| Barbara Döring |
| 29.07.2025 12:30 Uhr |
Kulturrausch: Das Max-Planck-Institut hat untersucht, ob Alkohol gesellschaftliche Entwicklungen befeuerte. / © Adobe Stock/Yulia/ generiert mit KI
Die Vermutung, dass sich komplexe, hierarchische Kulturen nur bilden konnten, weil Alkohol im Spiel war, ist nicht neu. Schließlich spielten geistige Getränke bereits in frühen Zivilisationen eine wichtige Rolle. Alkohol diente als Opfergabe, Bauherren bezahlten ihre Arbeiter damit und Eliten schenkten bei Festen Wein und Bier aus, um den sozialen Zusammenhalt und ihre Position zu festigen.
Seit der Sinologe und Philosoph Edward Slingerland von der University of British Columbia im Jahr 2021 sein Buch »Drunk: How we sipped, danced and stumbled our way to civilization« veröffentlichte, hat die Theorie einen Namen: »Drunk Hypothesis«. Der Autor argumentiert, das menschliche Verlangen nach dem Rausch sei kein Fehler der Evolution, sondern brachte Vorteile mit sich, die stärker wogen als die schädlichen Effekten auf die Gesundheit.
Überprüfen ließ sich diese Annahme bislang nicht, da archäologische Funde mit Alkohol sehr spärlich und schriftliche Quelle dazu nur aus bereits komplexen Gesellschaften existieren. Die Leipziger Forschenden griffen für ihre Studie auf moderne Methoden der vergleichenden Ethologie und Statistik – die kausale Interferenz – zurück. Als Grundlage nutzten sie Daten von 186 ethnografischen Gesellschaften mit unterschiedlich ausgeprägter politischer Komplexität.
Zwar fanden sie einen Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit fermentierter Getränke und einem höheren Maß an politischer Komplexität. Der Effekt war jedoch nach Berücksichtigung anderer Einflüsse, vor allem der Landwirtschaft, nur gering. Das Team weist darauf hin, dass sich die Studie auf niedrigprozentige alkoholische Getränke konzentrierte. In einer Welt, in der auch hochprozentiger Alkohol nahezu unbegrenzt verfügbar sei und Trinken zunehmend zur einsamen Angelegenheit werde, könnten die Gefahren eines übermäßigen Konsums die potenziellen sozialen Vorteile überwiegen.