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Feiner Unterschied

01.08.2005  00:00 Uhr

Feiner Unterschied

Die Hitzewelle der vergangenen Woche hat einige Opfer gefordert, beispielsweise in den Führungszentralen der Krankenkassen. Anders lässt sich die fortwährende Debatte um den vermeintlich katastrophalen GKV-Kostenanstieg bei den Arzneimitteln nicht erklären. Die Lauterbachs und Glaeskes erzählen der urlaubenden Nation, warum die Pharmaindustrie so böse ist, der Arzt ohnehin immer zu viel und zu teuer verschreibt und der Apotheker sich dumm und dusselig verdient. Raum für feine Unterschiede bleibt da nicht. Zum Beispiel bei der Frage, ob es einen Ausgaben- oder einen Kostenanstieg gibt. Auf den ersten Blick mag man in den Formulierungen keinen Unterschied erkennen. Doch im Detail wird deutlich, warum Regierungs- und Kassenberater so gerne vom Kostenanstieg und nicht von einem Ansteigen der Ausgaben und der Aufwendungen sprechen.

Der Kostenanstieg induziert, dass Arzneimittel teurer werden. Kosten bedeuten landläufig ein höheres Preisniveau. Die nahe liegende Schlussfolgerung: Der Hersteller will mehr verdienen, im Vertrieb bleibt mehr hängen und die Krankenkassen müssen die immer größer werdende Rechnung bezahlen ­ und senken deswegen keine Beiträge, sondern werden diese eher erhöhen.

Die Argumentationskette scheitert daran, dass es faktisch keinen Kostenanstieg gibt. Das Preisniveau ist ­ bestätigt sogar das Gesundheitsministerium ­ seit Jahren gleich geblieben. Verändert hat sich im Vergleich zum Vorjahr der Rabatt, den die Hersteller den Kassen gewähren. Von 16 auf 6 Prozent ist der Rabatt am Jahresanfang gesunken. Durch die neuen Festbeträge wird nur ein Bruchteil der Mehrausgaben aufgefangen. In den Bilanzen der Pharmahersteller lässt sich dies leicht ablesen. Egal, welcher Konzern derzeit seine Quartals- oder Halbjahresstatistiken veröffentlicht: Umsatz und Ertrag haben sich im Vorjahresvergleich erholt.

Wer trägt die Schuld? Der Gesetzgeber ist längst Herr der Rabatte. Dass sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) schwer damit tut, mit den Kassen nun neuartige Vereinbarungen zu treffen, ist durchaus verständlich. Die Ärzte bestehen auf ihrer Therapiehoheit, die Kassen wollen Einfluss, der ihnen per Gesetz nicht unmittelbar zusteht. Der Generalvorwurf, dass Hersteller und Ärzteschaft den Patienten permanent Arzneien »andrehen«, so den Umsatz ankurbeln und die maladen Krankenkassen ins Elend stürzen, ist falsch. Missachtet wird, dass die Ausgaben aus einer Nachfrage resultieren. Weder Arzt noch Pharmareferent noch Apotheker drücken den Deutschen im heimischen Wohnzimmer überteuerte Präparate aufs Auge. Patienten kommen in die Praxen; dort soll ihnen geholfen werden, weil sie krank sind oder sich mindestens so fühlen.

Während sich der beklagte Kostenanstieg auf ein politisches Versprechen an die Industrie zurückführen lässt, resultiert der Ausgabenanstieg aus einer steigenden Nachfrage. Dass Hersteller forschen und entwickeln, um dieser Nachfrage ein Angebot entgegenzustellen, ist auch für die Gesellschaft wichtig. Dass sie das Angebot Ärzten und Apotheken gegenüber skizzieren auch. Und dass sie flächendeckend Kranken mit diesem Angebot helfen, will der Gesetzgeber ohnehin. Es wäre also Zeit für die Wahrheit. Und das bedeutet: Mehr Nachfrage bedeutet mehr Angebot bedeutet mehr Leistung bedeutet mehr Aufwand und damit mehr Ausgaben. Mit einer Kostensteigerung hat das nichts zu tun.

Thomas Bellartz
Leiter der Hauptstadtredaktion
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