Erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes bei spätem Chronotyp |
Annette Rößler |
13.09.2023 07:00 Uhr |
Wer ständig die Nacht zum Tag macht, hat laut einer Studie ein erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes, das nicht nur auf ungesunde Lebensstilfaktoren zurückzuführen ist. / Foto: Getty Images/Radovanovic96
Der sogenannte Chronotyp eines Menschen charakterisiert, wie gut seine innere Uhr mit der Tageszeit synchronisiert ist. Läuft er zu Hochform auf, wenn es draußen gerade dunkel wird, ist dafür aber ein ausgeprägter Morgenmuffel? Oder geht er mit den Hühnern schlafen und ist am nächsten Tag schon beim ersten Morgengrauen putzmunter? Eine im Fachjournal »Annals of Internal Medicine« veröffentlichte Studie zeigt nun, dass der späte Chronotyp mit einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes (T2D) assoziiert ist.
Es handelt sich dabei um eine Auswertung der Nurses’ Health Study II, einer Langzeit-Beobachtungsstudie von Krankenschwestern in den USA. Eingeschlossen waren 63.676 Krankenschwestern im Alter zwischen 45 und 62, die im Jahr 2009 weder Krebs, eine kardiovaskuläre Erkrankung noch Diabetes hatten und bis 2017 beobachtet wurden. Die Teilnehmerinnen gaben ihren Chronotyp auf einem validierten Fragebogen selbst an; zusätzlich erfasst wurden ihre Ernährung, Bewegung, Alkoholkonsum, Body-Mass-Index (BMI), Raucherstatus und die Schlafdauer. Insgesamt wurden während der Studie 1925 Fälle von T2D dokumentiert.
Die Nachteulen waren in der Minderheit: Nur 11 Prozent der Frauen gaben ihren Chronotyp als »definitiv Abend« an. 35 Prozent bezeichneten sich selbst als ausgeprägte Morgenmenschen, der Rest war nicht so festgelegt. Deutlich häufiger als die Frühaufsteherinnen hatten die Nachteulen einen ungesunden Lebenswandel (54 Prozent erhöhte Wahrscheinlichkeit). Das verwundert nicht, denn wer abends lange wach bleibt, ist eher versucht, Alkohol zu trinken und spät noch etwas zu naschen, als jemand, der um diese Zeit schon schläft. Somit war auch das T2D-Risiko bei den »nachtaktiven« Teilnehmerinnen im Vergleich zu den Frühaufsteherinnen, aber auch zu den Frauen ohne fest definierten Chronotyp erhöht (um 72 beziehungsweise 21 Prozent).
Zogen die Autoren um Dr. Sina Kianersi vom Brigham and Women’s Hospital in Boston den Einfluss der diversen Lebensstilfaktoren in die Berechnung mit ein, blieb eine Risikoerhöhung um 19 Prozent bei den Frauen mit spätem Chronotyp im Vergleich zu jenen mit frühem Chronotyp übrig. »Das bedeutet, dass ein ungesunder Lebensstil zwar einen Großteil dieser Assoziation erklärt, aber nicht alles«, führt Kianersi aus.
Interessant war zudem das Teilergebnis, dass das T2D-Risiko bei denjenigen erhöht war, deren Chronotyp nicht zu ihren Arbeitszeiten passte. Der Chronotyp solle daher bei der Einteilung der Arbeitsschichten stärker berücksichtigt werden, empfehlen die Autoren.
Da alle Teilnehmerinnen der Studie weiblich sind und die meisten von ihnen weiße Hautfarbe haben, sind die Ergebnisse nicht ohne Weiteres auf andere Populationen übertragbar. Laut den Autoren besteht also weiterer Forschungsbedarf. Sie selbst wollen in kommenden Untersuchungen anhand größerer und diverserer Populationen nach möglichen genetischen Ursachen für die verschiedenen Chronotypen sowie deren Einfluss auf kardiovaskuläre Erkrankungen und Diabetes suchen.