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Drei Millionen Versicherte von Engpässen betroffen 

Aktuell sind mehr als drei Millionen gesetzlich Versicherte von Arzneimittelengpässen betroffen. Das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz sollte eigentlich gegensteuern, blieb aber nach Einschätzung des Zentralinstituts kassenärztliche Versorgung (Zi) weitgehend wirkungslos. 
PZ
27.12.2024  13:00 Uhr

Lieferengpässe mit Arzneimitteln sind in den vergangenen Jahren zu einem empfindlichen Dauerthema in der vertragsärztlichen Versorgung von Patientinnen und Patienten geworden. Einen brisanten Höhepunkt erreichten die Lieferengpässe im Dezember 2022. Damals dokumentierten die Apotheken nach Angaben des Zentralinstituts kassenärztliche Versorgung (Zi) für rund sechs Millionen gesetzlich Versicherte die Nichtverfügbarkeit des nach Rabattvertrag abzugebenden Präparats. Dies waren 24 Prozent aller Patientinnen und Patienten mit mindestens einer Arzneimittelverordnung.

Im Januar 2023 lag dieser Wert laut Zi dann sogar bei 25 Prozent. In diesem Zeitraum waren insbesondere Kinderarzneimittel (zum Beispiel Fiebersäfte) und Antibiotika von Lieferengpässen betroffen. Dies habe zu einer erhöhten medialen Berichterstattung und damit zu verschärftem politischen Handlungsdruck geführt.

Es sei laut Zi deutlich geworden, dass sich die Zahl der Arzneimittel-Hersteller weiter reduziert hatte und die verbliebenen oftmals aus Kostengründen in Asien produzierten. Häufig werde nur bei einem Hersteller eingekauft, der möglichst preisgünstig anbietet. Wenn dann eine Lieferkette unterbrochen wird oder der Hersteller ausfällt, fehle in der Konsequenz das Material für die sich daran anschließende Produktion.

Gesetz ohne Wirkung 

Als Reaktion darauf hatte der Deutsche Bundestag 2023 das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) verabschiedet, das Ende Juli 2023 in Kraft trat. Ziel des Gesetzes ist es, die Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln kurz- und langfristig zu stärken, insbesondere die Verfügbarkeit von Kinderarzneimitteln zu verstetigen sowie die Antibiotikaherstellung in der Europäischen Union zu sichern. Zusätzlich wurde im Zuge des Pflegestudiumstärkungsgesetzes (PflStudStG) die Möglichkeit geschaffen, anstelle eines nicht lieferbaren Fertigarzneimittels eine wirkstoffgleiche Rezeptur oder eine andere Darreichungsform abzugeben.

Damit sollte vor allem den im Jahr 2023 hochproblematischen Engpässen bei Fiebersäften begegnet werden. Deren Verfügbarkeit hat sich jedoch wieder stabilisiert, sodass das Ausweichen auf eine Rezeptur von Januar bis Juli 2024 laut Zi in weniger als 1.400 Fällen notwendig war.

Derzeit sind mehr als drei Millionen Versicherte von Arzneimittellieferengpässen betroffen. Dies zeigt eine aktuelle Auswertung der vertragsärztlichen Arzneiverordnungsdaten für die Jahre 2022 bis 2024, die das Zentralinstitut am 17. Dezember veröffentlicht hat.

»Die mit der Sonder-Pharmazentralnummer dokumentierten Engpässe haben Ende des dritten Quartals 2024 wieder das Niveau von Anfang 2022 erreicht. Kurzum: Das ALBVVG hat keinen nachhaltigen Effekt«, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dominik von Stillfried laut Pressemitteilung. Auch ein Blick auf die Lieferengpassliste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zeige keinen positiven Effekt, so von Stillfried weiter. Nach wie vor seien dort über 500 Präparate gelistet.

Angespannte Versorgungslage 

»Für einige Lieferengpässe stehen ausreichend Alternativen zur Verfügung. Andere hingegen verschlechtern die Versorgungslage der betroffenen Versicherten und führen zu hohen Arbeitsaufwänden in Arztpraxen, etwa durch intensive Beratung beziehungsweise Umstellung der Therapie. Auch bei einer Gruppe von Diabetesmedikamenten, den GLP-1-Rezeptoragonisten, bleibt die Versorgungslage hoch angespannt«, so der Zi-Vorsitzende. 

Neben dem Einsatz bei Typ-2-Diabetes würden diese Wirkstoffe auch mit bemerkenswerten Marketing-Budgets als Mittel zur Gewichtsreduzierung beworben. »Das Ergebnis ist, dass die Produktionskapazitäten den enormen Bedarf nicht decken können. Wenn dadurch die auf einen GLP-1-Rezeptoragonisten eingestellten Diabetikerinnen und Diabetiker nicht versorgt werden können, entsteht in den Arztpraxen ein erhöhter Beratungsbedarf zum Therapiemanagement«, klagte  von Stillfried. Bei einem Wechsel zum momentan einzig lieferbaren Wirkstoff Tirzepatid stiegen die Therapiekosten mindestens auf das Doppelte der früheren Therapien an.

»Viele Lieferengpässe, etwa bei einzelnen Antibiotika oder Asthmasprays mit dem Wirkstoff Salbutamol, dauern monatelang an – ohne, dass die Politik interveniert. Trotz zahlreicher finanzieller Anreize des Gesetzgebers bleibt das Strukturproblem ungelöst: Die zu geringe Anzahl der Wirkstoffhersteller. Insofern war das Gesetz lediglich ein kleines Pflaster auf einige der Versorgungslücken. Insgesamt scheint der öffentlich sichtbare Nutzen der gesetzlichen Maßnahme aber eher gering«, sagte von Stillfried. Wie hoch die Kosten des Gesetzes ausfallen, könnten dagegen nur die gesetzlichen Krankenkassen beurteilen.

 

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