Die Spur führt nach Ankara |
Im Fälschungsfall um das Diabetesmedikament Ozempic kommen immer neue Details ans Licht. Die gefälschten Pens stammen offenbar aus der Türkei. / Foto: IMAGO/USA TODAY Network
Der Fälschungsfall um das Semaglutid-haltige Präparat Ozempic entwickelt sich zu einem Krimi, in dem immer neue Details ans Licht kommen. Ozempic ist als Diabetesmedikament zugelassen, wird jedoch häufig zum Abnehmen zweckentfremdet. Es ist so begehrt, dass Kriminelle Fälschungen in Umlauf brachten. Die PZ berichtete bereits mehrfach. Derzeit prüft das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ein Exportverbot des in Deutschland kaum noch verfügbaren Medikaments, um die Versorgung von Diabetespatienten sicherzustellen. Hintergrund ist, dass das Mittel hierzulande billiger ist als in vielen anderen Ländern.
Die neuesten Erkenntnisse hat die »Tagesschau« am Freitag in einem Bericht zusammengefasst. Demnach soll das Pharmaunternehmen AUB Healthcare mit Sitz in der türkischen Hauptstadt Ankara gefälschte Ozempic-Pens produziert haben, die nach Deutschland und Österreich geliefert wurden. Dabei beruft sich die »Tagesschau« auf erste Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden sowie auf Berichte der europäischen Working Group of Enforcement Officers (WGEO). In dieser Arbeitsgruppe informieren sich die Leiter staatlicher Arzneimittelbehörden über gefälschte Arzneimittel. Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist Mitglied dieses Gremiums.
Doch der Reihe nach. Laut einem Bericht der WGEO vom Oktober soll der Großhändler Pharma Medtec im baden-württembergischen Lörrach neben den bisher bekannt gewordenen 200 gefälschten Ozempic-Spritzen weitere 600 Packungen in Österreich gekauft haben. Der Verbleib dieser Packungen sei laut der WGEO »unbekannt«, der Geschäftsführer von Pharma Medtec habe Fragen zu dem Fall nicht beantwortet. Inzwischen habe das BfArM mitgeteilt, dass in den von Pharma Medtec gekauften Spritzen statt des Wirkstoffs Semaglutid Insulin enthalten gewesen sein soll. Wer sich ohne medizinischen Grund Insulin spritzt, kann in einen lebensgefährlichen Unterzuckerungszustand geraten. Die Behörden warnen deshalb eindringlich vor umetikettierten Insulinspritzen.
Bezogen hat Pharma Medtec die gefälschten Spritzen laut den WGEO-Berichten offenbar von der in Österreich ansässigen Firma AZ Naturemed. Die Firma soll Cannabis-Produkte, homöopathische Mittel und esoterische Produkte wie »Druidenpflanzen« vertreiben. Ein anderer Zweig des Unternehmens, die Naturemed Pharma GmbH, handele mit Arzneimitteln und Impfstoffen.
Naturemed soll demnach nicht nur 800 Packungen gefälschte Ozempic-Spritzen an die deutsche Firma Pharma Medtec geliefert, sondern weitere 300 Packungen direkt an einen britischen Großhändler verkauft haben. Das Geld für diese insgesamt rund 1100 Packungen soll Naturemed an die Firma ILTS-Forwarding in Neuss in Nordrhein-Westfalen überwiesen haben. Die Staatsanwaltschaft Graz habe auf Anfrage ein Ermittlungsverfahren gegen die Gründerin von Naturemed bestätigt. Die Firma antwortete laut »Tagesschau« nicht auf Fragen.