Einfluss im Netz – Mädchen sind Verlierer |
Sprachrohr und Minenfeld: Soziale Medien bieten Mädchen Gemeinschaft und Gehör, aber auch Druck und Schönheitswahn. / © Adobe Stock/Maria Vitkovska
Soziale Medien erzeugen enormen Druck, schön, schlank, perfekt zu wirken. Zugleich entstehen dort Räume, in denen Mädchen ihre Stimme erheben, Gleichgesinnte finden und Missstände sichtbar machen können. Welche Rolle spielen soziale Medien im Leben von Mädchen: Sind sie eher belastender Käfig oder stützendes Sprachrohr?
Für den Weltmädchenbericht 2021 hat die Kinderrechtsorganisation Plan International 26.000 Mädchen und junge Frauen in 26 Ländern der Welt zu ihren Erfahrungen mit Falschnachrichten im Internet befragt. Das Ergebnis: Fake News, die vornehmlich in sozialen Netzwerken auftauche, hindern Mädchen daran, sich politisch und gesellschaftlich zu engagieren.
»Sie sind ein maßgeblicher Grund dafür, dass sie ihre Meinungen nicht mehr in Social Media teilen wollen. Wenn Mädchen sich aus Angst vor Falschinformationen, Hass oder Anfeindungen aus dem digitalen Raum zurückziehen, hat das direkte Auswirkungen auf die Gleichberechtigung«, erklärt Pia Arndt von Plan International Deutschland.
Es gebe keine Gleichberechtigung im Netz, sagt Rüdiger Maas, Psychologe, Generationenforscher und Leiter des Instituts für Generationenforschung. »Das Netz potenziert nur alles, was wir in der analogen Welt haben.« So verbreiteten sich Hassnachrichten im Netz schneller als in der realen Welt. Etwa 70 Prozent der Mädchen und Frauen im Netz hätten dort Gewalt erfahren, im weitesten Sinne auch durch sogenanntes Bodyshaming.
Wer sich nicht traue, seine Meinung zu äußern oder sich politisch zu engagieren, werde aus wichtigen gesellschaftlichen Diskursen ausgeschlossen, gibt Arndt zu bedenken. »Mädchen und junge Frauen verlieren dadurch nicht nur Sichtbarkeit, sondern auch Einfluss – etwa bei Themen, die sie unmittelbar betreffen: Bildung, Gleichstellung, reproduktive Rechte, Klimaschutz oder digitale Gewalt.«
Das digitale Schweigen resultiere in Ungleichgewicht: Während sich viele Jungen und Männer lautstark äußerten – und dafür oft weniger sanktioniert würden –, fehlten weibliche Perspektiven. »Wenn Mädchen verstummen, leidet die Demokratie. Und Gleichberechtigung rückt in noch weitere Ferne«, erklärt Arndt.