Dranbleiben in Zeiten der Krise |
Laura Rudolph |
14.11.2024 18:00 Uhr |
Immense Auswirkungen auf die Apotheken und das Gesundheitssystem wird auch der demografische Wandel haben. Der Anteil der Menschen ab 65 Jahre steige kontinuierlich, während die Gesamtbevölkerung in Europa stetig sinke. Bis zum Jahr 2070 würde die Bevölkerung in Europa auf 430 Millionen Menschen schrumpfen, gäbe es keine Zuwanderung, verdeutlichte Hoffmann. »Wie wir dieses Problem lösen, wird uns die nächsten Jahre sehr beschäftigen.« Beispielsweise müssten Lösungen für die Zahlung der Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung erarbeitet werden.
»Als ehrlicher Politiker müsste man mal aussprechen, was es bedeuten würde, wenn wir uns unser aktuelles Gesundheitssystem – wohlgemerkt noch immer eines der besten weltweit – weiterhin erlauben«, so Hoffmann. Glaube man ersten Berechnungen, müsste der Beitrag zur Krankenversicherung demnach um 50 bis 60 Prozent steigen. Das wolle und könne niemand zahlen.
Ein weiteres Problem: Fachkräftemangel. Überdurchschnittlich viele Apotheker und Ärzte gehen in den kommenden Jahren in den Ruhestand, die Abbrecherquote im Pharmaziestudium ist mit rund 30 Prozent extrem hoch und die Mehrheit der Absolventen entscheidet sich für einen Beruf außerhalb der Offizin. »Die Apotheke als Arbeitsplatz muss attraktiver werden und da muss uns auch die Politik helfen«, forderte der AKNR-Präsident. Er sieht Zuwanderung als eine Chance, die Lücke (zumindest teilweise) zu schließen. »Ich weiß, dass es schwierig sein kann mit der Sprachbarriere, es lohnt sich aber.«
Auf die Rolle der Vor-Ort-Apotheken für die Arzneimittelversorgung der Menschen in NRW ging Frank Stollmann, leitender Ministerialrat im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW, in einem Keynote-Vortrag ein. Die großen Herausforderungen im Gesundheitswesen seien im wesentlichen Geldprobleme, Fachkräftemangel, Lieferengpassmanagement sowie regulatorische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Sicher sei, dass die Digitalisierung und der demografische Wandel die Versorgung der Bevölkerung verändern werde. »Zwar sehen auch wir natürlich die Zwänge der GKV – eine Anpassung des Honorars der Apotheken ist aber wichtig«, so Stollmann.
Frank Stollmann / © AKNR
»Die Apothekerschaft braucht Planungssicherheit und die größte Herausforderung wird wohl der Fachkräftemangel sein.« Hier gelte es, mit kreativen Lösungen gegenzusteuern und Menschen wieder in die Berufstätigkeit hineinzubringen, beispielsweise Mütter nach der Elternzeit.
Auch Lieferengpässe würden noch einige Jahre ein Thema sein. Die Ursachen hierfür seien Marktmechanismen, für die weder die Apotheker noch die Kammern etwas könnten. »Verhandlungen werden zugunsten der Wirtschaft und zu Ungunsten der Versorgungssicherheit geführt«, so der Experte. Der Pharmabereich müsse unabhängig von Drittstaaten und die Produktion in Europa, Deutschland und NRW gefördert werden.