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Berliner Inszenierung

10.12.2001  00:00 Uhr

Berliner Inszenierung

Das Gesundheitswesen war in der vergangenen Woche das Top-Thema der Berliner Pressekonferenzen. Dabei entstand der Eindruck einer bewussten Inszenierung. Nach ihrem Situationsbericht zum aktuellen Stand der Gesetzlichen Krankenversicherung am Dienstag, stellte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt mittwochs ihr grobes Konzept für die Weiterentwicklung im Gesundheitswesen vor. 

Dem folgten am selben Tag prompt weitere Ratschläge, wie man aus den augenblicklichen Finanzschwierigkeiten herauskommen könne, vorgetragen von einer Expertengruppe, die im Auftrag der SPD ein 32-Seiten-Papier mit dem Titel "Weichenstellungen für die Zukunft" verfasste.

Donnerstags ging es dann weiter mit der Pressekonferenz von Ulla Schmidt zusammen mit dem parteilosen Wirtschaftsminister Werner Müller. Dort wurde die Funktion des Gesundheitswesens als Wirtschaftsfaktor diskutiert. Die Rollen waren zuvor clever verteilt worden: Schmidts Äußerungen waren so gewählt, dass sie wählerfreundlich ausfielen. Sie empfahl unter anderem Restriktionen gegenüber den Leistungserbringern, zum Beispiel den Versandhandel für Arzneimittel und Steuerungsinstrumente wie die prozentuelle Zuzahlung. Müller dagegen war mehr fürs Große vorgesehen, forderte höhere Selbstbeteiligungen und eine größere Verantwortung der Versicherten.

Der Hintergrund dieser Spielereien ist verständlich: Schmidt soll im Wahlkampf Schaden von der SPD fern halten. Müller braucht darauf als Parteiloser keine Rücksicht zu nehmen. Wenn schon das Gesundheitswesen als Wirtschaftsfaktor definiert wird, darf natürlich auch die Gewerkschaft nicht fehlen. Die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) stellte ihr Positionspapier zur Gesundheitsreform am Freitag vor. Sie forderte weniger Wettbewerb und, wen wundert's, bessere Beschäftigungsbedingungen.

Gekrönt wurde das Ganze am Freitag nur eine halbe Stunde später durch die Vorstellung des Gutachtens des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen unter dem Titel "Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit". Die dort enthaltenen Empfehlungen sollen die Effizienz und Effektivität der Arzneimittelversorgung in der Gesetzlichen Krankenversicherung steigern. Als geeignete Instrumente werden von den Sachverständigen unter anderem die Aufhebung der Preisbindung der zweiten Hand und des Versandhandelsverbotes sowie eine partielle Erweiterung des Dispensierrechtes für Ärzte genannt.

Was auffällt an der gesamten Diskussion und den Veranstaltungen der vergangenen Woche in Berlin ist, dass das Gesundheitswesen offensichtlich primär unter ökonomischen Gesichtspunkten verändert werden soll. Das Arzneimittelgesetz und die sich daraus ergebenden Verordnungen werden sowohl von der Politik als auch von den Sachverständigen als Schutzgesetze für Leistungserbringer missverstanden - und nicht als das angesehen, was sie sind, nämlich Verbraucherschutzgesetze. Sowohl die Preisbindung als auch das Versandhandelsverbot garantieren den Patienten und Verbrauchern eine flächendeckende Verfügbarkeit des benötigten Arzneimittels, was mit deren Aufhebung aufgegeben würde.

Bei dieser Diskussion werden die Bedürfnisse des Verbrauchers beziehungsweise des Patienten zu wenig berücksichtigt. Es kann davon ausgegangen werden, dass nicht alles, was in Berlin zur Zukunft des Gesundheitswesens vorgeschlagen wurde und wird, umgesetzt wird. Im Jahr 2002 findet wegen der Bundestagswahl Gesundheitspolitik ohnehin nur verbal statt.

Deswegen sollte die Zeit bis nach der Wahl genutzt werden, die Weichen so zu stellen, dass eine effiziente und effektive Arzneimittelversorgung nur mit den Apotheken möglich ist.

Dr. Hartmut Morck
Chefredakteur
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