Editorial
von
Karl-Rudolf Mattenklotz,
Präsident der Apothekerkammer Nordrhein
Daß klinische Studien in Kliniken oder Arztpraxen
durchgeführt werden, ist für die meisten
selbstverständlich. Wir Apotheker sollten aber darüber
nachdenken, ob das immer so sein muß. Warum können
nicht auch Apotheken als Prüforte miteinbezogen werden?
Die Apotheken haben gleich gute Voraussetzungen wie die
Arztpraxen. Außerdem sind gerade
Selbstmedikationsarzneimittel bezüglich Wirkung und
unerwünschter Wirkungen prädestiniert für Studien in
Apotheken. Dort werden sie abgegeben, dort werden die
Kunden beraten, dort könnte auch der Erfolg der Therapie
dokumentiert werden. Darüber hinaus könnte ich mir auch
bei der Dokumentation von Nebenwirkungen verordneter
Arzneimittel gut vorstellen, daß die Apotheke als
Erfassungsort geeignet ist.
Damit würden die Apotheken eine Aufgabe übernehmen, die
sie für die Gesellschaft und das Gesundheitswesen noch
weniger entbehrlich machte. In der augenblicklichen
Diskussion über die Rolle der Apotheke und des
Apothekers im Gesundheitswesen sind wir mehr oder weniger
in eine Abwehrhaltung gegenüber Einflüssen aus Amerika
oder anderen europäischen Ländern, etwa dem
Versandhandel aus Großbritannien, gedrängt worden.
Wir sollten aber auch diese Länder nach den positiven
Aspekten durchleuchten, um sie- gegebenenfalls als
Vorbilder für neue Aufgaben in Deutschland
heranzuziehen. Großbritannien hat bezüglich der
Einbeziehung der Apotheken in klinische Studien durchaus
etwas zu bieten. Dort werden die Apotheken seit einigen
Jahren in die Erfassung unerwünschter Nebenwirkungen im
Rahmen von Kohortenstudien mit Erfolg eingebunden. Warum
sollte das nicht auch in der Bundesrepublik Deutschland
klappen?
Auch die Aufgaben, die bei epidemiologischen Studien
gelöst werden müssen, würden sich für den Studienort
Apotheke direkt anbieten. Ebenfalls sollten die
pharmazeutischen Hersteller den Studienort Apotheke in
ihre Überlegungen und Planungen von Phase-4-Studien oder
bei Anwendungs- beziehungsweise Beobachtungsstudien
berücksichtigen.
Die Apothekerkammer Nordrhein wird in diesem Sinne einen
ersten Schritt in diese Richtung machen. Sie wird in
Kürze ein Projekt Apotheken-Kunden-Dialog starten, das
zum Ziel hat, Daten zur Wirksamkeit und Akzeptanz der
Behandlung mit nicht-verschreibungspflichtigen
Arzneimitteln zu sammeln. Wir sind der Überzeugung,
dadurch einerseits die Patientencompliance in der
Selbstmedikation zu verbessern, andererseits aber auch
eine Stärkung der Apotheken-Kunden-Bindung zu erzielen.
Wir hoffen, daß diese Studie keine Einzelaktion bleibt,
sondern Nachahmer sowohl in den Apothekerorganisationen
als auch bei den pharmazeutischen Herstellern haben wird.
Schließlich muß die Selbstmedikation in den Apotheken
bleiben.
© 1997 GOVI-Verlag
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