»Die Politik wird der Pharmaindustrie nicht gerecht« |
Alexandra Amanatidou |
29.09.2025 15:00 Uhr |
Von Veränderungen im Mindset und bei den strategischen Partnerschaften zwischen Wirtschaft und Forschung hat Otmar Wiestler, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, gesprochen. »Wir brauchen eine neue Kultur der Zusammenarbeit.« Er hoffe, dass die Hightech-Agenda der Regierung dabei helfen könne. Entscheidend seien dabei der Mut zur Innovation und zum Investieren sowie die Möglichkeit für mehr Gestaltungsflexibilität. Auch die Berichtspflichten und bürokratischen Aufgaben seien in den letzten zehn Jahren gestiegen. »Wir brauchen wirkliche Freiräume für Innovation.« Laut Wiestler haben die Pandemie und das Beispiel von Biontech gezeigt, dass die Akteure in Deutschland in einer Ausnahmesituation schnell zusammenarbeiten können. »Leider sind wir nach der Pandemie sofort in alte Muster zurückgefallen.«
Ideen müssten auch an Universitäten mehr wertgeschätzt und unterstützt werden, sagte Verena Schoewel-Wolf, Gründerin und CEO des Biotech-Start-ups Myopax. Es sei schade, dass Wirtschaft und Wissenschaft in Deutschland so abgegrenzt voneinander seien. Die Gründerin konnte auch Erfahrungen in Dänemark sammeln, wo ihr Unternehmen einen zweiten Sitz hat. Deutschland sei risikoavers, während die Förderungen zu bürokratisch seien. »Als Hersteller haben wir in Deutschland viel mehr Bürokratie als in allen anderen EU-Ländern.«
»Wir müssen die Kapitalmärkte deregulieren und mehr Wagniskapital fördern«, sagte Andreas Zaby, Innovationsmanager bei der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIN-D). Als positives Beispiel nannte er das Bayerische Hochschulinnovationsgesetz (BayHIG).
Auch die Einsatzmöglichkeiten von künstlicher Intelligenz beim Design von Forschungsstudien wurden diskutiert. Bei neuen, innovativen Therapien werde viel Zeit im Labor verbracht, beispielsweise, um Ideen zu entwickeln oder das Virus und die Zellen zu untersuchen, sagte Christoph Koenen, Leiter von Clinical Development und Operations bei Bayer. Dazu werde Zeit benötigt, um den Menschen zu demonstrieren, dass die neue Therapie sicher und effektiv funktioniere. Mittlerweile könne vieles digital umgesetzt werden. Dank Digitalisierung, digitaler Zwillinge (Avatare), KI und Statistiken könnten auch klinische Entwicklungen viel schneller werden. Eventuell würden zukünftig auch weniger Patientinnen und Patienten für die Durchführung von Studien benötigt. »Das wird Standard sein.« Mit mehr Datensätzen werde es in Zukunft möglich sein, seltene Erkrankungen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu identifizieren und die richtige Therapie maßzuschneidern, so Koenen.
Auch Präzisionsmedizin wird in den kommenden Jahren viel weiter sein, prognostizierte Hildegard Büning, stellvertretende Direktorin des Instituts für Experimentelle Hämatologie der Medizinischen Hochschule in Hannover. Digitalisierung sei notwendig, um größere Datensätze zu sammeln, die das Apotheker- oder Ärzteteam bei der Ausgabe von Medikamenten oder der Diagnose von Krankheiten unterstützen könne, sagte Tanja Zeller, Direktorin des Instituts für Kardiogenetik an der Universität zu Lübeck.