Engpässe und EU-Auflagen – läuft da was? |
Cornelia Dölger |
05.06.2025 12:00 Uhr |
Hersteller Sandoz will sich wegen einer EU-Richtlinie aus der Produktion von Salbutamol-haltigen Asthma-Notfallsprays zurückziehen. / © Getty Images/Tom Merton
Dass Hersteller Sandoz sich aus der Produktion von Salbutamol-haltigen Asthma-Notfallsprays zurückziehen will, wurde vorige Woche bekannt. Grund für den Rückzug sei die vorgeschriebene Umstellung von fluorierten Treibhausgasen auf umweltfreundliche Varianten aufgrund einer EU-Verordnung, sagte Sandoz-Deutschlandchef Thomas Weigold der »Welt am Sonntag«. Er bezog sich damit auf die zu Jahresbeginn in Kraft getretene F-Gas-Regulation zur schrittweisen Reduktion fluorierter Treibhausgase wie HFKW (Hydrofluorkohlenwasserstoffe).
Schon seit Ende 2023 besteht ein Engpass bei Salbutamol-haltigen Asthma-Notfallsprays. Dieser sei aber nicht auf neue Regularien, sondern auf eine gesteigerte weltweite Nachfrage zurückzuführen, teilte das BfArM der PZ mit. Die Probleme in der Herstellung »bestehen in Beschaffungs- und Qualitätsaspekten der verwendeten Materialien«, ließ die Behörde wissen.
Zu konkreten Verzichten auf Zulassungen lägen keine Informationen vor, heißt es weiter. Daher sei »zum jetzigen Zeitpunkt von keinem Marktrückzug seitens der Zulassungsinhaber« auszugehen. Auf PZ-Nachfrage bekräftigte Sandoz indes die Ausstiegspläne. Die Umrüstung des Produktionsstandorts in Rudolstadt wäre demnach »mit extrem hohen Investitionen verbunden, die sich wirtschaftlich nicht darstellen lassen«. Die Produktion von Salbutamol für den deutschen und europäischen Markt solle »in den kommenden Jahren« auslaufen. Alternative Versorgungsmöglichkeiten würden geprüft.
Beim BfArM sieht man bereits Alternativen heraufziehen. Aktuell lägen zwei Anträge auf Neuzulassung vor, ließ ein Sprecher wissen. Daher gehe man davon aus, »dass sich mit den künftigen Zulassungen eine Verbesserung der Versorgung ergeben wird«. Um welche Anträge es sich handelt, erklärte das BfArM auch auf Nachfrage nicht.
Das BfArM räumt gleichzeitig ein, dass die F-Gas-Verordnung für die Hersteller »herausfordernd« sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, »dass vereinzelte unternehmerische Maßnahmen getroffen werden und neben Dosieraerosolen auch verstärkt auf alternative geeignete Devices umgestiegen werden muss«.
Dass sich Umweltauflagen auf die Arzneimittelproduktion auswirken können, wurde unlängst auch am Beispiel Metformin deutlich. Der »Spiegel« berichtete vergangene Woche, dass Generikahersteller erwägen, Metformin-haltige Präparate vom Markt zu nehmen, weil deren Produktion durch die geplante EU-Abwasserrichtlinie (KARL) zu teuer würde. Die Richtlinie verpflichtet die Pharma- sowie die Kosmetikindustrie, sich an den Kosten zur Aufrüstung kommunaler Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe mit mindestens 80 Prozent zu beteiligen.
Herstellerverbände reagierten umgehend auf die »Spiegel«-Geschichte und warnten erneut vor einem »Kollaps der Gesetzlichen Krankenversicherung«, wenn Patienten auf teurere Alternativen ausweichen müssten. Schon seit Längerem verweisen sie auf drohenden Kostenexplosionen, sollte ihre Zahlungsverpflichtung nicht zurückgenommen werden. Rückenwind erhielten die Verbände unlängst aus Straßburg. Das Europäische Parlament meldete Nachbesserungsbedarf für die Regelung an und verlangte eine neue Folgenabschätzung.
Auch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat die Folgen der EU-Regelung für die Industrie hierzulande im Blick. »Es ist davon auszugehen, dass die Regelungen der Kommunal-Abwasserrichtlinie sich auch auf die Arzneimittel auswirken werden«, hieß es. »In welchem Umfang einzelne Arzneimittel betroffen sein werden, ist von zahlreichen Faktoren abhängig, die derzeit noch analysiert werden.«