Entscheidend ist die Vielfalt |
Annette Rößler |
18.04.2023 07:00 Uhr |
2010 seien die ersten Arbeiten veröffentlicht worden, in denen ein spezifisches Mikrobiom des Bronchialbaums beziehungsweise Störungen desselben als mit Asthma assoziiert beschrieben wurden (DOI: 10.1371/journal.pone.0008578). »Danach gab es eine große Diskussion, ob das veränderte Mikrobiom ursächlich ist für die Entzündung der Atemwege oder andersherum«, sagte von Mutius. Mittlerweile gebe es zwar Hinweise darauf, dass die Veränderungen des Mikrobioms die Ursache für die Erkrankung seien, doch abschließend geklärt sei die Frage noch nicht. »Ich denke, es ist wahrscheinlich ein Wechselspiel«, so die Expertin.
Wie für die Mikrobiome des Darms und der Haut gelte jedenfalls auch für das Mikrobiom der Atemwege: Vielfalt bedeutet Gesundheit. Oder, wie von Mutius es formulierte: »Die Diversität der mikrobiellen Exposition ist mit Asthmaschutz assoziiert.« Laut einer Arbeit aus dem Jahr 2011 sei es ein ganzer Cocktail aus verschiedenen Bakterien und Schimmelpilzen, der vor Asthma schütze (DOI: 10.1056/NEJMoa1007302).
Dabei gehe es nicht nur um die Mikroorganismen, die die Kinder einatmen, sondern auch um die in ihrem Darm. Das Darmmikrobiom von Babys verändert sich im ersten Lebensjahr stark. Mit diesem Reifungsprozess verbunden ist eine relative Abnahme bestimmter Bakterienstämme bei gleichzeitiger Zunahme anderer Stämme und auch der Diversität. Wichtige Faktoren dabei sind, wie lange die Kinder ausschließlich gestillt werden, welche Nahrung dann zugefüttert wird, aber auch, in was für einer Umgebung sie sich befinden.
Eine Arbeit aus dem Jahr 2020 habe gezeigt, dass das Darmmikrobiom bei Bauernhofkindern schneller reife als bei Stadtkindern (DOI: 10.1038/s41591-020-1095-x). »Dies erklärt zumindest partiell den Bauernhofeffekt«, so von Mutius. Zusammenfassend lasse sich somit sagen, dass das Mikrobiom der Umwelt sowohl die Zusammensetzung als auch die Reifung der Mikrobiome in Nase, Rachen und Darm von Kindern beeinflusse. Die Besonderheiten einer bäuerlichen Umgebung trügen dabei zum Schutz vor Asthma und Allergien bei.