Editorial

von Hartmut Morck,
Chefredakteur der
Pharmazeutischen Zeitung
Daß kompetente Beratung zum Arzneimittel das auffälligste
Unterscheidungsmerkmal zwischen Apotheken und anderen Vertriebskanälen ist,
darüber waren sich die Teilnehmer der berufspolitischen Diskussion am Donnerstag
in Davos mit dem Plenum einig.
Was aber die Vertraulichkeit anbelangt und wie sie gewährleistet werden sollte,
darüber gab es deutliche Unterschiede in den Meinungen und Unruhe im Plenum.
Festgeschrieben ist die Vertraulichkeit bereits in der Apothekenbetriebsordnung seit
1994. Alle neu eröffneten Apotheken mußten sich dieser Aufgabe bereits stellen.
Für die vorhandenen Apotheken wurde eine Übergangsfrist bis zum 1. Januar 1999
in die Verordnung aufgenommen. Bis zu diesem Zeitpunkt muß gewährleistet sein,
daß in allen deutschen Apotheken eine Beratung vertraulich durchgeführt werden
kann.
Die Kolleginnen und Kollegen sind deshalb verunsichert, weil offensichtlich landauf
landab das Mißverständnis die Runde macht, nur in einer Beratungsecke oder in
einem Beratungszimmer kann die Vertraulichkeit gewährleistet werden. Das würde
Investitionen bedeuten in einer finanziell unsicheren Zeit. Die Schuld trägt natürlich
die ABDA.
Zumindest die Apothekerinnen und Apotheker, die an der berufspolitischen
Diskussion in Davos teilgenommen haben, aber auch diejenigen, die die
Berichterstattung zu der Veranstaltung aufmerksam lesen, wurden und werden eines
Besseren belehrt. Dr. Hartmut Schmall, Präsident der Bundesapothekerkammer
(BAK), stellte klar, daß die Vertraulichkeit nicht nur in einem separaten Raum oder
durch eine Beratungsecke gewährleistet wird. Sie muß allerdings bei jeder Abgabe
möglich sein. Das bedeutet, daß es keine Einheitslösung gibt, und die Kolleginnen
und Kollegen sollten sich auch von Aufsichtsbeamten nicht verunsichern lassen.
Einfallsreichtum ist gefragt, und jeder sollte für sich die geeignete Lösung suchen.
Das kann mit Investitionen verbunden sein, muß es aber nicht. Was in anderen
Einrichtung, wie Banken und Postfilialen, möglich ist, sollte auch in der Apotheke
möglich sein.
Dem Verordnungsgeber geht es, wie Dr. Johannes Pieck, Sprecher der
ABDA-Geschäftsführung, in der Diskussion betonte, nicht um eine perfektionistische
Lösung, sondern er möchte ein Mehr an Diskretion bei der Abgabe der Arzneimittel
auch in der Apotheke. Diesem Wunsch sollten sich die Apothekerinnen und
Apotheker stellen.
Daß die Beratung das Qualitätsmerkmal der Apotheken ist, hat auch das
Bundesverwaltungsgericht letzte Woche in seinem Urteil gegen die
Drive-in-Apotheke bewiesen. In seiner Begründung betont das Gericht, daß die
vom Gesetzgeber vorgeschriebene Beratung des Kunden durch den Apotheker
gefährdet sei, wenn Arzneimittel im Vorbeifahren gekauft werden.
Die Verpflichtung zur Beratung bei der Abgabe eines Arzneimittels durch den
Apotheker wird immer mehr zur Existenzsicherung der Apotheke. Dies stellte auch
der Moderator der Davoser Diskussion, Dr. Hermann Vogel, BAK-Vizepräsident,
heraus. "Gott sei Dank" sei sie 1987 nach kontroverser Diskussion auch im
Berufsstand in den Paragraphen 20 der Apothekenbetriebsordnung aufgenommen
worden, Diese Verpflichtung sollte auch in der Diskussion um die Gewährleistung
der Vertraulichkeit bedacht werden.

© 1997 GOVI-Verlag
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