»Diese Katastrophe hat uns zusammengeschweißt« |
Melanie Höhn |
14.07.2025 07:00 Uhr |
Im Pfarrhaus des Ortes Altenahr wurde schnell eine provisorische Apotheke eingerichtet, um die Anwohnerinnen und Anwohner zu versorgen. Der Katastrophenschutz der Bundeswehr lieferte erste Medikamente in den Ort. Schon dort hatte Göttling vom ersten Tag an Kontakt zu einem Außendienstmitarbeiter des Großhandels, den sie seit Jahren kannte. »Ich sagte ihm, wir haben nichts. Und dann wurde einfach zwischenmenschlich vertrauensvoll für die Situation entschieden.« Über das Mobiltelefon bestellte sie die Waren und organisierte die Übergabestellen. »Der persönliche Kontakt war der entscheidende Faktor, um zügig die Versorgung wieder sicherzustellen«, ist sich Göttling sicher. »Ich glaube, das wird auch in Zukunft immer so sein. Damit kann man unglaublich viel bewegen.«
Die provisorische Apotheke im Pfarrhaus in Altenahr. / © Dietlinde Stroh
Später richtete das Deutsche Rote Kreuz im Rahmen des Katastrophenschutzes eine Containerlösung für regelmäßige Beratungsstunden und Medikamentenausgaben ein, wo Inge Göttling zusammen mit Ärztinnen und Ärzten arbeitete. Bereits ab dem Umzug in den ersten Container konnte Göttling wieder reguläre Öffnungszeiten anbieten, in einem weiteren Container wurde auch die Pflicht des Notdienstes wieder aufgenommen. »Das wurde geschätzt. Bis heute«, sagt sie. Eine Patientin ist ihr besonders im Kopf geblieben: Eine junge Frau mit Kurzdarmsyndrom, die wöchentlich ihre Ernährung brauchte. »Wir konnten sie vom ersten Tag an mit gekühlter parenteraler Ernährung beliefern«, erinnert sie sich. Die Patientin ist noch immer Kundin von Inge Göttling, die inzwischen eine neue Apotheke in Ahrbrück eröffnet hat. »Ein Investor hat dieses neue Gebäude etwa einen halben Meter höher als üblich errichtet, um für künftige Überflutungen gewappnet zu sein – für uns ein großer Glücksfall«, so Göttling.
Welche Vorkehrungen hat sie in ihrer neuen Apotheke getroffen, um für zukünftige Katastrophen besser gewappnet zu sein? »Ich habe mich jetzt bis zum Anschlag versichert. Wir haben alles, was man an Versicherungen haben kann«, sagt sie, darunter eine Geschäftsinhalts- und eine Gebäudeversicherung – bei allen Policen immer mit dem Zusatzbaustein ›Elementarschäden‹. Für ihre alte zerstörte Apotheke habe sie »blauäugig« die Aussage ihres Versicherungsvertreters hingenommen, sie könne keine Elementarversicherung abschließen. Ihre Botschaft an andere Apothekerinnen und Apotheker: Unbedingt alle Versicherungsverträge checken. »Das ist vielleicht mit das Wichtigste.«
Eigentlich würde sie gerne einen Satz Standardmedikamente in ihrer Apotheke aufbewahren, aber im Ernstfall würden diese durch Hochwasser zerstört werden. »Es könnte von Vorteil sein, wenn es eine Liste von Standardmedikamenten seitens der Großhändler gäbe, die ich als neues Lager hinlegen könnte«, sagt sie. Eine Möglichkeit zur Hochwasserprävention seien auch Sandsäcke, die in den Apotheken zur Prophylaxe gelagert werden könnten. Sie selbst nutze diese nicht, kenne aber Apotheken, die diese Vorkehrung getroffen haben.
Kurz nach der Katastrophe erhielt Göttling viel Unterstützung über Hilfsorganisationen wie Apotheker ohne Grenzen, Action Medeor oder die Ortsbürgermeister, insbesondere die Ortsbürgermeisterin von Kalenborn, erzählt sie. »Es wurde alles sehr ernst genommen, was wir gesagt haben. Jeder war interessiert daran, dass wir eine Lösung finden, wie die Bevölkerung versorgt werden kann«, sagt Göttling.