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Verwirrung um den R-Wert

Die Reproduktionszahl hat ihre Tücken

In Corona-Zeiten lernen Laien Fachvokabular. Inzwischen geht vielen das Wort Reproduktionszahl leicht von den Lippen. Doch die Berechnung ist komplex – und es gibt nicht nur eine. Und dann und wann wird auch noch an der Datenbasis geschraubt.
dpa
02.05.2020  15:00 Uhr
Meldegeschehen versus Erkrankungsgeschehen

Meldegeschehen versus Erkrankungsgeschehen

Beide Verfahren haben somit einen unterschiedlichen Schwerpunkt, wie der LGL-Sprecher deutlich macht: Im ersten Fall geht es um das Melde- und Übermittlungsgeschehen, im zweiten um das vermutliche Erkrankungsgeschehen.

Ein konkretes Beispiel: Für Bayern schätzte das RKI den Angaben zufolge vergangenen Sonntag die Reproduktionszahl (mit Stand 22. April) auf 0,9. Das HIZ aber berechnete R mit 0,57 (Datenstand: 23. April) – jenem Wert, den Söder später verkündete. Beide Werte würden beobachtet und verwendet, so der LGL-Sprecher. Die meisten, wenn nicht gar alle anderen Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Berlin veröffentlichen nach eigenen Angaben stets die nach RKI-Methode ermittelten Zahlen.

Laut RKI lag die Kennziffer Anfang März noch bei 3, in den vergangenen Tagen bei 0,9 bis 1, jeweils mit einer gewissen Schwankungsbreite. Nun aber hat die Behörde für Infektionskrankheiten an der Formel zur Ermittlung der Ansteckungsrate leichte Änderungen vorgenommen. R lag danach im RKI-Lagebericht vom Mittwoch nur noch bei 0,75 (Datenstand 29. April, 0.00 Uhr). Das habe aber nichts mit der neuen Erhebungsgrundlage zu tun, beteuerten RKI-Chef Professor Dr. Lothar Wieler und ein extra herbeigerufener R-Experte am Donnerstag in einer Pressekonferenz zur Corona-Lage. Die Datenbasis für die Schätzung von R sei geändert worden, was den Kurvenverlauf zwar «glätte» und die Berechnung von R vereinfache. Im Ergebnis ändere sich aber nichts. Nachfragen von Journalisten zeugen von Skepsis und Erklärbedarf. Bis Wieler schließlich sagt, es handle sich um ein «Pressebriefing, kein Mathematikseminar».

R-Wert nicht allein entscheidend für Lockerungen

Passend dazu veröffentlichen Statistikexperten am Donnerstag eine «Unstatistik des Monats». Damit wollen die Forscher auf mögliche Fehlschlüsse beim Interpretieren von Daten aufmerksam machen. Zu R schreiben sie, dass die Zahl der in die Ermittlung einbezogenen Neuerkrankungen stark schwanken kann. «Deshalb handelt es sich bei der Reproduktionszahl um eine Schätzung mit einem nicht unerheblichen Schätzfehler, der bei der Bewertung der aktuellen Lage immer berücksichtigt werden muss.»

Ebenso müssten die Dunkelziffer bei den Infektionen und sich ändernde Testkapazitäten berücksichtigt werden. Die Verfasser kommen zu dem Schluss: «So bedeutsam die Reproduktionszahl für die Einschätzung des Verlaufs der derzeitigen Pandemie auch ist, so vorsichtig sollte sie daher interpretiert werden.»

Vor allem eigne sich R «aufgrund der nach wie vor mangelhaften Datengrundlage nicht als zentrale oder gar einzige Entscheidungsgrundlage für die schwierige Frage, ob die derzeitigen Kontaktbeschränkungen gelockert werden können oder nicht».

Das alles kann verwirren. Nicht zuletzt deshalb, weil Hintergründe der jeweils zugrunde liegenden Berechnung in der Regel nicht bei der Bekanntgabe von Werten mitkommuniziert werden. Ähnlich wie bei vielen Corona-Daten (etwa wegen zeitverzögerter Datenübermittlung und Dunkelziffern) gilt auch hier: So lieb der eine oder andere R vielleicht gewonnen hat, sollte man auch diesen Wert mit Vorsicht genießen und sich klarmachen, dass es so einfach eben nicht ist, die aktuelle Infektionslage einzuschätzen und klar abzubilden. 

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