Dosieraerosole möglichst vermeiden |
Annette Rößler |
14.01.2025 13:00 Uhr |
Bei Asthma und COPD sollten in der Dauermedikation möglichst Pulverinhalatoren statt Dosieraerosole verwendet werden, falls keine wichtigen Gründe dagegen sprechen. / © Adobe Stock/dtatiana
Es sind jeweils nur sehr geringe Mengen an Treibmittel, die bei der Anwendung eines Dosieraerosols (DA) freigesetzt werden – aber die haben es klimatechnisch in sich. Verglichen mit CO2 haben die verwendeten Treibgase wie Norfluran oder Apafluran ein Treibhauspotenzial, das um den Faktor 1430 beziehungsweise sogar 3220 darüber liegt. Neue Treibmittel mit besserer Klimabilanz sind in der Entwicklung, aber noch nicht auf dem Markt.
Für den Klimaschutz lohnt es sich daher durchaus, möglichst viele Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen in der Dauermedikation von DA auf Pulverinhalatoren (Dry Powder Inhaler, DPI) umzustellen. Die Voraussetzung ist selbstverständlich, dass der Patient die Anwendung des Devices beherrscht und somit sicher und richtig anwenden kann.
Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) hatte das Thema als eine der ersten auf die Tagesordnung gesetzt und 2022 eine S1-Handlungsempfehlung »Klimabewusste Verordnung von inhalativen Arzneimitteln« herausgegeben. Diese wurde 2024 zu einer S2k-Leitlinie upgegradet. Daran beteiligt waren neben der DEGAM nun auch weitere medizinische Fachgesellschaften sowie Patientenvertreter und die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK). Die nationale Versorgungsleitlinie Asthma enthält seit ihrem Update im Jahr 2024 einen Verweis auf die S2k-Leitlinie.
Einen Effekt scheinen all diese Bemühungen jedoch noch nicht gehabt zu haben. Im Gegenteil: DA erfreuen sich in Deutschland weiter großer Beliebtheit; ihr Anteil an den Inhalativa-Verordnungen sei zuletzt sogar noch gestiegen, nämlich von etwa 50 Prozent auf knapp 60 Prozent. Das sagte Dr. Christian Grah, Lungenfacharzt am Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe in Berlin, heute bei einer Pressekonferenz des Aktionsbündnisses Patient:innenfreundliche und klimabewusste Verordnung von Inhalativa bei chronisch obstruktiven Atemwegs- und Lungenerkrankungen.
Ein Vergleich mit anderen Ländern, etwa Schweden, zeige, dass tatsächlich nur etwa 20 Prozent der Verordnungen DA sein müssten, weil wichtige Gründe gegen die Anwendung eines DPI sprechen. »Darauf wollen wir mit der Leitlinie aufmerksam machen und das Aktionsbündnis möchte bei der Umsetzung helfen«, sagte Grah.
»Das Verordnungsverhalten in der Praxis zu verändern, ist allerdings eine sehr schwierige Aufgabe«, betonte Dr. Guido Schmiemann, niedergelassener Hausarzt in Verden und neben Grah einer der Autoren der S2k-Leitlinie. Bestimmte Darreichungsformen oder auch Arzneistoffe würden traditionell bevorzugt, das sei oft in verschiedenen Ländern unterschiedlich und ein Umdenken der Verordner meist nur schwer zu erreichen. Aber: »Viele Menschen wissen noch nicht, dass DA eine schlechte Klimabilanz haben. Wenn man sie darauf aufmerksam macht, sind die meisten bereit, einen Wechsel auf ein klimafreundlicheres Arzneimittel einmal auszuprobieren«, berichtete Schmiemann aus seiner Erfahrung.
DA oder DPI: Für den klinischen Effekt sei es egal, welches dieser beiden Devices benutzt wird, betonte der Mediziner. Das Wichtige sei, dass der Patient sein Inhalativum bedienen kann. Dies könnten öffentliche Apotheken etwa mit der pharmazeutischen Dienstleistung Inhalativa-Schulung gewährleisten, ergänzte Anke Rüdinger, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), der eine Erklärung des Aktionsbündnisses mit unterzeichnet hat.
Darin wird noch einmal eingeordnet, wie groß der Anteil des Gesundheitswesens am Treibhausgasausstoß Deutschlands ist. Dieser betrage mehr als 6 Prozent. Inhalativa seien ein Beispiel für Medikamente, die einen Einfluss auf den Klimawandel haben. Rund 10 Millionen Menschen in Deutschland nutzten Inhalativa zur Behandlung einer chronischen Atemwegserkrankung.