Ersatzkassen starten bundesweiten E-Rezept-Dienst |
Ev Tebroke |
14.12.2020 17:10 Uhr |
Versicherte von TK und Co. können über eine Smartphone-Anwendung ihrer Kasse auf ihre elektronische Verordnung zugreifen und diese an ihre Wunschapotheke weiterleiten. / Foto: Adobe Stock/oatawa
Die großen Ersatzkassen gehen mit einem gemeinsamen E-Rezept-Projekt an den Markt. Ab sofort haben neben der TK auch die Versicherten der Barmer und der DAK-Gesundheit die Möglichkeit, elektronische Rezepte zu erhalten und diese über eine App bei einer Apotheke ihrer Wahl einzulösen. Anfang 2021 sollen auch die Hanseatische Krankenkasse (HEK) und BIG direkt gesund hinzukommen, heißt es am heutigen Montag in einer gemeinsamen Mitteilung. Insgesamt können ab dem 14. Dezember somit rund 26 Millionen Versicherte von einem am Projekt teilnehmenden Arzt in der Praxis ein E-Rezept verordnet bekommen, diese über eine entsprechende Smartphone-App ihrer Kasse empfangen und an eine Apotheke ihrer Wahl weiterleiten. Zwar konnten sich TK-Versicherte auch zuletzt schon Medikamente elektronisch verordnen lassen. Dies war aber nur im Rahmen der TK-Online-Sprechstunde möglich und nicht ambulant in der Praxis.
Was ursprünglich 2019 als kleines Modellprojekt der TK im Hamburger Stadtteil Wandsbek gestartet ist und dann von der TK bundesweit für ihre Versicherten im Rahmen der Fernbehandlung ausgerollt wurde, hat nun unter dem Namen »E-Rezept Deutschland« alle großen Ersatzkassen an Bord. Ab sofort können theoretisch alle Arztpraxen, die die Praxissoftware von medatixx und Medisoftware nutzen, an dem Projekt teilnehmen – bundesweit also rund 40.000 Ärzte in 22.000 Praxen. Bislang sind zwar lediglich 40 Praxen an Bord. Die TK hofft jedoch nach eigenen Angaben auf weitere Teilnehmer.
Auf Apothekenseite sind bislang insgesamt rund 1000 Vor-Ort-Apotheken an das Projekt angedockt, die teilweise die Medikamente per Botendienst liefern, zudem mehrere Versender darunter Doc Morris und Shop Apotheke. Bereits beim bundesweiten TK-Projekt zum E-Rezept waren 1000 stationäre Apotheken beteiligt, viele davon waren Noventi-Kunden. Der Apothekendienstleister hatte das Projekt stark beworben und seine Apothekensoftware dafür geöffnet. Aktuell kooperieren die Kassen neben Noventi auch mit NARZ/AVN, ARZ Haan, DRZ sowie Pharmatechnik, heißt es.
Damit Versicherte ein E-Rezept von ihrem teilnehmenden Arzt empfangen können, müssen sie zuvor die jeweils entsprechende App ihrer Kasse auf ihrem Smartphone installieren. Bei der TK ist das die bereits bekannte TK-Doc-App, bei der Barmer die sogenannte Barmer E-Rezept-App, und auch die DAK bietet eine eigene Lösung. Hat der Arzt das E-Rezept ausgestellt, ist es dann in der Anwendung als QR-Code abrufbar und der Versicherte kann es einer beteiligten Apotheke seiner Wahl zuweisen. Diese nimmt das Rezept verschlüsselt an und stellt dem Versicherten im Anschluss die gewünschten Medikamente entweder zur Selbstabholung, per Botendienst oder per Versand zur Verfügung.
»Das Rezept wird aus Datenschutzgründen in zwei Teile getrennt, in einen QR-Code für den Kunden und die Rezeptdaten«, teilte die TK auf Nachfrage mit. Die Server werden demnach von zwei unterschiedlichen Anbietern betrieben und stehen in Deutschland. Die App-Lösung orientiere sich an den Gematik-Vorgaben und auch die weitere Entwicklung werde sich daran orientieren, betonte die TK. Eventuell notwendige Anpassungen könnten kurzfristig umgesetzt werden. Sobald die Strukturen für das gesetzliche E-Rezept stehen, werde das Modellprojekt »E-Rezept Deutschland« überführt. »Gleichzeitig legen wir in der Erprobung des E-Rezepts großen Wert darauf, dass Versicherte vor dem Hintergrund einer perspektivischen Vernetzung mit digitalen Anwendungen wie der elektronischen Patientenakte den größtmöglichen Nutzen haben«, so eine TK-Sprecherin.
Mit dem neuen Angebot preschen die Ersatzkassen beim E-Rezept nun vor. Denn das offizielle Roll-out der elektronischen Verordnung beginnt erst ab Mitte nächsten Jahres. Laut Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) ist die staatlich kontrollierte Gematik verpflichtet, bis Mitte 2021 die technischen Komponenten für das E-Rezept bereitzustellen. Ab dann muss der Transport des E-Rezepts vom Arzt zum Patienten und in die Apotheke funktionieren. Fest steht bereits, dass die ärztliche Verordnung über die App der Gematik zum Patienten kommt. Wie sich die Kassen dann mit ihren Anwendungen einbringen, wird sich zeigen. Fest steht: Die technische Umsetzung des E-Rezept-Konzepts der Ersatzkassen erfolgt über die Firma E-Health-Tec. Die Zur-Rose-Tochter war von Anfang an in das TK-Projekt mit eingebunden. Sie ist mittlerweile indirekt über ein Konsortium unter der Leitung des US-IT-Unternehmens IBM auch an der Bereitstellung des E-Rezept-Fachdiensts der Gematik beteiligt. Der Zuschlag im Rahmen einer Ausschreibung hatte zuletzt für Kritik gesorgt.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.