dm schielt auf Diagnostik |
Cornelia Dölger |
05.03.2024 16:32 Uhr |
»Wir kommen in unserem Gesundheitssystem an Kapazitäts- und/oder Machbarkeitsgrenzen«, so dm-Geschäftsführer Sebastian Bayer zur PZ. / Foto: dm-drogerie markt/Christina Riedl.
Die Drogeriekette dm will bei Gesundheitsdienstleistungen durchstarten. Wie Konzernchef Christoph Werner unlängst in einem Interview mit dem Berliner »Tagesspiegel« ankündigte, soll in den dm-Stores zu Gesundheitsprodukten beraten werden, sogar die Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten schwebt ihm demnach vor. Sollen die Drogeriemärkte künftig also Apotheken und Arztpraxen ersetzen?
Das wohl kaum, aber zumindest bekräftigt dm-Geschäftsführer Sebastian Bayer auf PZ-Nachfrage die Ausbauideen. Anders als Werner hat Bayer hierbei aber eher das medizinische als das pharmazeutische Terrain im Blick. Er sieht für Drogerien vor allem die Chance, die Selbstdiagnostik auszubauen.
Die Möglichkeiten, die die aktuelle Struktur des Gesundheitswesens biete, seien allmählich erschöpft, so Bayer, der im dm-Konzern das Ressort Marketing und Beschaffung verantwortet. »Wir kommen in unserem Gesundheitssystem an Kapazitäts- und/oder Machbarkeitsgrenzen.«
Er beobachte, dass die Menschen immer stärker eigenständig für ihre Gesunderhaltung aktiv sein wollten. Diese Tendenz führe automatisch zu Veränderungen etwa bei Gesundheitsdienstleistungen und -services, auch digitalen.
Für mehr Selbstdiagnostik sowie konkrete Dienstleistungen auf diesem Gebiet fehlten in Deutschland noch entsprechende rechtliche Grundlagen, räumte Bayer ein. Die Gesetzgebung müsse auf Basis der heutigen technischen Optionen »neu betrachtet werden«. Damit entstünden neue Möglichkeiten, die Gesundheitsdienstleistungen zu erweitern beziehungsweise leichter zugänglich zu machen. Der Konzern zeige sich hier »in alle Richtungen offen«, betonte Bayer.
Diagnostische Prozesse – Testungen, Befunde – könnten durch Technisierung und Automatisierung effizienter werden, so Bayer. »Ein Beispiel hierfür sind Blutuntersuchungen, deren Analysen zunehmend eine größere Rolle bei der Früherkennung von Krankheiten spielen und welche schon heute mit sehr geringem Aufwand verbunden sind.«
Zum dm-Sortiment zählen demnach bereits zahlreiche Zuhause-Tests von Zöliakie, Schilddrüsenwerten, Vitamin-D- oder Eisenmangel, so Bayer weiter. Damit könnten die entsprechenden Werte binnen weniger Minuten ermittelt werden, anschließend könne mit einem Arzt oder einer Ärztin beraten werden, ob Handlungsbedarf bestehe und tatsächlich eine entsprechende Behandlung eingeleitet werden müsse.
Auf die Frage, ob er den Rückgang der Apothekenzahlen insbesondere auf dem Land mit einer Versorgungslücke verbinde, die die Drogerien mit ihrem Filialnetz schließen wollten, ging Bayer nicht direkt ein. Auch zu Nachfragen, wie die Rx-Abgabe in Drogerien in Deutschland ganz praktisch aussehen soll, die Konzernchef Werner angedeutet hatte, sagte Bayer nichts.
Sicher sei, so Bayer, dass die Gesundheitsversorgung vor wachsenden Herausforderungen stehe, eben durch sinkende Apotheken- und Praxenzahlen sowie weiter steigende Kosten im Gesundheitswesen.
dm wurde 1973 von Götz W. Werner in Karlsruhe gegründet und ist laut eigener Aussage heute Deutschlands umsatzstärkster Drogeriemarkt. Das Unternehmen beschäftigt etwa 51.000 Mitarbeiter. Zum dm-Sortiment gehören unter anderem Gesichts- und Körperpflege, Kosmetik, Gesundheit und Naturkost, Babynahrung, Hygieneartikel und Tiernahrung.
Der Konzern betreibt in Deutschland 2108 Märkte und ist darüber hinaus in Österreich, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Italien, Kroatien, Polen, Rumänien, Serbien, Nordmazedonien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn aktiv.