Editorial
Von Hans-Günter Friese,
Präsident der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor fast einem Jahr habe ich zu meinem Amtsantritt
an dieser Stelle ein Editorial geschrieben, das unter dem Titel "Der Patient ist das
Maß aller Dinge" stand. Seit dieser Zeit ist viel geschehen. Wir haben 1997, ein Jahr
der Standortbestimmung, hinter uns gebracht. Nun heißt es, an die Umsetzung zu
gehen. Getreu dem Motto des letzten Apothekertages heißt es nun, "in die Zukunft
zu investieren". Es gilt, unser qualitativ gutes System der Arzneimittelversorgung im
Gesamtverbund der Krankenversicherung zu erhalten und mit unserem Sachverstand
weiter voran zu bringen.
Und zu diesem System können wir ohne Wenn und Aber stehen, auch wenn
selbsternannte Experten mit durchaus nicht uneigennützigen Interessen ständig
versuchen, uns amerikanische Elemente aufzudrängen. Wer dies will, muß sich vor
Augen führen, welche Leistungen die Gesetzliche Krankenversicherung in
Deutschland in den letzten Jahren erbracht hat. Und hier möchte ich einmal nicht von
der Finanzierung des medizinischen Fortschritts reden. Das System verkraftet die
hohe Zahl von fast fünf Millionen arbeitslosen Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Es hat
seit 1989 nahezu eine Million Zuwanderer - ohne jedwede vorherige Beitragszahlung
- mit einer schlechten medizinischen Grundversorgung aufgenommen, deren oftmals
schon lange bestehenden Krankheiten erst in der Bundesrepublik behandelt werden.
Und unser Gesundheitssystem hat schließlich die Milliardenbeträge verkraftet, die
zum Aufbau der neuen Länder natürlich erforderlich waren.
Bei aller Kritik, die sich in Einzelfragen erheben mag: Unser Gesundheitssystem hat
diese schweren Belastungen verkraftet, ohne daß es zu einer Rationierung
medizinischer Leistungen gekommen wäre, wie sie Gesundheitssysteme anderer
Staaten ohne diese Zusatzbelastungen schon seit langem kennen. Hierzu haben auch
wir nicht unerhebliche Beiträge geleistet, die die Politik, Minister Seehofer sagte dies
erst wieder auf dem Apothekertag, auch ausdrücklich anerkennt. Dennoch, das
wissen wir alle, wird bei noch knapper werdenden Ressourcen auch noch mehr von
uns gefordert werden.
Und deshalb muß nach dem Jahr der Standortbestimmung 1997 nun das Jahr der
Umsetzung der von uns allen vertretenen ABDA-Thesen folgen. Hier haben wir, so
meine ich, die allerbesten Voraussetzungen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang
nur an das 2. ABDA-Symposium "Pharmazeutische Betreuung", das im November
mit außerordentlich großem Erfolg in Frankfurt stattgefunden hat. Ich bin mir sicher,
daß auch von dieser Veranstaltung eine Aufbruchstimmung ausgeht, die den ganzen
Beruf erfaßt. Denn das Symposium hat klar und deutlich gezeigt, daß
Pharmazeutische Betreuung keine bloße Vision mehr ist, sondern schon in
Apotheken umgesetzt wird. Unser Berufsstand hat damit wieder eine Perspektive -
neben weiteren -, nämlich die notwendige Verbesserung der Einsatzqualität des
Arzneimittels bei den Patienten. Dies wird von der Politik unterstützt; diese, unsere
ureigene Aufgabe, müssen auch wir annehmen.
Weitere Schritte müssen folgen. Und deshalb sollte das Jahr 1998 ein Jahr werden,
in dem wir unsere im ABDA-Konzept vorgeschlagenen Maßnahmen konsequent
umsetzen. Hierzu wird gehören, die vorhandenen Arzt-Apotheker-Gesprächskreise
inklusive der fachlichen Bewertung und ökonomischen Betrachtung von
Verordnungsdaten weiter zu intensivieren und überall dort, wo sich die Kreise noch
nicht zusammengefunden haben, neue zu gründen. Wir werden mit aller Kraft daran
gehen, Pharmazeutische Betreuung auch flächendeckend umzusetzen. Schon jetzt
sind neue Projekte im Aufbau, deren Voranschreiten die ABDA natürlich
unterstützen wird.
Hierbei dürfen und können wir uns nur von einem Gedanken leiten lassen: Es geht
um nicht mehr und nicht weniger als darum, die Arzneimittelversorgung weiter zu
verbessern und damit gegenüber Politik und Gesellschaft auch weiterhin den
unverzichtbaren Nutzen der Apotheke für die Bevölkerung und das
Gesundheitssystem insgesamt darzustellen. Denn der Patient ist das Maß aller Dinge!
Nur wer seinen Bedürfnissen gerecht wird, wird in diesem Gesundheitswesen
überstehen. Ich habe keinen Zweifel daran, daß wir bei Beachtung dieser Prämisse
zuversichtlich in die Zukunft gehen können.
Und deshalb lade ich Sie herzlich ein, sich an diesen Projekten der Zukunft zu
beteiligen. Je mehr von uns mitmachen, desto stärker wird das Signal der
"pharmazeutischen Offensive". Jetzt heißt es umzusetzen, was an guten und
zukunftsträchtigen Ideen entwickelt worden ist.
Ihnen und Ihrer Familie sowie dem ganzen Apotheken-Team möchte ich ein frohes
Weihnachtsfest und ein erfolgreiches, vor allem aber gesundes Jahr 1998 wünschen.

© 1997 GOVI-Verlag
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