Apotheker integrieren |
29.11.1999 00:00 Uhr |
Das Reformgesetz 2000, das von der rot-grünen Regierungskoalition als ein zentrales Gesetzesvorhaben geplant war, steht unter keinem guten Stern. Die Irrungen und Wirrungen bei den Lesungen im Bundestag über Textpassagen, die vom Gesundheitsausschuss in dieser Form überhaupt nicht beschlossen waren, sowie über fehlende Seiten bei der Verabschiedung des Reformwerkes sind dabei durchaus als symptomatisch anzusehen.
Auch wenn ein demokratisch legitimiertes Gremium umfassend und korrekt über das informiert sein muss, worüber es zu befinden hat, so sind diese Ereignisse eher als Arabesken am Rande des Geschehens einzustufen. Weitaus höher sind die weiteren Hürden, die das Reformwerk nehmen muss - die totale Ablehnung im Bundesrat letzte Woche gab einen ersten Vorgeschmack. Die Regierungskoalition hat sich schon darauf eingestellt und bereitet derzeit zustimmungsfreie Gesetzespakete vor, mit denen zumindest Teile der Gesundheitsreform bei einem Scheitern des Vermittlungsverfahrens gerettet werden sollen.
Unabhängig vom weiteren Schicksal des Reformwerkes - aufgeschoben ist nicht aufgehoben - zeichnen sich allerdings Entwicklungen ab, die meines Erachtens ganz sicher und eher früher denn später Realität werden. Auch wenn sie unterschiedliche Spielarten favorisieren, so sind sich alle Parteien, das heißt Regierungskoalition und Opposition einig, dass integrierten Versorgungsformen die Zukunft gehören soll. Dies gilt gleichermaßen für die ärztlichen Verbände, die Krankenkassen und zum Teil wohl auch für die Industrie.
Auch wenn wir Apotheker entsprechenden Bestrebungen mit Skepsis und Sorge gegenüberstehen, eine Fundamentalopposition wird uns hier nicht weiterhelfen. Vielmehr müssen wir uns überlegen, welche programmatischen Alternativen wir insbesondere der Absicht einer merkantilen Vernetzung entgegensetzen können. Dabei gilt es, für uns wichtige Eckpunkte, wie die Bindung des Arzneimittels mit einheitlichem Abgabepreis an die Apotheke, oder das Verbot des Fremd- und Mehrbesitzes, zu bewahren, jedoch innerhalb dieses festgelegten Rahmens flexibel zu agieren. Sicherlich ist dies nicht ganz einfach. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass es uns möglich ist, unsere pharmazeutische Kompetenz einzubringen.
Beispielhaft möchte ich nur nennen: die Kooperation mit ärztlichen Netzen im Hinblick auf die Umsetzung von Verordnungs- und Therapierichtlinien, die Durchführung von Verordnungsstatistiken und Verordnungsanalysen, die Pharmazeutische Betreuung oder mehr Verantwortung bei generischer Verordnung.
Welche Chancen sich hier für den Apotheker bieten, und welche Möglichkeiten er hat sich einzubringen, dies wird Thema der berufspolitischen Diskussion beim Pharmacon Davos vom 16. bis 22. Januar 2000 sein, zu der ich Sie ganz herzlich einlade.
Übrigens: auch die Pharmazie kommt nicht zu kurz. Der Beginn des Jahres 2000 ist
Anlass, den in den vergangenen Jahren stattgefundenen Paradigmenwechsel in der
Arzneimitteltherapie zu beleuchten sowie zukunftsweisende Entwicklungen vorzustellen. Und
neben den Vorträgen zum Schwerpunktthema "Pharmakotherapie endokrinologischer
Erkrankungen" werden zwei ganz auf die Praxis zugeschnittene Seminare zu den Themen
"Blutuntersuchungen in der Apotheke" sowie "Spritzen, Pens und Insuline -
Beratung von Diabetikern durch den Apotheker" angeboten werden. Pharmacon Davos 2000
ist also ganz sicher eine Bildungsreise wert, und ich würde mich freuen, Sie in Davos
begrüßen zu dürfen.
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