Erste Hilfe bei Babys und Kindern |
Übung macht den Meister, auch bei der Wiederbelebung. Für Eltern gibt es spezielle Erste-Hilfe-Kurse. / Foto: Your Photo Today
Beim Spielen und Herumtoben ist es schnell passiert: Das Kind stürzt. Dabei nehmen Zahnunfälle an Häufigkeit zu. Betroffen sind oft die oberen Schneidezähne. Zahnbruchstücke und ausgeschlagene Zähne können bei richtiger Behandlung wieder angeklebt oder eingepflanzt werden.
Die sensible Wurzeloberfläche oder Zahnbruchstelle darf weder berührt noch desinfiziert werden. Vielmehr muss der Zahn an der Spitze der Krone angefasst und sofort feucht gelagert werden, am besten in einer Zahnrettungsbox (zum Beispiel Dentosafe®, SOS-Zahnbox), die ein besonderes zellverträgliches Milieu enthält. Ersatzweise eignen sich fettarme gekühlte Sterilmilch (H-Milch, Zwischenlösung für eine bis zwei Stunden), engumwickelte Kunststofffolie (Zwischenlösung für 30 bis 60 Minuten) oder isotone Kochsalzlösung aus der Apotheke (Zwischenlösung für maximal 30 Minuten). Leitungswasser oder Speichel sind als Lagermedium ungeeignet.
Ist zeitnah kein Zahnarzt zu erreichen, muss der Zahn in das Nährmedium der Zahnrettungsbox umgelagert werden. Dort kann er bei Zimmertemperatur 24 bis 48 Stunden liegen. Die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde empfiehlt, die Zahnrettungsbox in das Erste-Hilfe-Inventar jeder Schule und jedes Sportvereins aufzunehmen.
Schlägt das Kind mit dem Kopf gegen einen harten Gegenstand, droht eine Gehirnerschütterung. Das Gehirn selbst ist durch die knöcherne Schale geschützt, und zwischen Gehirn und Schädelknochen befindet sich eine Flüssigkeit (Liquor cerebrospinalis). Auch wenn äußerlich keine größere Verletzung zu sehen ist, kann das Gehirn gegen die Schädelwand geprallt und damit erschüttert sein. Symptome wie Erbrechen, Kopfschmerzen oder Bewusstseinsstörungen deuten auf eine Gehirnerschütterung hin, können aber auch fehlen.
Bei jeder Gehirnerschütterung gilt: Das Kind braucht Ruhe zur Regeneration. / Foto: Adobe Stock/Tomsickova
Jetzt sind die Eltern gefordert, ihr Kind genau zu beobachten. Bei jeder auch nur kurzzeitigen Bewusstlosigkeit ist der Arzt aufzusuchen. Dies gilt auch, wenn ein Kind erbricht oder ungewöhnliches Verhalten wie Unruhe oder Teilnahmslosigkeit zeigt. Symptome einer Gehirnerschütterung können auch verzögert erst nach mehreren Stunden auftreten. Daher sollten Kleinkinder oder Säuglinge nach einem Schlag gegen den Kopf zeitnah von einem Arzt untersucht werden. Dieser verordnet gegen Kopfschmerzen Paracetamol oder Ibuprofen (altersgerecht dosieren!). Das Apothekenteam kann die Eltern beruhigen, denn Folgeschäden sind in der Regel nicht zu erwarten. Das Gehirn ist irritiert und braucht Ruhe zur Regeneration.
Der Kopf ist von der sehr gut durchbluteten Kopfschwarte umgeben. Bei Verletzungen strömt das Blut. Kopfplatzwunden werden in der Klinik oder beim Kinderarzt genäht oder mit einem Klammerpflaster versorgt. Um die Blutung zu stoppen, sollte man einen Druckverband (Verbandpäckchen und Mullbinde, zum Beispiel aus dem Erste-Hilfe-Kasten des Autos) anlegen oder ein sauberes Tuch auf die Wunde pressen.
Häufigste Folge einer Kopfverletzung ist eine Beule, die sich möglicherweise blau und grün verfärbt und nach ein paar Tagen verheilt. Erste Hilfe: Kühlen und Trösten.
Foto: Adobe Stock/Stratos Giannikos
Eine Mutter kommt mit ihrem vierjährigen Sohn in die Apotheke. »Mein Kind hat Nasenbluten, ihm steckt eine Murmel in der Nase. Können Sie mir helfen?“ Der Junge hält den Kopf nach hinten geneigt und drückt ein Taschentuch auf die blutende Nase.
Kleinkinder bohren gern in der Nase oder schieben sich Gegenstände hinein. Dabei kann die stark durchblutete und gefäßreiche Nasenschleimhaut in der vorderen Nase (Locus Kiesselbachi) verletzt werden. Auch ein Sturz oder Stoß auf die Nase löst Nasenbluten aus.
Keinesfalls darf ein Laie versuchen, einen feststeckenden Gegenstand mit Pinzette oder Schere herauszuziehen. Dies schiebt den Gegenstand tiefer in die Nase hinein und kann die Schleimhaut weiter verletzen. Das Kind sollte durch den Mund tief Luft holen, mit nach vorn geneigtem Kopf das nicht verlegte Nasenloch zuhalten und kräftig durch das andere Nasenloch ausschnauben. Stecken spitze und scharfkantige Gegenstände in der Nase, ist sofort ein Arzt aufzusuchen.
Bei Symptomen wie Atembeschwerden besteht der Verdacht auf mögliche Aspiration kleinerer Gegenstände wie Reiskörner oder Erbsen. Auch hier sofort zum Arzt!
Erste Hilfe bei Nasenbluten:
Auch im häuslichen Umfeld lauern Gefahren. So darf man einen Säugling niemals unbeaufsichtigt auf dem Wickeltisch, im Hochstuhl oder auf dem Sofa liegen lassen. Treppen, Fenster und Türen sind gut zu sichern. Auch das konsequente Tragen eines Fahrradhelms verringert die Sturzfolgen. Eltern sollten hier gute Vorbilder sein und selbst einen Helm tragen.
Häufigste Folgen eines Sturzes sind Schürfwunden. Diese werden mit Leitungswasser gereinigt und anschließend desinfiziert. Für kleinere Schürfwunden gibt es hautfreundliche luftdurchlässige Wundschnellverbände in kinderfreundlich bunten Designs.
Die Tetanus-Impfung sollte nicht länger als fünf Jahre zurückliegen, andernfalls muss der Impfschutz aufgefrischt werden. Darauf sollte das Apothekenpersonal unbedingt hinweisen. Zur Grundimmunisierung im Säuglingsalter empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) ab einem Alter von zwei Monaten drei Impfstoffdosen im Abstand von vier Wochen und abschließend eine vierte Dosis im Alter von elf bis 14 Monaten. Es ist sinnvoll, Kombinationsimpfstoffe einzusetzen. Der Impfschutz sollte mit fünf bis sechs Jahren, dann im Alter von neun bis 17 Jahren und danach alle zehn Jahre aufgefrischt werden (Epidem. Bulletin Nr. 34/2019).
Verbrennungen sind Schäden der Haut und Schleimhaut durch heiße Flüssigkeiten (Verbrühung), Dämpfe oder Gase, heiße Stoffe oder Kontaktflächen (Backofen), Flammeneinwirkung, starke Sonneneinstrahlung, elektrischen Strom oder Reibung. Sie werden in verschiedene Schweregrade unterteilt.
Säuglinge und Kleinkinder sollten bei Verbrennungen oder Verbrühungen immer zum Kinderarzt gebracht werden. Erste-Hilfe-Maßnahme ist die sofortige Kühlung zur Schmerzlinderung mit handwarmem Leitungswasser. Stärkere Kühlung kann zu Kälteschäden und stärkeren Schmerzen führen. Ist der Körperstamm von einer Verbrennung betroffen, muss man zuerst die Kleidung ausziehen, damit diese nicht mit der Wunde verklebt.
Offene Verbrennungswunden werden sauber und möglichst steril abgedeckt. Hausmittel wie Mehl, Puder oder Öl sind nicht geeignet.
Kleinen Kindern und Säuglingen macht das Plantschen im und mit Wasser viel Freude. Doch Ertrinken ist selbst in der Badewanne möglich. Ungesicherte Gartenteiche, Swimmingpools, Regentonnen, Wassereimer oder sogar Pfützen können für Kleinkinder lebensgefährlich werden.
Baden und Plantschen mögen die meisten Kinder. Dabei darf man sie aber niemals alleine lassen. / Foto: Adobe Stock/komokvm
Kleinkinder und Säuglinge ertrinken »leise«, das heißt sie rufen nicht um Hilfe und machen sich auch sonst nicht lautstark bemerkbar. Sie fallen mit dem Gesicht nach vorn ins Wasser und können ihre Lage nicht verändern, da ihre motorischen Fähigkeiten noch nicht hinreichend entwickelt sind. Zusätzlich kann es beim Eintauchen in das Wasser zu Verkrampfungen kommen. Atmen und Schreien sind dann unmöglich.
Erste-Hilfe-Maßnahme: Reanimation mit Atemspende und Herzdruckmassage. Auf keinen Fall sollten Helfer versuchen, eingeatmetes Wasser aus den Lungen zu entfernen.
Blüten oder Früchte von Garten-, Zimmer- oder Balkonpflanzen wecken die Neugier von Kindern. Der häufig unangenehme Geschmack verhindert meist die Aufnahme größerer Mengen, jedoch lässt sich diese Menge schlecht bestimmen. Giftinformationszentren, Arzt oder Apotheker können dazu beitragen, die Giftpflanze zu bestimmen und die richtigen Maßnahmen zu ergreifen (Kasten). Wichtig für Giftnotruf und Rettungsdienst sind die »W-Informationen«:
Wichtig ist es, Ruhe zu bewahren, Pflanzenteile aus dem Mund zu entfernen und den Mund mit Wasser auszuspülen. Das Kind kann Wasser, Tee oder Saft in kleinen Mengen trinken. Medizinische Kohle ist nach ärztlicher Rücksprache sinnvoll, um die Aufnahme von Giftstoffen zu verringern. Milch ist ungeeignet, da sie die Resorption lipophiler Gifte fördert.
Verdacht auf Vergiftungen von Kindern
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR):
App »Vergiftungsunfälle bei Kindern«,
Broschüre: www.bfr.bund.de/cm/350/risiko-vergiftungsunfaelle-bei-kindern.pdf
Verzeichnis der deutschen Giftinformationszentren:
www.kindergesundheit-info.de/themen/sicher-aufwachsen
www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/pdf/Giftinformationszentren2018.pdf
Zahnunfall: www.kzbv.de/zahnunfall.179.de.html; www.zahnunfall.de
Erste-Hilfe-online-Kurs: www.erste-hilfe-fuer-kinder.de
Kindernotfallkurse für Eltern: www.kindernotfall-bonn.de
Ohne Rücksprache mit dem Arzt kein Erbrechen mit dem Finger oder Salzwasser auslösen! Bei Bewusstlosigkeit sofort den Notarzt verständigen! Einem bewusstlosen Kind keinesfalls Flüssigkeit eingeben.
Diese Maßnahmen gelten ebenso bei Verdacht auf eine Vergiftung durch Putz- oder Arzneimittel, Zahnpasta oder Kosmetika. Benötigen die Eltern regelmäßig Medikamente, dürfen diese nie für ein Kind erreichbar herumliegen. Das Apothekenpersonal sollte Eltern mit Kleinkindern immer wieder darauf hinweisen, Arzneimittel grundsätzlich kindersicher zu lagern. Das gilt auch für den Besuch bei den Großeltern.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) stuft vor allem Paracetamol als gefährlich ein. Die leberschädigende Wirkung kann tödlich sein! Sie lann beim Überschreiten der Tageshöchstdosis von 50 mg pro kg Körpergewicht eintreten. Dies entspricht eineinhalb Tabletten à 500 mg für ein 15 kg schweres Kind! Die deutschen Giftinformationszentren weisen jedoch darauf hin, dass nach einer einmaligen Paracetamol-Überdosis unter 150 mg/kg ohne Therapie beim Gesunden keine Leberschädigung zu erwarten sei; bei Risikopatienten wie Früh- und Neugeborenen sowie Kleinkindern mit hohem Fieber und Appetitlosigkeit liege die toxische Dosis bei größer/gleich 100 mg/kg (Mitteilung des GGIZ Erfurt) . Die Symptome einer Vergiftung entwickeln sich schleichend mit unspezifischen Anzeichen wie Übelkeit oder Erbrechen. Auch Antiarrhythmika, Antidiabetika, Psychopharmaka, Opioide, H1-Antihistaminika oder größere Mengen Levothyroxin können bei Kindern zu lebensgefährlichen Vergiftungen führen. Wichtig ist eine gut sortierte Hausapotheke für Kinder (Kasten).
Foto: Adobe Stock/cicisbeo
Arzneimittel für Kinder sind zur schnellen Übersicht getrennt von den Medikamenten der Erwachsenen zu lagern. Braucht ein Kind regelmäßig Arzneimittel zur Behandlung einer Grunderkrankung, zum Beispiel Asthma, oder neigt es zu Fieberkrämpfen, müssen die hierfür benötigten Medikamente immer vorrätig sein.
Das Apothekenpersonal sollte darauf hinweisen, dass alle Medikamente vor Licht, Wärme und Feuchtigkeit geschützt zu lagern, mit dem Anbruchdatum zu versehen und die Haltbarkeitsdaten regelmäßig zu kontrollieren sind. Über eine besondere Aufbewahrung, zum Beispiel im Kühlschrank, ist bei der Abgabe zu informieren. Eine gut ausgestattete Kinder-Hausapotheke sollte folgende Arzneimittel, Hilfsmittel und Verbandmaterialien enthalten:
Sind die Augen mit schädlichen Gasen oder Flüssigkeiten in Berührung gekommen, sind diese sofort mindestens zehn Minuten unter fließendem Wasser zu spülen. Dabei ist der Wasserfluss direkt auf das Auge zu richten, um vorhandene Reste so schnell wie möglich zu verdünnen und auszuspülen. Anschließend sofort zum Augenarzt oder in eine Klinik.
Der plötzliche Kindstod (Sudden Infant Death Syndrome; SIDS) ist ein entsetzlicher Einschnitt für eine Familie. Ohne Vorwarnung und meist auch ohne eindeutige medizinische Ursache stirbt ein völlig gesund wirkender Säugling. Säuglinge zwischen dem 2. und 5. Lebensmonat sind besonders häufig betroffen.
Zahlreiche Studien konnten verschiedene Risikofaktoren sowie präventive Maßnahmen aufzeigen. Säuglinge sollten in Rückenlage im Babyschlafsack schlafen. Allein diese Maßnahme reduziert das SIDS-Risiko um 50 Prozent. Sicherer als im Elternbett ist das schlafende Kleinkind im eigenen Bettchen ohne Stofftiere, Decken oder Kissen, die die Atemwege verlegen könnten. Die Umgebungstemperatur sollte zur Vermeidung von Hitzestau bei 18 °C liegen. Rauchen in der Wohnung ist tabu. Studien zeigen, dass nicht geimpfte Kleinkinder und Säuglinge ein erhöhtes Risiko für SIDS haben.
Egal aus welchem Grund ein Baby nicht bei Bewusstsein ist: Zunächst sollten die Eltern es ansprechen und anfassen. Als nächstes folgt ein kleiner Schmerzreiz durch Kneifen in den Oberarm. Ein Säugling darf niemals geschüttelt werden, da dies zu schweren inneren Verletzungen führen kann. Bleibt eine Reaktion aus, muss sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen werden.
Zuerst ist die Atmung zu überprüfen. Dazu legt man den Säugling auf den Rücken. In dieser Position ist der Kopf leicht nach vorn geneigt. Damit die Atemwege geöffnet sind, sollte sich der Kopf in neutraler Position befinden, sodass er vorsichtig nach hinten gestreckt wird. Mit dem Ohr über Mund und Nase und den Blick auf Bauch und Brust gerichtet, können Atembewegungen festgestellt werden.
Ist keine Atmung sichtbar, beginnt sofort die Beatmung. Man holt tief Luft und umschließt zur Atemspende Mund und Nase des Säuglings. Zeigt sich nach fünf Beatmungen keine Reaktion, beginnt man mit der Herzdruckmassage: leichter Druck mit zwei Fingern auf das Brustbein 2 bis 3 cm tief und mit einer Frequenz von zwei Kompressionen pro Sekunde. 30 Thoraxkompressionen wechseln mit zwei Beatmungen.
Idealerweise übernehmen zwei Personen die Wiederbelebungsmaßnahmen: Einer beatmet, der andere übt die Herzdruckmassage aus (Grafik, Tabelle).
Wichtige Wiederbelebungsmaßnahmen für Säuglinge und Kleinkinder. Modifiziert nach: Kindernotfall Bonn / Foto: Stephan Spitzer
Bleiben diese Wiederbelebungsversuche ungefähr eine Minute ohne Reaktion, ist der Notarzt zu alarmieren (Telefon 112). Dabei die Reanimation nicht unterbrechen!
Die Maßnahmen bei Kindern stimmen weitgehend mit der Reanimation von Säuglingen überein. Kleine Unterschiede ergeben sich durch die veränderte Körpergröße. So ist in Rückenlage der Kopf eines Kindes nicht zu weit nach hinten zu strecken, um die Atemwege nicht zu verlegen. Bei der Beatmung wird der Mund des Kindes mit dem eigenen Mund umschlossen, die Nase bleibt frei. Nach fünf vergeblichen Beatmungsversuchen beginnt man mit der Herzmassage. Druckpunkt ist das untere Brustbein in der Mitte des Oberkörpers. Mit gestreckten Armen erfolgt mit dem Handballen die Kompression auf diesen Druckpunkt, ebenfalls zweimal pro Sekunde mit 30 Kompressionen (etwa 5 cm tief) und zwei Beatmungen im Wechsel (Grafik, Tabelle).
Notfall | Erste-Hilfe-Maßnahme | Anmerkung |
---|---|---|
Zahnunfall | ausgeschlagene Zähne in Zahnrettungsbox, ersatzweise kurzzeitig in Sterilmilch oder isotoner Kochsalzlösung lagern, Zahnarzt oder Klinik aufsuchen | Wurzel der ausgeschlagenen Zähne nicht berühren, nicht in Wasser oder Speichel lagern |
Kopfplatzwunde | Druckverband zur Blutstillung, ärztliche Versorgung | bei Kopfschmerzen: Paracetamol oder Ibuprofen altersgerecht dosiert |
Gehirnerschütterung | Kinderarzt oder Klinik, Symptome wie Übelkeit, Schwindel oder Bewusstseinsstörungen können zeitversetzt bis Stunden nach dem Sturz auftreten | Ruhe, bei Kopfschmerzen: Paracetamol oder Ibuprofen altersgerecht dosiert |
Verbrennung, Verbrühung | Kühlung mit handwarmem Leitungswasser, sterile Abdeckung, Kinderarzt oder Klinik | kleinere Wunden mit handwarmem Wasser kühlen und mit Brand- und Wundgelen behandeln, bei stärkeren Schmerzen: Paracetamol oder Ibuprofen altersgerecht dosiert |
Ertrinkungsunfall | Wiederbelebungsmaßnahmen, Rettungsdienst Tel. 112 | keinesfalls versuchen, eingeatmetes Wasser aus der Lunge zu entfernen |
Vergiftung | Material aus dem Mund entfernen, Tee oder Wasser in kleinen Schlucken trinken lassen, Giftinformationszentrum und Arzt kontaktieren, bei Bewusstlosigkeit: Wiederbelebungsmaßnahmen, Rettungsdienst Tel. 112 | Ruhe bewahren, kein Erbrechen herbeiführen, keine Milch trinken lassen |
Fremdkörper-Aspiration | bei Bewusstsein: Säuglinge: 5 Schläge zwischen die Schulterblätter, 30 Thoraxkompressionen, Kleinkinder über 1 Jahr: 5 Schläge zwischen die Schulterblätter, Heimlich-Manöver, bei Bewusstlosigkeit: Wiederbelebungsmaßnahmen, Rettungsdienst Tel. 112 | Ruhe bewahren, effektiven Husten unterstützen |
Plötzlicher Kindstod (SIDS) | Wiederbelebungsmaßnahmen Säuglinge und Kleinkinder: zwei Beatmungen im Wechsel mit 30 Thoraxkompressionen, Rettungsdienst Tel. 112 | Schlafen in Rückenlage im Schlafsack im Babybett ohne Kissen oder Kuscheltier |
Bewusstlose Säuglinge oder Kinder, die noch selbstständig atmen, sind in die stabile Seitenlage zu bringen, damit die Atemwege offen bleiben. Der Säugling liegt komplett auf dem Bauch, das Gesicht zur Seite mit nach hinten überstreckt positioniertem Kopf.
Ein Kleinkind sollte der betreuenden Person zugewandt auf die Seite gerollt werden. Das obere Bein ist rechtwinklig angezogen, das untere ausgestreckt. Dabei liegt der Kopf leicht nach hinten überstreckt, damit Blut oder Erbrochenes nicht in die Atemwege fließen kann. Die Atmung ist ständig zu kontrollieren.
Kinder im Alter von einem bis vier Jahren stecken alles in den Mund. Dabei können sie Fremdkörper auch verschlucken. Kleinstgegenstände werden problemlos über den Magen-Darm-Kanal ausgeschieden. Sind sich Eltern über die Gefährlichkeit der verschluckten Gegenstände unsicher, hilft rund um die Uhr die Informationszentrale gegen Vergiftungen.
Gelangen allerdings Gegenstände in Luftröhre oder Atemwege (Fremdkörperaspiration), droht die teilweise oder komplette Verlegung der Atemwege mit Erstickungsgefahr. Bei teilweise verlegten Atemwegen können die Ärzte in der Klinik aspirierte Fremdkörper bei einer Lungenspiegelung wieder herausholen. Wichtig ist, Ruhe zu bewahren.
Hustet das Kind effektiv, soll es weiter husten und dabei den Oberkörper möglichst vornüber neigen. Effektiver Husten äußert sich durch Schreien, Weinen, lautes Husten, Einatmen vor dem Husten; das Kind ist wach und ansprechbar. Neben der Ermutigung zum Husten ist keine weitere Unterstützung notwendig.
Reagiert das Kind mit Atemnot, ist jedoch rasche Hilfe notwendig. Dabei geht man je nach Alter des Kindes unterschiedlich vor. Säuglinge werden leicht schräg nach unten in Bauchlage gehalten; eine Hand stützt den Kopf im Kieferbereich, der Mund ist offen. Mit der anderen Hand gibt man fünf kräftige Schläge auf den Rücken zwischen die Schulterblätter. Löst sich die Verlegung der Atemwege hierdurch nicht, wird der Säugling auf den Rücken gedreht, mit dem Kopf leicht schräg nach unten. Die eine Hand hält Rücken und Hinterkopf; mit der anderen Hand führt man Thoraxkompressionen wie bei einer Reanimation durch, allerdings kräftiger und langsamer. Der entstehende Druck soll den Fremdkörper lösen. Notarzt verständigen! Ist das Kind bewusstlos, wird es in Rückenlage gebracht, beatmet oder wiederbelebt.
Kinder ab einem Jahr werden mit vornübergebeugtem Oberkörper gehalten; die fünf kräftigen Schläge erfolgen auf den Rücken zwischen die Schulterblätter. Löst sich der Fremdkörper dadurch nicht, ist der Heimlich-Handgriff (Heimlich-Manöver) anzuwenden. Das Kind sitzt in vornübergebeugter Haltung und mit geöffnetem Mund auf dem Schoß des Erwachsenen. Dessen geballte Faust liegt zwischen Bauchnabel und Unterrand des Brustbeins des Kindes. Nun wird die Faust mit der anderen Hand umfasst und kräftig nach innen oben gezogen. Diese Kompression fünfmal wiederholen.
Vorsicht: Bei Kindern unter einem Jahr besteht hierbei die Gefahr einer Leberverletzung. Daher ist die Altersgrenze einzuhalten. Löst sich der Fremdkörper, ist anschließend dennoch immer eine Kontrolle beim Kinderarzt notwendig.
Fieber, definiert als Erhöhung der Körpertemperatur über 38,5 °C, ist in der Regel kein Notfall, sondern unterstützt das körpereigene Abwehrsystem, eine Infektion zu bekämpfen. Da das Immunsystem von Säuglingen und Kleinkindern noch nicht ausgereift ist, sind fieberhafte Infekte häufig. Dabei ist nicht immer gleich ein fiebersenkendes Mittel nötig.
Fiebernde Säuglinge und Kleinkinder müssen immer umgehend einem Kinderarzt vorgestellt werden. Dies gilt umso mehr, wenn sie bei Durchfall und Erbrechen nicht trinken wollen. Hausmittel wie Wadenwickel sind ausschließlich bei erhöhter Temperatur von Rumpf, Armen und Beinen sinnvoll, bei kalten Extremitäten oder Schüttelfrost dagegen kontraindiziert!
Beängstigend sind jedoch Fieberkrämpfe bei Säuglingen und Kleinkindern. Sie treten vor allem bei Anstieg der Körpertemperatur auf. Als Ursache vermutet man eine genetische Veranlagung des Thermoregulationszentrums im Hypothalamus. Die Symptome äußern sich durch Verdrehen der Augen, Bewusstseinsverlust und rhythmisches Zucken über Sekunden bis maximal 15 Minuten. Allerdings sollte nach fünf Minuten den Notarzt verständigt werden. Wichtig: Ruhe bewahren und das Kind in die stabile Seitenlage legen. In der Apotheke können wir die Eltern beruhigen, dass keine gesundheitlichen Folgen bekannt sind.
Ist bekannt, dass ein Kind mit Fieberkrämpfen reagiert, ist eine frühzeitige Fiebersenkung sinnvoll. Dazu eignen sich Paracetamol (für Kinder bis zwölf Jahren in der Dosierung von dreimal täglich 10 bis 15 mg/kg Körpergewicht/Einzeldosis, maximal 60 mg/kg KG als Tagesdosis) und Ibuprofen (Kinder ab sechs Monaten, Dosierung ein- bis dreimal täglich 7 bis 10 mg/kg KG/Einzeldosis, maximal 30 mg/kg KG als Tagesdosis). Das Apothekenpersonal muss den Eltern die individuell richtige Dosierung unbedingt erklären.
Ebenso sollte es auf die Grenzen der Selbstmedikation bei Fieber hinweisen:
Als Folge viraler oder bakterieller Infektionen, Allergie oder Tabakrauch in der Wohnung kann es bei Säuglingen und Kleinkindern zu einer entzündlichen Schwellung der Schleimhäute unterhalb der Stimmritze kommen (Pseudokrupp). Die Verengung der Atemwege äußert sich in einem charakteristischen bellenden Husten mit krächzendem Einatmen (Stridor) bis zur akuten Erstickungsgefahr (Notarzt rufen). Kinder zwischen sechs Monaten und fünf Jahren sind besonders betroffen, da die Anatomie von Kehlkopf und Luftröhre noch sehr eng ist.
Pseudokrupp tritt vor allem in den Abend- und Nachtstunden auf, da dann der antientzündlich wirkende körpereigene Cortisonspiegel niedrig ist. Ruhe und frische kalte Luft lindern die Beschwerden. Zur Differenzialdiagnose (Diphtherie) oder bei ausbleibender Besserung muss das Kind zum Arzt oder in die Klinik gebracht werden. Corticoid-haltige Zäpfchen (rezeptpflichtig) dienen zur Abschwellung der Schleimhaut.
Die meisten Notfälle bei Kindern ereignen sich in häuslicher Umgebung. Schnelles Handeln kann dann Leben retten. Wichtige Hinweise aus der Apotheke unterstützen die Eltern. Hilfreich ist sicher auch ein Vortrag, den die Apotheke zum Thema »Erste Hilfe bei Kindernotfällen« zusammen mit dem Kinderarzt oder einem örtlichen Rettungsdienst veranstaltet.
Literatur bei der Verfasserin
Barbara Staufenbiel studierte Pharmazie in Münster. Sie leitete 16 Jahre lang die Rabenfels-Apotheke in Rheinfelden. Seit ihrer Rückkehr nach Münster arbeitet sie in einer öffentlichen Apotheke und engagiert sich für die Fortbildung als Referentin und Autorin mit Schwerpunkt Apothekenpraxis.