjuvek kann auch von entsprechend geschulten Patienten oder Pflegepersonen appliziert werden. Damit können auch Familien, die weit von spezialisierten Zentren entfernt wohnen, von der Gentherapie profitieren.
Das Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil kann als günstig bezeichnet werden. Klinisch relevante Reaktionen auf den HSV-1-Vektor wurden bisher nicht beobachtet. Nichtsdestotrotz gilt es, das Thema Sicherheit weiterhin im Auge zu behalten und insbesondere Daten zur Langzeitsicherheit zu generieren.
Sven Siebenand, Chefredakteur