Diese Phytos schützen die Venen |
Krampfadern sind nicht nur ein kosmetisches Problem., sondern können zu ernsten gesundheitlichen Komplikationen führen. / Foto: Getty Images/zlikovec
Die schlechte Nachricht zuerst: eine chronisch-venöse Insuffizienz (CVI) lässt sich in der Regel nicht mehr rückgängig machen. Doch nichts dagegen zu tun, wäre ein Fehler, denn das Fortschreiten des Geschehens lässt sich mit konsequentem Handeln zumindest aufhalten. So früh wie möglich gegenzusteuern, ist daher besonders wichtig. In der Selbstmedikation stehen hierfür verschiedene pflanzliche Arzneimittel zur Verfügung. Stütz- und Kompressionsstrümpfe sowie physikalische Maßnahmen unterstützen die Venenfunktion. Und auch bestimmte – von vielen Betroffenen eher unbeliebte – Lebensstilmaßnahmen können dazu beitragen. Eine Kombination dieser Optionen ist oft sinnvoll.
Zum Hintergrund: Bei einer CVI ist der Rücktransport des „verbrauchten“, sauerstoffarmen Blutes aus den unteren Extremitäten gestört, da durch Erweiterungen der Venen die Venenklappen nicht mehr vollständig schließen. Das Blut staut sich in Beinen und Füßen, was die Funktion der Venenklappen weiter verschlechtert. Ein Teufelskreis. Oft verspüren Betroffene anfangs ein Spannungsgefühl und eine Schwere in den Beinen und berichten über Flüssigkeitsansammlungen/Schwellungen in den Füßen und Fußgelenken. Später können Venenerweiterungen sichtbar werden: sogenannte Besenreiser und Varizen (Krampfadern). Auch zu Wadenkrämpfen sowie Kribbeln, Brennen oder Juckreiz kann es kommen.
Darüber hinaus können – meist rötlich-braune – Verfärbungen der Haut auf einen Rückstau venösen Blutes beziehungsweise auf eine Versorgungsstörung in dem betroffenen Hautgebiet hinweisen. Bis zu 40 Prozent der Bevölkerung sind von einer CVI betroffen, Frauen etwas häufiger als Männer. Die Prävalenz steigt mit dem Alter.
Bei einer fortgeschrittenen CVI stellt eine Kompressionstherapie das Mittel der ersten Wahl dar. Üblicherweise wird sie ärztlich verordnet. Die Kompressionsklasse und die Art des Kompressionssystems richten sich nach dem individuellen Befund. Inzwischen gibt es zahlreiche Ausfertigungen, die optisch nichts mehr mit dem gefürchteten »Gummistrumpf« gemein haben. Vorbeugend eignen sich Stützstrümpfe insbesondere für Menschen mit einer familiären Veranlagung und/oder einer vorwiegend stehenden oder sitzenden Tätigkeit sowie bei bestimmten Sportarten wie Ballsportarten oder manchen Ausdauersportarten. Auch für längere Flugreisen sind sie eine gute Empfehlung. Kompressions- und Stützstrümpfe unterscheiden sich durch den Grad der Kompressionswirkung. Beide unterstützen somit in unterschiedlichem Ausmaß den venösen Rückfluss, sodass weniger Blut »in die Füße sacken« kann. Ebenfalls empfehlenswert: eine Hautpflege, da eine Kompressionsbehandlung mit Hauttrockenheit und Schuppung einhergehen kann.
Im Bereich der Phytopharmaka stehen laut S2k-Leitlinie »Diagnostik und Therapie der Varikose« im Sinne einer evidenzbasierten Therapie standardisierter Roter Weinlaubextrakt (etwa Antistax®), standardisierter Rosskastanienextrakt (etwa Venostasin®) und Oxerutin (etwa Venoruton®) zur Verfügung. Demnach zeigen kontrollierte Studien sowohl eine Rückbildung von Ödemen als auch eine Linderung subjektiver Beschwerden wie Schmerzen oder Schwere- und Spannungsgefühl. Dies beruht auf einer antientzündlichen Wirkung der Inhaltsstoffe sowie auf einer Normalisierung der Permeabilität venöser Gefäße. Für alle drei ist eine signifikante Ödemreduktion belegt, für Roten Weinlaubextrakt und Oxerutin außerdem eine signifikante Symptomverbesserung.
Anwender sollten wissen, dass mit der vollen Wirkung erst nach einer kontinuierlichen Einnahmedauer von zwei bis vier Wochen gerechnet werden kann. Als häufigste Nebenwirkung wurden Magen-Darm-Beschwerden beschrieben. In diesem Fall kann ein Wechsel auf einen anderen Extrakt erwogen werden. Zu beachten ist außerdem, dass es für die topische Anwendung keine ausreichenden Wirksamkeitsbelege gibt. Erwiesenermaßen sinnvoll kann jedoch die gemeinsame Anwendung mit Kompressions- oder Stützstrümpfen sowie mit physikalischen Therapien und Lebensstilmaßnahmen sein.
Zu den physikalischen Therapiemaßnahmen gehören unter anderem die Hydrotherapie nach Kneipp. Zu Hause können Kneippsche Güsse durchgeführt werden. Sie regen die Blutzirkulation an und stärken den Gefäßtonus. Auch regelmäßige Venengymnastik eignet sich für zu Hause. Sie dient der Verbesserung der Venen-Muskel-Pumpe und hilft, Stauungen zu beseitigen. Das gilt auch für Ausdauersport wie Schwimmen, Radfahren oder Wandern. Wer tagsüber viel auf den Beinen war, darf und soll am Abend (nach Möglichkeit auch zwischendurch) die Beine hochlagern. Die Unterschenkel sollten dabei in Herzhöhe lagern. Auch dies erleichtert den venösen Rückstrom des Blutes.
Langfristig hilfreich kann außerdem eine Reduktion von Übergewicht sein, das eine CVI häufig begünstigt. Nach Möglichkeit sollten auch Wärmebelastungen vermieden werden. Dazu gehören Wannenbäder und Saunagänge, aber auch sommerliche Sonnenbäder. Sie erweitern die Blutgefäße und begünstigen ein Versacken des Blutes in den unteren Extremitäten.
Erfahrungsgemäß ist die Compliance bei der Umsetzung der Therapieoption eher begrenzt. Das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen (weniger ausgeprägt bei Stützstrümpfen) ist für manche Betroffene lästig bis mühsam. Aber auch mit der regelmäßigen Einnahme von Venentherapeutika klappt es nicht bei jedem Betroffenen. Denn anders als etwa bei Kopfschmerztabletten spürt man keine rasche Wirkung, sondern mitunter allenfalls keine Verschlechterung. Das sieht nicht jeder als Erfolg und es kann die Motivation erheblich reduzieren. In manchen Fällen kann es daher sinnvoll sein, zunächst eine Therapie zu wählen, die am ehesten akzeptiert wird, um darauf weitere Elemente aufzubauen.