Die drei A der Therapie |
Eine Mittelohrentzündung bedeutet heftige Ohrenschmerzen, schlaflose Nächte und oft eine länger anhaltende Hörminderung. / Foto: Getty Images/Image Source
Eine akute Mittelohrentzündung ist der häufigste Urheber von Ohrenschmerzen bei Kindern. Annähernd 70 Prozent erkranken bis zum sechsten Lebensjahr wenigstens einmal daran. Dass es hauptsächlich kleine Patienten sind, hat vor allem anatomische Gründe: Die Ohrtrompete, auch Eustachische Röhre genannt, ist im Kindesalter kürzer als bei Erwachsenen und verläuft horizontal. Zudem erkranken Kinder per se häufiger an Atemwegsinfektionen, und aufgrund der anatomischen Gegebenheiten manifestieren sich diese dann leichter am Ohr.
Ohrenschmerzen, besonders wenn sie von anderen Beschwerden begleitet werden, bedürfen immer der Abklärung durch den Arzt. Mittelohrentzündungen dürfen nicht in Eigenregie behandelt werden, auch wenn sie in vielen Fällen selbstlimitierend sind. Rein rechnerisch geht man von einer Selbstheilungsquote von 80 Prozent innerhalb von zwei bis sieben Tagen aus. Das pharmazeutische Personal sollte dennoch in jedem Fall zum Arztbesuch raten. Dieser erkennt bei der Otoskopie eine Otitis media an Veränderungen des Trommelfells. Es ist rosa verfärbt, und ein bestehender wässriger Erguss schimmert hindurch. Hat sich eitriges Sekret, ein Paukenerguss, gebildet, wölbt sich das Trommelfell vor.
Die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) empfiehlt bei einer unkomplizierten akuten Otitis media ohne eitrigem Erguss zunächst eine rein symptomatische Behandlung der Schmerzen. Die Strategie, den Krankheitsverlauf somit vorsichtig zu beobachten, sei für Kinder ohne Grunderkrankungen vertretbar, heißt es in der Leitlinie, die sich derzeit in Überarbeitung befindet. Es sei nur schwer vorhersehbar, ob und wie schnell die noch viral bedingte Entzündung einen bakteriellen Verlauf nimmt und damit Antibiotika indiziert seien.
Paracetamol und Ibuprofen nehmen schnell den oft unerträglichen Schmerz. Da Ibuprofen zusätzlich über eine antiphlogistische Wirkkomponente verfügt, wird es bei diesem Krankheitsbild häufiger eingesetzt. Für Kinder unter sechs Monaten ist nur Paracetamol zugelassen. Eine alternierende Gabe der beiden Arzneistoffe ist abzulehnen, zu hoch wäre das Risiko für mögliche Überdosierungen. Keine Empfehlung geben die Leitlinienautoren dem Einsatz topischer Analgetika oder Lokalanästhetika. Für ihren Nutzen fehlt die Evidenz. Abgesehen davon, dass sie die Beurteilung des Trommelfells erschweren, können sie dieses nicht durchdringen und das Mittelohr nicht erreichen.
Arzneimittel | Dosierung | |
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Paracetamol | maximal 60 mg/kg KG (=Körpergewicht)/Tag | entspricht drei- bis viermal 10 bis 15 mg/kg KG/Tag |
Ibuprofen | maximal 20 bis 30 mg/kg KG/Tag, verteilt auf drei bis vier Gaben pro Tag | |
1. Wahl: Amoxicillin (eventuell kombiniert mit Clavulansäure) | 50 mg/kg KG/Tag in zwei bis drei Einzeldosen, sieben Tage lang | |
2. Wahl: orales Cephalosporin der Gruppe 2, zum Beispiel Cefuroximaxetil | 20 bis 30 mg/kg KG/Tag für fünf bis zehn Tage | |
Bei Allergie gegen Penicilline oder Cephalosporine: Makrolide, zum Beispiel Erythromycin | 40 mg/kg KG/Tag über sieben Tage |
Neben den Analgetika empfehlen HNO-Ärzte zusätzlich a-Sympathomimetika in Form von Nasentropfen oder -sprays – auch wenn Studien bislang keinen Behandlungsvorteil dokumentieren konnten. Dadurch schwillt die Schleimhaut in der Nase und der Ohrtrompete ab. Sekret, das sich in der Paukenhöhle gebildet hat, kann dann besser abfließen. Die Belüftung des Mittelohrs wird verbessert, so die Theorie. Sinnvoll können Hausmittel wie Wärmebehandlungen mit Rotlicht, Kirschkernkissen oder Zwiebelsäckchen sein. Kinder empfinden sie häufig als angenehm.