Elinzanetant verbessert Hitzewallungen und Schlaf |
Daniela Hüttemann |
23.08.2024 09:00 Uhr |
Bis zu 80 Prozent aller Frauen leiden während der Wechseljahre unter vasomotorischen Symptomen wie plötzlichen Hitzewallungen. / Foto: Getty Images/Fiordaliso
Elinzanetant wirkt nicht hormonell, sondern als dualer Neurokinin-1- und -3-Rezeptorantagonist und damit etwas breiter als der erste bereits zugelassene Vertreter dieser Klasse, der Neurokinin-3-Rezeptorantagonist Fezolinetant (Veoza™ von Astellas), der in Deutschland im Februar auf den Markt kam. Nun sind die Daten aus zwei Phase-III-Studien (OASIS 1 und 2) mit Elinzanetant im Fachjournal »JAMA« erschienen. In einem begleitenden Editorial wird bereits über »eine neue Ära für das Management der Menopause« spekuliert.
An den internationalen, randomisierten, doppelblinden, multizentrischen Studien nahmen insgesamt rund 800 Frauen im Alter zwischen 40 und 65 Jahren mit moderaten bis schweren vasomotorischen Symptomen teil. Die eine Hälfte erhielt jeweils Elinzanetant 120 mg einmal täglich, die andere ein entsprechendes Placebo. In beiden Studien durchliefen jeweils rund 80 Prozent der Teilnehmerinnen die gesamte Studiendauer von 26 Wochen. Ihre Daten flossen in die Auswertung ein.
Elinzanetant senkte in beiden Studien die Häufigkeit und Schwere vasomotorischer Beschwerden signifikant stärker als Placebo nach vier und zwölf Wochen, berichtet die Studiengruppe, wobei sich erste Verbesserungen bereits nach einer Woche zeigten. Die Frauen litten zuvor unter etwa 13 bis 16 Attacken pro 24 Stunden. Nach zwölf Wochen hatten 71,4 und 74,7 Prozent der Frauen unter Elinzanetant eine mindestens 50-prozentige Reduktion der Frequenz ihrer Beschwerden erreicht gegenüber 42,0 und 48,3 Prozent unter Placebo. Zudem verbesserten sich Schlafstörungen und Lebensqualität. Das Mittel wurde gut vertragen. Als häufigste Nebenwirkung traten Kopfschmerzen und Müdigkeit auf.
Elinzanetant beeinflusst über die Neurokinin-Rezeptoren die Thermoregulation im Gehirn. Während der Wechseljahre kann es hier zeitweise durch den Estrogen-Abfall zu einem Ungleichgewicht beziehungsweise einer zu starken Gegenregulation kommen. Neuropeptid B und Substanz P gewinnen die Oberhand, die Folge sind vasomotorische Beschwerden wie Hitzewallungen. Bis zu 80 Prozent der Frauen leiden darunter – und das im Schnitt über sieben bis neun Jahre. Dann können sie eine Hormonersatztherapie erhalten. Bei Kontraindikationen oder Unverträglichkeit gibt es allerdings bislang kaum Alternativen.
Der NK-1-Rezeptor soll darüber hinaus auch eine Rolle bei primärer Insomnie spielen. Daher soll der neue duale Antagonist Elinzanetant auch bei Schlafstörungen während der Wechseljahre, unter denen bis zu 60 Prozent der Frauen leiden, helfen. Dieser Effekt wird derzeit noch in der Phase-IIb-Studie SWITCH-1 untersucht.
Für die Indikation vasomotorische Beschwerden während der Wechseljahre hat Hersteller Bayer bereits am 1. August die Zulassung in den USA beantragt. Bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA ist der Arzneistoff bislang noch nicht unter den Arzneimitteln unter Evaluation gelistet.
Der neuen Arzneistoffklasse wird von Analysten ein riesiges Marktpotenzial zugesprochen angesichts der vielen Betroffenen weltweit. Vasomotorische Beschwerden sind assoziiert mit kardiovaskulären und neurologischen Outcomes und verursachen Arbeitsausfall.
Zwar wird der Hormonersatztherapie mittlerweile ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis für die meisten Frauen attestiert, doch viele bleiben unterbehandelt. Daher seien neuen Therapieansätze gefragt, heißt es im begleitenden Editorial. Die adressierten Signalwege könnten zudem auch das viszerale Fettgewebe beeinflussen und die NK-Antagonisten sich positiv auf Gewicht und kardiovaskuläres Risiko auswirken, so eine Hypothese, die noch nicht mit klinischen Daten belegt ist.
»Es sind zwar noch weitere Studien erforderlich, um das volle Potenzial dieser Medikamente zu erforschen, doch scheinen wir in eine neue Ära eingetreten zu sein, in der die Behandlung der Menopause individuell auf die Symptome, die persönliche und familiäre Krankengeschichte, Nebenwirkungen und persönliche Vorlieben zugeschnitten werden kann«, schreiben Dr. Stephanie S. Faubion und Dr. Chrisandra L. Shufelt, Internistinnen mit Schwerpunkt Frauengesundheit an der Mayo Clinic in Jacksonville, Florida. Sie hoffen, dass sich die Versorgung menopausaler Frauen durch die nicht hormonellen Alternativen verbessert.