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Universität Düsseldorf
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Ein halbes Jahrhundert Pharmazie

Anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Fachs Pharmazie an der Heinrich-Heine-Universität (HHU) in Düsseldorf fand dort am 29. Oktober ein Festsymposium statt – um auf die vergangenen Jahrzehnte zurückzuschauen und zugleich einen Blick in die Zukunft zu werfen.
AutorKontaktLaura Rudolph
Datum 03.11.2025  14:30 Uhr

Mittwochmittag, voller Hörsaal: Zahlreiche Pharmaziestudierende, Alumni, Lehrende und Gäste hatten sich vergangene Woche versammelt, um gleich zwei Jubiläen zu feiern – den 60. Geburtstag der damals noch nicht nach Heinrich Heine benannten Universität Düsseldorf sowie ein halbes Jahrhundert Pharmazie an derselbigen.

Im Oktober 1975 wurde das Fach eingerichtet und der Betrieb startete im Wintersemester des darauffolgenden Jahres mit 60 Studierenden, wie Professor Dr. Michael Schöttner, Studiendekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät, in seinem Grußwort erklärte. Er sprach von einer Erfolgsgeschichte: Heute könne die Düsseldorfer Pharmazie mehr als 4000 Absolventinnen und Absolventen, rund 550 erfolgreich abgeschlossene Promotionen sowie elf Habilitationen vorweisen. Schöttner betonte außerdem die Einzigartigkeit des Studiengangs »Master of Science Industrial Pharmacy«, den es in Deutschland nur an der HHU gebe.

Auch Professor Dr. Jörg Breitkreutz, seit rund 20 Jahren Leiter des Instituts für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie, richtete ein Grußwort an die Gäste. Er erinnerte an den »berühmtesten Apotheker Düsseldorfs«, Theodor Löbbecke (1821 bis 1901), dessen umfangreiche Muschelsammlung den Grundstein für das heutige Aqua-Zoo-Löbbecke-Museum legte – ein Beispiel für die lange pharmazeutisch-naturwissenschaftliche Tradition der Stadt.

Alles auf Anfang

Nach den Grußworten wandte sich der Blick in die Anfangsjahre des Fachs. Wer könnte darüber besser erzählen als jemand, der sie selbst miterlebt und mitgestaltet hat? So teilte Professor Dr. Bernhard C. Lippold, einer der drei damaligen Gründungsrektoren, seine Erinnerungen und Anekdoten.

»Die Pharmazie wurde in Düsseldorf als letzte der Fachrichtungen innerhalb der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät gegründet. Und bis heute war es auch die letzte Pharmaziegründung innerhalb Deutschlands, sodass wir gleichzeitig auch das jüngste Institut sind«, so Lippold. Da das neue Fach natürlich auch neue Professoren brauchte, wechselte Dr. Hans Möhrle (verstorben 2021), Professor für Pharmazeutische Chemie, 1975 von der FU Berlin an die HHU und wurde zum ersten Hochschullehrer der Düsseldorfer Pharmazie, bevor weitere hinzukamen.

»Im Labor gab es kein einziges Reagenzglas, im Sekretariat kein Blatt Papier«, berichtete der Gründungsdirektor von den Anfängen. Dazu gab es auch die ein oder andere amüsante Anekdote. Als die fünf »Mitarbeiter der ersten Stunde« noch keine Wohnung in Düsseldorf gefunden hatten, richteten sie sich provisorisch das Labor als Schlaf- und Arbeitsstätte ein und nutzten anfangs die Sprinkleranlage im Labor als Dusche – zum Schrecken der Putzfrau, die in einem ungünstigen Moment hereinkam.

Zwischenzeitlich hat sich nicht nur die Wohnsituation der Mitarbeiter verbessert, sondern auch das Fach Pharmazie enorm weiterentwickelt. Lippold berichtete, wie damals beispielsweise die Pharmakokinetik und die Biopharmazie an Bedeutung gewannen.

Vom »Kind der HHU« zum ABDA-Präsidenten

Einen Blick zurück warf auch ABDA-Präsident Thomas Preis, der kurz nach der Gründung – von 1978 bis 1982 – an der HHU Pharmazie studierte und heute mit seinem Sohn zwei Apotheken in Köln betreibt. Per Videobotschaft richtete er seine Glückwünsche aus. »Wenn ich heute zu Ihnen spreche, ist das für mich wie eine kleine Zeitreise.« So habe sich das Studium, aber auch das Gesundheitswesen seitdem enorm verändert.

»Wir stehen heute an einem neuen Wendepunkt des Gesundheitssystems, das dynamischer und fragiler ist als je zuvor«, sagte Preis. Zukünftig würden personalisierte Medizin und auch Präventionsmaßnahmen in Apotheken immer wichtiger werden, was zeige, wie wichtig eine fundierte pharmazeutische Ausbildung ist. Auch wenn sich vieles im Wandel befinde, werde eines sicher gleich bleiben: »Der Apotheker wird immer ein Beruf des Vertrauens sein.«

Im Zentrum steht der Mensch

»Das Zentrum der Pharmazie bleibt der Mensch«, bekräftigte auch Dr. Armin Hoffmann, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) sowie der Bundesapothekerkammer, der beim Festsymposium sprach. »Fünf Jahrzehnte sind eine Zeitspanne, in der sich nicht nur die Pharmazie, sondern auch die Gesellschaft und die Menschheit weiterentwickelt haben.« 

Blicke man in die Zukunft, komme man an zwei Stichworten nicht vorbei: Digitalisierung und künstliche Intelligenz (KI) – als neue Chancen, die eine kritische Auseinandersetzung verlangen; Technologien, die den Apotheker unterstützen, aber nicht ersetzen können. 

Ebenfalls entwickelt sich die Lehre weiter. »Wir als Kammer setzen uns aktiv dafür ein, dass das Studium attraktiv bleibt. Die Verbindung zu den Hochschulen war noch nie so gut wie heute«, berichtete der AKNR-Präsident. Das Studium soll praxisorientierter, das Praktische Jahr qualitativer werden. Auch dass Studierende früh ins Berufsleben hineinschnuppern können, sei der Kammer wichtig. »Ohne apothekerliche Kompetenz funktioniert die Gesundheitsversorgung nicht mehr«, betonte Hoffmann den Stellenwert des Berufs, der als Brückenbauer zwischen Naturwissenschaft, Technik und klinischer Anwendung fungiert.

Ein Beruf, viele Möglichkeiten

Doch auch denjenigen, die sich für eine Laufbahn außerhalb der Offizin interessieren, stehen bekanntlich viele Wege offen. Warum sich beispielsweise eine Karriere in der akademischen Wissenschaft lohnen kann, demonstrierte Apothekerin Professor Dr. Miriam Pein-Hackelbusch von der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Anhand ihres eigenen Werdegangs mit Stationen unter anderem in Hamburg, Düsseldorf und Kopenhagen legte sie dar, dass Karrierewege und Forschung nicht geradlinig verlaufen müssen und Forschung von Diversität und Kontakten lebt.

Wie wichtig Kontakte und Austausch für die berufliche Entwicklung seien, unterstrich auch Dr. Klaus Wening, Head of Small Molecule Technical Development beim Tiergesundheitsunternehmen Elanco Deutschland. Er riet den Studierenden, neugierig zu bleiben, lebenslang zu lernen und verschiedene Berufsbereiche kennenzulernen. Hilfreich sei dabei ein Mentor, der auf der Karriereleiter schon ein Stückchen weiter oben steht und Tipps geben kann.

Einen weiteren Karriereweg stellte Dr. Dina Kottke, CEO der SubstiCare GmbH in Düsseldorf, vor. Sie demonstrierte berufliche Möglichkeiten im Bereich der Drogenersatztherapie und zeigte, wie vielfältig die pharmazeutische Berufswelt sein kann.

Chemisch wurde es schließlich im Vortrag von Professor Dr. Klaus-Jürgen Schleifer, Vice President Molecular Design bei der BASF in Ludwigshafen. Er hob die Bedeutung von Pflanzenschutz, speziell von fungizid wirkenden Strobilurinen, für die Landwirtschaft hervor und gab Einblicke in die Forschung und Entwicklung bei einem global agierenden Unternehmen.

Dunkles Kapitel der Pharmaziegeschichte

Nach den zahlreichen Einblicken in mögliche Karrierewege ging es um ein historisches Thema, das nachdenklich stimmte.

Dr. Frank Leimkugel, Apotheker und Professor für Geschichte der Pharmazie, beleuchtete in seinem Vortrag die zunehmende Entrechtung jüdischer Apotheker im Deutschen Reich ab 1933. Nach Boykott und Hetze folgte 1936 das Verbot für jüdische Apotheker, Apotheken zu führen, was sie zur Verpachtung oder zum Verkauf zu sehr schlechten Bedingungen zwang. 1939 folgte schließlich das vollständige Berufsverbot.

Science Slam und Verabschiedung

Nach dem historischen Rückblick richtete sich der Fokus wieder auf die Gegenwart und Zukunft der Pharmazie.

Carolin Kühn, Apothekerin und Doktorandin der Pharmaziegeschichte, brachte dies bei einem Science Slam auf den Punkt. Mit einem Augenzwinkern schloss sie mit den Worten: »Zukunft bleibt das, was uns treibt – dass Wissenschaft nicht stehen bleibt. Dass wir gestalten, forschen, fragen und die nächsten 50 Jahre wagen.«

Den offiziellen Schlusspunkt setzte Professor Dr. Nicole Teusch vom Institut für Pharmazeutische Biologie und Biotechnologie. Mit einem herzlichen Dank an das gesamte Organisationsteam – das mit Geduld, Einsatzbereitschaft, Organisationstalent und viel Herzblut diese Veranstaltung möglich gemacht hatte – verabschiedete sie die Teilnehmenden.

Beim anschließenden Get-together klang das Symposium in geselliger Runde aus.

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