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PAVK, CVI und Co.

Die häufigsten Gründe für Schmerzen in den Beinen

Schmerzen, Missempfindungen oder Taubheitsgefühle in den Beinen: Das ist bei Weitem nicht immer einem Wadenkrampf zuzuordnen. Vor allem bei älteren Menschen kommen ernste Erkrankungen als Urheber infrage. Die häufigsten Gründe.
AutorKontaktElke Wolf
Datum 21.05.2021  09:00 Uhr

Muskelkrämpfe und Beinschmerzen jedweder Art sind gar nicht mal so selten. Etwa 90 Prozent der jungen Erwachsenen kennen den klassischen Wadenkrampf, der die Muskulatur der Wade und des Fußgewölbes wie eine Kralle umfasst. Die Frequenz nimmt mit dem Alter zu, heißt es in den S1-Leitlinien zu »Crampi/Muskelkrampf« und zu »Myalgien« der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). Danach sollen 35 bis 50 Prozent der Über-65-Jährigen regelmäßig mindestens einmal in der Woche diese Schmerzen haben. Was könnte diese Häufigkeit im Alter erklären?

Da Wadenschmerzen manchmal im Zuge von Infektionen auftreten, könnte das mit dem katabolen Zustand der Muskulatur zusammenhängen. Weiterhin neigt die Muskulatur älterer Menschen eher zu tetanischen Verspannungen. Gründe sind Bewegungs- und Trainingsmangel, Sarkopenie und eine dadurch bedingte Überforderung der Muskelgruppe. Elektrolytverschiebungen können die Reizbarkeit der Nerven, die den Muskel umgeben, erhöhen und die Krampfneigung erhöhen.

Warum Krämpfe sich hauptsächlich an den unteren Extremitäten manifestieren, darüber lässt sich nur spekulieren. Vermutlich sind die dort arbeitenden tonischen, langsam kontrahierenden Typ-1-Faser-Muskeln besonders anfällig für die Art ihrer Erregung am Übergang von Nerv zu Muskel an der motorischen Endplatte. Denn einem Muskelkrampf liegt laut den DGN-Experten kein muskuläres Problem zugrunde, sondern ein neurologisches. Ausgelöst werden Muskelkrämpfe durch spontane Depolarisationen der Nervenmembranen. Es bilden sich vermehrt Aktionspotenziale aus, also Nervenimpulse, die dann im Endeffekt zu einem »Erregungssturm« im Muskel führen, so die DGN.

Nerven, die feuern

Doch Muskelkrämpfe/-schmerzen können auch ein Indiz für eine zugrunde liegende Erkrankung sein – statt idiopathisch nennt man sie dann symptomatisch. Sie sind dann freilich anders geartet, schießen häufiger ein, treten beidseitig auf oder werden etwa von Missempfindungen begleitet. Diese, das stellen die Experten klar, sind dringend von einem Arzt abzuklären; sie sind nicht selbstlimitierend und kein Fall für die Selbstmedikation.

Solche Symptome weisen auf Krankheiten des zentralen und peripheren Nervensystems hin. Sind etwa die Nerven (besonders der Ischiasnerv) durch einen Bandscheibenvorfall oder durch eine Enge im Rückenmarkskanal (Spinalstenose) gereizt, können sie dauerhaft die Muskeln befeuern. Infrage kommen auch Schädigungen der Myelinscheide, die die Nervenfasern wie eine Isolierschicht umhüllt. Das erhöht das Risiko für krampfauslösende Impulsentladungen. Für eine solche Demyelinisierung sind dann unterschiedlichste Erkrankungen wie eine Polyneuropathie, Schilddrüsenerkrankungen, Borreliose oder auch eine Multiple Sklerose ursächlich.

Venen unter Druck

Freilich können nächtliche Wadenkrämpfe auch Ausdruck der Mikrozirkulationsstörungen in der Bein- und Wadenmuskulatur sein. Dass aber Wadenkrämpfe ganz eng mit einer chronisch venösen Insuffizienz (CVI) verknüpft sein können, wird von den meisten Betroffenen nicht wahrgenommen. Über einen entsprechenden Hinweis im Beratungsgespräch kann somit gute Aufklärungsarbeit geleistet werden.

Krampfadern sind keine Schönheitsfehler. Im Laufe von Jahren können sich sichtbare Krampfadern an der Beinoberfläche immer mehr erweitern und zu einer Schwellungsneigung und einem Schweregefühl im Bein führen. Bereits vorgeschädigte, also erweiterte Venen dehnen sich bei Wärme noch mehr aus und verlieren dadurch weiter an Elastizität. Die Venenklappen, die eigentlich den Blutrückfluss in die Beine verhindern sollen, schließen dann noch schlechter als ohnehin schon. Das Blut sackt bis zur Knöchelregion hin ab. Hinzu kommt eine erhöhte Durchlässigkeit der Venenwände, sodass Flüssigkeit im Gewebe liegen bleibt, oftmals direkt sicht- und tastbar in der Knöchelregion. Die Folge sind Schwellungen und Schmerzen im Bein.

Spätestens bei einer verstärkten Venenzeichnung, bei Anzeichen früher abgelaufener Entzündungen wie Narben und bräunlichen Pigmentierungen in der Knöchelregion oder am Unterschenkel ist von medizinisch relevanten Krampfadern auszugehen. Im Laufe der Jahre können sich bindegewebige Verhärtungen ausbilden, und am Ende stehen Hautgeschwüre und ein offenes Bein – das ist der ungünstigste Verlauf einer chronisch venösen Insuffizienz.

Wann ist es Zeit für eine Intervention? Im Stadium der geschwollenen, schweren Beine und einer deutlich sichtbaren Venenzeichnung ist es höchste Zeit, einen Arzt aufzusuchen, heißt es vonseiten der Deutschen Gesellschaft für Angiologie. Der Patient muss dagegen unverzüglich zum Gefäßspezialisten (Phlebologen oder Angiologen), wenn Schmerzen und Ödeme ganz plötzlich auftreten. Beides können Zeichen einer Thrombose der tiefen Venen sein. Auch wenn eine Krampfader gerötet und verhärtet tastbar ist, sollte umgehend ein Gefäßspezialist aufgesucht werden. Denn dann handelt es sich wahrscheinlich um eine oberfächliche Venenthrombose (»Phlebitis«). Thrombosen in oberflächlichen und in tiefen Venen sind gefürchtet, weil sie eine Lungenembolie auslösen können, wenn sie mit dem Blutstrom in die Lungenarterien geschwemmt werden.

Stau in den Gefäßen

Bei häufigen Wadenschmerzen vor allem im Alter ist noch an eine andere zugrunde liegende Erkrankung zu denken, nämlich die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK). Kontrahierte Muskulatur zeigt eine überwiegend anaerobe Stoffwechselsituation, ist übersäuert und minderdurchblutet und schlechter mit Energie und Sauerstoff versorgt. In diesem Zusammenhang ändert sich die neuromuskuläre Signalübertragung und es bilden sich Verspannungszonen. Ursächlich sind jedoch die arteriosklerotischen Ablagerungen in den Arterien in Becken und Beinen.

Das ist keinesfalls banal. Denn mit der PAVK geht ein hohes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall einher. Eine kürzer werdende Gehstrecke, weil Schmerzen die Beinfreiheit limitieren, ist eine deutliche Aufforderung für den Arztbesuch. Gleiches gilt für Schmerzen, die sich beim Hinlegen in der Zehenregion bemerkbar machen, besonders wenn Aufstehen für Linderung sorgt. Wird die PAVK nicht erkannt, bleiben möglicherweise auch Gefäßverengungen in anderen Körperregionen wie Halsschlagader, Gehirn und Herzen unbehandelt. Die Folge sind zum Beispiel Infarkte, wenn die Arteriosklerose stark vorangeschritten ist. Herzinfarkt, Schlaganfall und PAVK sind lediglich unterschiedliche Manifestationsformen ein und derselben Erkrankung.

Statine und das Gilz-Protein

Auch verschiedene Arzneistoffgruppen sind als (nächtliche) Ruhestörer bekannt, allen voran die Statine, die neben ihrer Hauptwirkung der Lipidsenkung das Risiko für Muskelbeschwerden erhöhen. Bis zu einem Drittel der Anwender reagieren in Anwendungsbeobachtungen auf das jeweilige Statin mit Muskelschmerzen und -schwäche. Zwar schreiben mehrere neuere Studien diese Nebenwirkungen einem Noceboeffekt zu. Schließlich traten Myopathien unter Statinen nur häufiger als unter Placebo auf, wenn der Patient wusste, dass er ein Statin einnimmt.

Doch so ganz von der Hand sind die Muskelbeschwerden durch Statin-Einnahme nicht von der Hand zu weisen, meinen Pharmazeutinnen der Universität des Saarlandes. Statine führen ihren Ergebnissen zufolge dazu, dass der Körper vermehrt ein Protein namens Gilz (Glucocorticoid-induzierter Leuzin Zipper) produziert, das die Muskelzellen beeinträchtigt, teilt die Universität mit. »Statine bewirken, dass Gilz in den Zellen vermehrt gebildet wird. Das führt aber dazu, dass die Myozyten eher absterben. Zusätzlich wird die Bildung neuer Muskelfasern gehemmt«, erklärt Studienleiterin Professor Dr. Alexandra Kiemer. Schalteten die Wissenschaftlerinnen das Gilz-Protein in Zellkulturen genetisch ab, blieben die Schäden bei Statin-Therapie komplett aus.

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