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Drogenpolitik

»Die Leute kiffen, legal oder illegal«

Wie können wissenschaftliche Erkenntnisse Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen? Im Format »Science on the Spree« von Springer Nature ging es Anfang November bei einer Podiumsdiskussion zwischen Vertretern aus Wissenschaft und Politik um eine verantwortungsvolle Drogenpolitik.
Angela Kalisch
22.11.2024  07:00 Uhr

Seit jeher greifen Menschen zu Drogen – sei es, um Schmerzen zu lindern und Ängste abzubauen, um die Leistung zu steigern oder um sich in Trance zu versetzen. Doch wo beginnt der problematische Konsum, wo endet die freie Entscheidung des Einzelnen darüber, was er zu sich nehmen darf? Und wo müssen Regeln her, um Schaden von der Gesundheit und auch von der Gesellschaft abzuwenden? Das war Thema bei dem von Springer Nature veranstalteten Format »Science on the Spree« im Rahmen der Berlin Science Week.

»Wie stoppen wir den tödlichen Rausch?« hieß die Veranstaltung. Dieser Titel sorgte gleich zu Beginn der Diskussion für heftige Kritik. Als zu polemisch und zu wenig ergebnisoffen empfand Dr. Robert Feustel (Institut für Soziologie, Friedrich-Schiller-Universität Jena) diese Frage und setzte damit eine kontroverse Diskussion in Gang. Hinter Drogenkonsum steckten vielfältige Aspekte. Doch immer wieder ginge es um den sehr kleinen Bereich des missbräuchlichen, tödlich endenden Konsums, ärgerte er sich über die enge Auslegung.

Die Zahl der Drogentoten ist zwar leicht gestiegen, die tödlichsten Drogen sind jedoch die legalen. Durch Alkohol, Tabak und Medikamentenmissbrauch sterben direkt und indirekt demnach weitaus mehr Menschen als durch die zurzeit noch als illegal eingestuften, sogenannten harten Drogen. Was aus dieser Erkenntnis folgt, darüber gingen die Meinungen auf dem Podium weit auseinander. Aktuell hat die Teillegalisierung von Cannabis zu Genusszwecken die Kontroverse wieder neu entfacht. Auch der Umgang mit legalen Drogen wie Alkohol und Tabak steht nun wieder auf dem Prüfstand.

Widersprüchliche Bewertung

Nach Erfahrungen aus Kanada befragt, wo Cannabis bereits seit sechs Jahren legal ist, merkte Professor Dr. Benedikt Fischer (Faculty of Health Sciences, Simon Fraser University Kanada) an, wie sehr ihn immer wieder der laxe Umgang mit Alkohol und Tabakprodukten in Deutschland erstaune. Nicht nur die ständige Verfügbarkeit, sondern auch die gesellschaftliche Verharmlosung sei unverantwortlich und im Vergleich mit der kritischen Sicht auf Cannabis auch widersprüchlich. Bei der Cannabis-Legalisierung in Kanada zeige sich dagegen ein gemischtes Bild. Zwar sei der Konsum leicht gestiegen, die Kriminalitätsrate allerdings deutlich gesunken.

Linda Heitmann (MdB, Bündnis 90/Die Grünen) bestätigte, dass es völlig unverhältnismäßig sei, Menschen wegen ein paar Gramm Cannabis in eine kriminelle Ecke zu stellen und für etwas zu bestrafen, womit sie sich in erster Linie selbst schadeten. Statt von einer Legalisierung müsse man korrekterweise von einer Entkriminalisierung sprechen. Handel und Weitergabe sollten weiterhin verboten bleiben. Anbau für den Eigenbedarf, kontrollierter Erwerb in Clubs sowie einen verantwortungsbewussten Konsum zu Genusszwecken, halte sie für den richtigen Weg.

Simone Borchardt (MdB, CDU) setzte sich dagegen für eine weitaus strengere Regulierung ein. Cannabis sei eine Einstiegsdroge, die dazu animiere, immer gefährlichere Substanzen zu konsumieren. Sie habe dabei vor allem den volkswirtschaftlichen Schaden im Blick, da die Therapie von Drogensüchtigen das Gesundheitssystem stark belaste. Auch Professorin Dr. Ursula Havemann-Reinecke (Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsmedizin Göttingen) befürchtet einen Anstieg von Psychosen und weiteren Erkrankungen, sollte Cannabis unreguliert freigegeben sein. Welchen gesundheitlichen Schaden weitere Substanzen anrichten könnten, die in Form von synthetischen Drogen in immer wieder neuen Varianten auf den Markt kämen, sei noch gar nicht absehbar.

Der Behauptung, Cannabis sei eine Einstiegsdroge, widersprach Feustel vehement und erinnerte auch daran, dass Wissenschaft nicht nur aus Medizin und Pharmazie bestehe, sondern die sozialwissenschaftliche Perspektive viel stärker berücksichtigt werden müsse. Staatliche Verbote, wie unter anderem von der CDU gefordert, brächten nichts und seien sogar Teil des Problems. Verbote hätten bekanntermaßen noch nie zum Nichtkonsum geführt: Die Leute würden trinken, rauchen und kiffen, egal ob legal oder illegal, so sein Fazit. Statt an der Droge selbst gelte es, an den sozialen Zumutungen zu arbeiten, die bei ­einigen Menschen zum Konsum führten.

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