»Ein seriöses Siegel hält, was es verspricht« |
Christiane Köber ist als Justiziarin bei der Wettbewerbszentrale in Bad Homburg für den Gesundheitsbereich zuständig. Mit dem Thema Qualitätssiegel befasst sie sich schon lange. / Foto: Assia Helmich
PZ: Frau Köber, warum erfreuen sich Qualitätssiegel auch in der Gesundheitsbranche zunehmender Beliebtheit?
Köber: Für Verbraucherinnen und Verbraucher sind Siegel ungemein wichtig. Sie können die Entscheidung für die Wahl eines Dienstleisters oder den Kauf eines Produkts beeinflussen.
PZ: Wer darf Siegel auf den Markt bringen?
Köber: Jeder kann ein Siegel vergeben, und das ist auch das Problem. Denn es scheint ein lukratives Geschäft zu sein, so etwas anzubieten.
PZ: Welchen Anforderungen muss ein seriöses Siegel genügen?
Köber: Ein seriöses Siegel führt die Verbraucher beziehungsweise Patienten nicht in die Irre, sondern hält, was es verspricht. Für die Verbraucher muss transparent und nachvollziehbar sein, welche Kriterien zugrunde liegen und wie diese Kriterien für die Bewertung gewichtet wurden. Zudem sollte möglichst ein neutraler Dritter prüfen, ob die Kriterien erfüllt werden.
PZ: Wann ist ein Siegel irreführend? Können Sie Beispiele nennen?
Köber: Wenn eine Apotheke zum Beispiel als »Top Apotheke« ausgezeichnet ist, muss sie einen deutlichen Vorsprung vor anderen Apotheken haben. Wenn sich hinter den Kriterien für das Siegel Selbstverständlichkeiten verbergen, zum Beispiel gute Beratung oder ein barrierefreier Zugang, ist das irreführend. Unseriös ist auch, wenn Unternehmer einen Fragebogen ausfüllen sollen, das Einhalten festgelegter Kriterien aber nicht überprüft wird. Eine solche Selbstauskunft rechtfertigt nicht das Tragen eines Siegels. Damit wird eine Wertigkeit vorgegaukelt, die es gar nicht gibt.
PZ: Gibt es Siegel, die Sie empfehlen können?
Köber: Der Goldstandard sind meiner Ansicht nach Tests der Stiftung Warentest. Die Prüfer der Stiftung informieren klar, wie sie was getestet haben. Zudem legen sie die Testmethoden offen.
PZ: Wer prüft Verstöße und auf welcher Grundlage?
Köber: Grundlage ist die aktuelle wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung. Als Selbstkontrollinstitution der Wirtschaft geht neben Verbänden oder Mitbewerbern auch die Wettbewerbszentrale Beschwerden nach. Wenn nötig, mahnen wir Unternehmen ab und fordern sie zur Unterlassung auf. Kommen sie dem nicht nach, klagen wir und bringen die Fälle vor Gericht.
PZ: Welche Pflichten haben Apotheker, die mit einem Siegel werben?
Köber: Jeder, der mit einem Siegel wirbt, muss sicherstellen, dass es den rechtlichen Anforderungen genügt. Es empfiehlt sich also, vorab zu prüfen, ob ein Siegel wettbewerbskonform ist. Man kann sich dabei nicht auf den Verleiher des Siegels berufen. Letztendlich haftet der Verwender für berufs- oder wettbewerbsrechtliche Verstöße, und kann auch abgemahnt werden. Dessen sollten sich alle Apothekerinnen und Apotheker bewusst sein.
PZ: Was empfehlen Sie Apothekern, die erwägen, mit einem Siegel zu werben?
Köber: Sie sollten vorab kritisch hinterfragen, ob sie ein solches Siegel wirklich brauchen, und ob es einen Mehrwert und tatsächliche Vorteile für die Kunden bietet. Es empfiehlt sich auch zu prüfen, ob Kriterien zugrundeliegen, die den Siegelinhalt zutreffend wiedergeben. Wenn das Siegel wettbewerbsrechtlich nicht in Ordnung ist, kann das Konsequenzen haben.