Ein Wirkstoff, zwei Indikationen |
Kerstin A. Gräfe |
03.08.2023 07:00 Uhr |
Unter der Behandlung kann es zur Verlängerung des herzfrequenzkorrigierte QT-Intervalls (QTC-Intervall) am Herzen kommen. Kontraindiziert ist Tibsovo daher unter anderem bei angeborenem Long-QT-Syndrom sowie einem QT/QTC-Intervall > 500 ms, unabhängig von der Korrekturmethode. Nicht angewendet werden darf der Wirkstoff zudem bei plötzlichem Tod oder polymorphen ventrikulären Arrhythmien in der Familienanamnese.
Vor Therapiebeginn muss ein EKG gemacht werden. Das QTc-Intervall sollte weniger als 450 ms betragen. Anschließend müssen EKG während der ersten drei Therapiewochen mindestens einmal wöchentlich und danach, wenn das QTc-Intervall ≤ 480 ms bleibt, monatlich durchgeführt werden. Die Patienten sollten über das Risiko aufgeklärt werden sowie die Anzeichen und Symptome einer QT-Verlängerung wie Herzklopfen, Schwindel, Synkope oder sogar Herzstillstand kennen.
Die gleichzeitige Einnahme von Arzneimitteln, die ebenfalls das QTC-Intervall verlängern, ist zu vermeiden. Das gilt auch für die Kombination mit moderaten oder starken CYP3A4-Hemmern, die das Risiko einer QTC-Intervallverlängerung erhöhen. Lässt sich die gleichzeitige Anwendung nicht vermeiden, sollte die Ivosidenib-Dosis auf einmal täglich 250 mg reduziert werden.
Ivosidenib ist ein Substrat von CYP3A4. Die gleichzeitige Gabe von starken CYP3A4-Induktoren ist kontraindiziert. Zugleich induziert der Wirkstoff CYP3A4 sowie CYP2B6, CYP2C8, CYP2C9 und CYP2C19, was die systemische Exposition gegenüber Substraten dieser Enzyme verringern kann.
Des Weiteren kann Ivosidenib die systemische Exposition von Wirkstoffen, die überwiegend durch p-Glykoprotein transportiert werden, verändern. Die Kombination mit Dabigatran ist daher kontraindiziert. Zudem hemmt der neue Wirkstoff die Transportproteine OAT3, OATP1B1 und OATP1B3. Die gleichzeitige Verabreichung von OAT3-Substraten (etwa Furosemid) oder sensitiven OATP1B1/1B3-Substraten (etwa Atorvastatin) gilt es zu vermeiden.
Für AML-Patienten gibt es noch einen gesonderten Warnhinweis. Bei ihnen ist unter der Behandlung ein Differenzierungssyndrom aufgetreten. Es geht mit einer schnellen Proliferation und Differenzierung von myeloischen Zellen einher und kann lebensbedrohlich oder tödlich sein. Zu den Symptomen zählen unter anderem periphere Ödeme, Pyrexie, Dyspnoe und Hypotonie. Patienten sollten diese Symptome kennen und sich beim Auftreten unverzüglich an ihren Arzt wenden. Zudem sollten sie die Patientenkarte zur sicheren Anwendung stets bei sich tragen.
Frauen im gebärfähigen Alter sollen vor Behandlungsbeginn einen Schwangerschaftstest durchführen. Sie sowie Männer mit Partnerinnen im gebärfähigen Alter müssen während der Therapie und für mindestens einen Monat danach eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Da Ivosidenib die systemische Konzentration von hormonellen Verhütungsmitteln vermindern kann, wird die gleichzeitige Anwendung einer alternativen Verhütungsmethode empfohlen
Nicht empfohlen wird der Einsatz des neuen Medikaments in der Schwangerschaft. Das Stillen soll während der Behandlung und für mindestens einen Monat nach der letzten Dosis unterbrochen werden.