Dittmar findet Video-Apotheker »zumutbar« |
Alexander Müller |
12.11.2024 19:36 Uhr |
Sabine Dittmar (SPD), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium (BMG), bedauert das Aus des Apotheken-Reformgesetzes (ApoRG). / © Maximilian König
Im Gespräch mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Bärbel Kofler sprach Dittmar am Dienstagabend über »Aktuelles aus der Gesundheitspolitik«. Die längste Zeit ging es um die Krankenhausreform und die Folgen der Corona-Pandemie. Doch zum Schluss wurde die Apothekenreform noch kurz abgehandelt. Denn die Versorgung im ländlichen Raum bewege in ihrem Wahlkreis im bayerischen Traunstein durchaus die Gemüter, berichtete Kofler.
Dittmar stellte klar: »Also Fakt ist, die Apothekenreform wird jetzt in dieser Legislatur nicht mehr kommen.« Das umstrittene Projekt hatte es aufgrund des Widerstands der FDP nicht einmal durchs Kabinett geschafft und wird jetzt mit den anstehenden Neuwahlen untergehen. »Ich bedauere das schon, muss ich sagen, denn da waren viele Maßnahmen vorgesehen, die wirklich wichtig waren«, so Dittmar.
Über die gerade in der Apothekerschaft strittigen Punkte habe sie immer gerne die Diskussion gesucht, so die SPD-Abgeordnete. Aber die Forderung nach einer Honorarerhöhung greift laut Dittmar zu kurz – zumal die von der ABDA aufgerufene Vergütung von 12 Euro pro Packung in der aktuellen finanziellen Situation der Gesetzlichen Krankenversicherung »nicht darstellbar« gewesen sei. Das hätte für die Kassen einen unteren einstelligen Milliardenbetrag an Mehrausgaben bedeutet, so Dittmar.
Im Folgenden bezifferte die BMG-Staatssekretärin das aktuelle Apothekenhonorar mit 8,50 Euro zwar zu hoch, räumte aber später ein, dass die Politik »schon etwas machen muss« bei der Honorarstruktur – aber nicht nach den Vorstellungen des Apothekerverbands. Zudem sorge der steigende Anteil hochpreisiger Arzneimittel für Mehreinnahmen der Apotheken bei der variablen Vergütung. Daher habe das BMG eine »Umschichtung anleiern« wollen, gemeint war die Absenkung von 3 auf 2 Prozent. Und mittelfristig hätten die Apotheken dann mit den Krankenkassen ihr Honorar selbst verhandeln sollen, gab Dittmar das Reformprojekt wieder.
Kein Verständnis hat die SPD-Politikerin an der massiven Kritik des Reformteils, der das Projekt auch ohne Ampel-Aus aufs Abstellgleis manövriert hatte: Die Apotheke ohne Apotheker – von Dittmar unter dem Stichwort »Telepharmazie« geführt. »Wir wollten ermöglichen, dass es auch Zeiten gibt, wo eine Apotheke geöffnet ist, ohne dass ein Apotheker anwesend ist. Also der Apotheker ist immer Chef und verantwortlich für die Apotheke, aber er muss nicht immer am Tresen stehen, sondern das hätte auch eine Pharmazeutische technische Assistentin mit einer entsprechenden Qualifikation machen können.« Bei Bedarf hätte man den Apotheker per Telepharmazie dann zugeschaltet.
Wenn ein Hausarztbesuch via Telemedizin »zumutbar« sei, »dann kann auch der Apotheker per Video mal einen Kunden beraten, wie die Medikamente einzunehmen sind und auf was er zu achten hat«, so Dittmar. Die Dramatik um dieses Konzept habe sie nie nachvollziehen können, zumal sie die Apotheker bislang bei der Digitalisierung immer als total fortschrittlich erlebt habe. »Da wird man auch noch drüber reden müssen«, kündigte Dittmar an. Das dürfte allerdings erst nach der Wahl anstehen. Und ob die SPD dann an der Regierung beteiligt sein wird und weiter gesundheitspolitische Verantwortung übernehmen wird, sind noch viele offene Fragen.
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