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Langlebigkeit

Die epigenetische Alternsuhr richtig lesen

Dass sich das biologische und das chronologische Alter teils deutlich unterscheiden kann, ist inzwischen gut belegt und mit Hilfe unterschiedliche Methoden auch messbar. Allerdings unterscheiden die verwendeten Marker nicht zwischen Signalen, die das Altern verlangsamen, und solchen, die das Altern beschleunigen. Derartige Marker zu unterscheiden, verspricht eine Weiterentwicklung der epigenetischen Alternsuhr.
Theo Dingermann
16.02.2024  08:00 Uhr

Zwar gelingt es heute, in erster Linie mit epigenetischen Markern das biologische Alter zu bestimmen, das sich erheblich vom chronologischen Alter unterscheiden kann. Allerdings waren diese Modelle bisher nicht in der Lage, einzelne epigenetische Marker qualitativ als alternsfördernd beziehungsweise alternshemmend zu identifizieren.

Dies verspricht ein weiterentwickeltes Modell der epigenetischen Uhr, das Forschende um Kejun Ying von der Division of Genetics des Departments of Medicine am Brigham and Women’s Hospital und der Harvard Medical School in Boston, USA, jetzt im Wissenschaftsmagazin »Nature Aging« vorgestellt haben.

Dazu schauten sich die Forschenden zunächst die CpG-Stellen auf dem Genom genauer an, die als Basis für die Ermittlung des biologischen Alters diesen. So identifizierten sie zunächst die CpG-Stellen, die wahrscheinlich kausal für altersbedingte Phänotypen sind, im Gegensatz zu Positionen, die lediglich als Nebenprodukte des Alterns einzustufen sind.

Unter Verwendung eines großen genetischen Datensatzes untersuchten die Forschenden so 20.509 CpG-Stellen hinsichtlich ihrer Kausalität für acht altersbezogene Merkmale. Zu diesen Merkmalen gehören die Lebenserwartung, eine extreme Langlebigkeit (definiert als Überleben jenseits der 90. Perzentile), die Gesundheitsspanne (Alter beim ersten Auftreten einer schweren altersbedingten Krankheit), der Gebrechlichkeitsindex (als Maß für die Gebrechlichkeit einer Person, das auf der Anhäufung von Gesundheitsdefiziten während der Lebensspanne der Person basiert), die selbst eingeschätzte Gesundheit und drei umfassende altersbezogene Messungen, die die Familiengeschichte, den sozioökonomischen Status und andere Gesundheitsfaktoren einbeziehen.

Verschiedene Daten und Modelle wurden kombiniert

Die Ergebnisse dieser Analysen flossen dann in die Erstellung von drei Alternmodellen ein, einem allgemeinen Modell und zwei kausal angereicherten epigenetischen Modellen, mit denen es möglich ist, schädliche Methylierungsänderungen und adaptive Änderungen zu verfolgen.

Das »CausAge«-Modell kann als eine allgemeine Uhr angesehen werden, die das biologische Alter auf der Grundlage kausaler DNA-Biomarker prinzipiell vorhersagt. Mit Hilfe des »DamAge«-Modells werden Biomarker identifiziert, die das Altern beschleunigen und mit dem »AdaptAge«-Modell lassen sich Veränderungen identifizieren, die einen schützenden adaptiven Effekt für das Altern anzeigen.

Dann analysierten die Forschenden Blutproben von 7036 Personen im Alter von 18 bis 93 Jahren aus der sogenannten »Generation Scotland Cohort« und trainierten ihr Modell schließlich an den Daten von 2664 Personen aus dieser Kohorte. Diese Daten dienten als Basis für die Entwicklung einer Karte, auf der Biomarker identifiziert werden können, die für das Altern ursächlich sind. Diese Information kann dann auch genutzt werden, um zu bewerten, wie verschiedene Interventionen die Langlebigkeit fördern oder das Altern beschleunigen.

Die Treffersicherheit ihrer Biomarker-Charakterisierung testeten die Forschenden anhand von Daten, die von 4651 Personen aus der »Framingham Heart Study« und der »Normative Aging Study« stammten. Diese Analysen bestätigten, dass das DamAge-Modell tatsächlich die CpG-Stellen identifizierte, die mit negativen Faktoren, einschließlich der Sterblichkeit, assoziiert waren. Analog korrelierte das AdaptAge-Modell, das schützende Veränderungen der DNA-Methylierung anzeigt, mit einer längeren Lebensspanne.

Schließlich testeten die Forschenden die Fähigkeit ihrer Modelle, das biologische Alter zu bestimmen, indem sie somatische Stammzellen reprogrammierten. Dazu werden diese Zellen zunächst durch biochemische Interventionen in einen embryonalen Zustand zurückversetzt und dann unterschiedliche Differenzierungspfade induziert.

Was richten Rauchen, Krebs und Bluthochdruck an unserer DNA an?

Wurden die Modelle auf die neu differenzierten Zellen angewendet, nahmen die Biomarker im DamAge-Modell ab, was auf eine Verringerung der altersbedingten Schäden durch die Reprogrammierung hindeutete, während die Biomarker des AdaptAge-Modells kein besonderes Muster zeigten. In der Tendenz ähnliche Ergebnisse lassen auch andere Alternuhr-Modelle erhalten(darunter die Horvath-Uhr, die Hannum-Uhr, das PhenoAge- und das GrimAge-Modell). Allerdings zeigte das DamAge-Modell eine deutlich stärkere negative Korrelation mit dem Zeitpunkt der Reprogrammierung und einer höheren statistischen Signifikanz als die anderen etablierten Modelle.

Ihre Studie runden die Forschenden ab durch Tests an Proben von Patienten mit verschiedenen chronischen Erkrankungen, darunter Krebs und Bluthochdruck, aber auch an Proben, die durch Lebensstilentscheidungen wie Zigarettenrauchen geschädigt wurden. Das DamAge-Modell zeigte in allen Fällen erhöhte Zahlen an Biomarkern, die mit altersbedingten Schäden in Verbindung gebracht werden, während die Marker im AdaptAge-Modell abnahmen, wodurch schützende Anpassungen effektiv erfasst wurden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die mit Kausalität angereicherten Uhrenmodelle der Forschenden neue Einblicke in die Alterungsmechanismen und die Bewertung von Interventionen bieten. Sie unterstreichen, wie wichtig es ist, zwischen adaptiven und schädlichen epigenetischen Veränderungen in der Alternsforschung zu unterscheiden. Allerdings sind weitere Studien, insbesondere Studien mit verschiedenen Geweben, erforderlich, um diese Erkenntnisse zu erweitern und zu validieren.

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