»Die Lage der Krankenkassen ist eine faule Ausrede« |
Alexandra Amanatidou |
18.09.2025 13:30 Uhr |
Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) stellt beim Deutschen Apothekertag (DAT) in Düsseldorf die Eckpunkte der Apothekenreform vor. / © PZ/Alois Müller
Die Ministerin kündigte in Düsseldorf die Umsetzung vieler im Koalitionsvertrag versprochener Reformen an. Eine Anhebung des Fixums auf 9,50 Euro war jedoch nicht dabei – zur Enttäuschung vieler Apotheker und Apothekerinnen. Von der Landesapothekerkammer Brandenburg sowie den Apothekerverbänden Niedersachsen und Hessen gab es deutliche Kritik an der ausgebliebenen Honorarerhöhung. Auch der niedersächsische Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD) kritisierte Warkens Vorhaben. Die AOK begrüßte die Pläne des BMG.
In einer Pressemitteilung des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung erklärte Minister Philippi, dass die Erhöhung des Packungsfixums dringend notwendig sei, um die Apotheken finanziell zu unterstützen und die wohnortnahe Versorgung sicherzustellen.
»Gerade im ländlichen Raum wird die Erhöhung des Fixums über die Frage des Fortbestehens der auskömmlichen Versorgung entscheiden.« Die Bundesregierung müsse dringend eine Apothekenreform auf den Weg bringen. Die Lage sei in den letzten Jahren objektiv schwieriger geworden. Dies mache die Aufrechterhaltung bestehender inhabergeführter Apotheken und auch die Frage der Nachfolgerschaft schwieriger.
»Zudem hat sich gerade für Landapotheken das inhaltliche Anforderungsprofil geändert, denn hier kommt die Zusatzaufgabe hinzu, die immer älter und immobiler werdende Bevölkerung zu Hause über Lieferservice zu versorgen.« Hierfür gebe es auch keine Kompensation. Alles in allem führe das zu einem Rückgang der Apotheken. In den Städten sei das Problem noch nicht spürbar, »aber in der Fläche sehen wir dringenden Handlungsbedarf«, so Philippi.
Der Landesapothekerverband Niedersachsen (LAV) kritisierte die geplante Apothekenreform ohne Honorarerhöhung ebenfalls scharf. Der Verband fordert in seiner Pressemitteilung die Politik auf, die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Honorarerhöhung und regelmäßige Dynamisierung noch in diesem Jahr umzusetzen. »Das Argument, dass kein Geld da sei, ist in unseren Augen ein Vorwand der Politik, sich aus der Verantwortung zu ziehen«, sagt Berend Groeneveld, Vorstandsvorsitzender des LAV. Dass die Honorarerhöhung auf unbestimmte Zeit verschoben werde, aber gleichzeitig das Apothekensystem reformiert werden soll, zeige aus Sicht des LAV, dass das Apothekensterben politisch gewollt sei. »Der Verweis auf die kritische finanzielle Lage der Krankenkassen ist eine faule Ausrede und lässt Schlimmeres vermuten, denn im nächsten Jahr wird die Finanzlage nicht besser sein.« Eine stärkere Einbindung der Apotheken im Präventionsbereich sei ohne mehr Honorar schwer. »Wie sollen die Apotheken die dafür notwendigen Personal-, Umbau- oder Schulungskosten aufwenden, wenn kein Geld da ist?«, so Groeneveld. Die Umverteilung der Gelder aus dem pDL-Topf in den Nacht- und Notdienstfonds zeige, dass die neue Bundesregierung »keineswegs daran interessiert ist, in das flächendeckende Apothekensystem zu investieren.« Groeneveld fordert eine »Honorarerhöhung auf mindestens zwölf Euro.«
»Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Ministerin persönlich an der Hauptversammlung der Apothekerschaft teilnahm und so ihre Wertschätzung gegenüber der Apothekerschaft zum Ausdruck brachte«, sagte Jens Dobbert, Präsident der Landesapothekerkammer Brandenburg, laut einer Pressemitteilung der Kammer. Zentrale Maßnahmen zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Apotheken fehlten. Seit über zwei Jahrzehnten seien die Apotheken von der wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt, »und ein Inflationsausgleich ist weiter nicht in Sicht.« Die Kammer mahnt, dass konsequente Riegel gegen die Wettbewerbsverzerrungen ausländischer Versandhändler dringend seien. »Die Politik verkennt hier die eigentlichen Probleme.« Es reiche nicht, einzelne Zuschüsse umzuschichten, entscheidend sei eine echte wirtschaftliche Stärkung der Apotheken vor Ort. »Jetzt müssen den Worten im Koalitionsvertrag auch Taten folgen«, so Dobbert.
Der Hessische Apothekerverband (HAV) erwarte einen verbindlichen Zeitplan für die Honoraranpassung und kurzfristig wirksame Entlastungen. Dies teilte HAV-Vorsitzender Holger Seyfarth in einer Pressemitteilung mit. Positiv bewerte der Verband, »dass das BMG strukturelle Punkte adressiert, unter anderem beim Notdienst und bei betrieblichen Entlastungen.« Kritisch sehe er jedoch, dass Mittel aus dem pDL-Topf zur Finanzierung des Notdienstes umgeschichtet werden sollen. »Versorgungsaufgaben dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden«, so Seyfarth.