Kompetenzoffensive |
11.11.2002 00:00 Uhr |
Der Schock sitzt tief. Das angekündigte und in der parlamentarischen Beratung befindliche Vorschaltgesetz hat deutliche Spuren in der Kollegenschaft hinterlassen und gleichzeitig Aggressivität und Wut sowie Resignation und Unsicherheit verursacht. Die Flut der Leserbriefe, die uns erreicht, spiegelt eindrucksvoll die augenblickliche Stimmung wider.
Der Protest gegen das Gesetz zeigte sich auch am Dienstag in Berlin. Ohne große Vorbereitungszeit konnten Apotheker, Ärzte, Krankenhäuser sowie weitere Leistungserbringer, die sich im Bündnis Gesundheit zusammengeschlossen haben, 15.000 Demonstranten vor dem Brandenburger Tor auf die Straße bringen, die ihre Wut und Enttäuschung über die aktuelle Gesundheitspolitik artikulierte.
Einmal mehr bestimmt Hektik das Gesetzgebungsverfahren. Das Anhörungsverfahren erwies sich als Alibi-Veranstaltung, denn es war kaum Zeit für die Vertreter der betroffenen Heilberufe, alle Schwachstellen offen zu legen und die existenzvernichtenden Auswirkungen deutlich zu machen. Ob sich die Verantwortlichen letztendlich beeindrucken ließen, muss bezweifelt werden, denn in der deutschen Politik hat der Fraktionszwang höhere Priorität als Vernunft und Sachargumente. Man könnte es auch Scheuklappenpolitik nennen.
Was betroffen macht, ist, dass sich Frustration, Verunsicherung und Demotivierung nicht nur in der etablierten Apothekerschaft breit machen, sondern, wie Kontakte mit Studenten und Pharmaziepraktikanten zeigen, auch den pharmazeutischen Nachwuchs erreichen. Viele angehende Pharmazeuten fragen sich, ob sie das richtige Fach studieren oder den richtigen Beruf ergreifen.
Aber gerade diese jungen Kolleginnen und Kollegen sollten den Kopf nicht hängen lassen, sondern sich an einer Kompetenzoffensive beteiligen. Der Nachwuchs im Berufsstand ist dazu bestimmt, die Zukunft aktiv mitzugestalten und die eigene Existenz durch fachliche Kompetenz und Engagement zu sichern. Das bedeutet auch in Krisenzeiten, sich für künftige Aufgaben zu rüsten. Eine der Hauptaufgaben der Apothekerinnen und Apotheker in der Zukunft sollte es sein, in die Betreuung der Patienten im Rahmen von Disease-Management-Programmen mit einer kompetenten pharmazeutischen Betreuung engagiert einzugreifen. Nur so wird die Gesellschaft weiterhin die Notwendigkeit der betreuenden Apotheke am Ort einsehen.
Kompetenz muss allerdings erworben werden. Möglichkeiten dazu werden angeboten. Ein aktuelles Angebot finden Sie in der Druck-Ausgabe (Seite 47/48) der Pharmazeutischen Zeitung mit den Wochenendworkshops in Würzburg (22./23. Februar 2003), in Hamburg (1./2. März 2003) und in Bonn (5./6. April 2003), die das Thema Patient und Pharmazeutische Betreuung bearbeiten. Nicht Resignation ist also angebracht, sondern Kompetenzoffensive.
Professor Dr. Hartmut Morck
Chefredakteur
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