Die besseren Patientinnen-Versteherinnen |
Annette Rößler |
23.04.2024 08:30 Uhr |
Frauen können besser kommunizieren als Männer – bloß ein Klischee? In einer Studie aus den USA waren jedenfalls die Outcomes von weiblichen Patienten besser, wenn sie von einer Ärztin behandelt wurden als von einem Arzt. / © Getty Images/TommL
In Deutschland gibt es seit geraumer Zeit einen klaren Trend zur Verweiblichung der Heilberufe. Während bei den Pharmaziestudierenden der Frauenanteil bereits Mitte der 1970er-Jahre die 50-Prozent-Grenze überschritten hatte, war es im Medizin- und Zahnmedizinstudium um die Jahrtausendwende soweit. Derzeit sind laut Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zwei Drittel der Studienanfänger im Fach Medizin Frauen und unter den niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten liegt der Frauenanteil bei 51,5 Prozent.
Aus Patientensicht ist diese Entwicklung zu begrüßen, denn offenbar sind Frauen verglichen mit Männern die etwas besseren Ärzte – zumindest laut einer Beobachtungsstudie, deren Ergebnisse jetzt im Fachjournal »Annals of Internal Medicine« erschienen sind. Ausgehend von früheren Studien, die bereits Vorteile für die behandelten Patienten bei der Betreuung durch weibliche Ärzte gezeigt hatten, überprüfte ein Team um Professor Dr. Atsushi Miyawaki von der Universität Tokio dies nun und untersuchte gleichzeitig, ob dabei auch das Geschlecht des Patienten eine Rolle spielt.
Für ihre Analyse nutzten die Forschenden Versichertendaten von Medicare, der öffentlichen Krankenversicherung für alle Menschen ab 65 Jahren in den USA. Der Datensatz umfasste eine Zufallsstichprobe von 20 Prozent derjenigen Versicherten, die zwischen 2016 und 2019 wegen akuter Beschwerden in ein Krankenhaus aufgenommen worden waren. Dies waren 485.108 Frauen und 318.819 Männer, deren 30-Tage-Mortalität und Wiederaufnahmerate ins Krankenhaus abhängig vom Geschlecht des erstbehandelnden Arztes in der Klinik miteinander verglichen wurden.
Anders als bei den Patienten waren Frauen bei den Ärzten in der Minderheit: Von den Patientinnen wurden lediglich 31,1 Prozent von einer Ärztin behandelt und von den Patienten 30,6 Prozent. Diese hatten insgesamt eine niedrigere 30-Tage-Mortalität und mussten seltener erneut ins Krankenhaus aufgenommen werden als jene, die von einem männlichen Arzt behandelt worden waren. Allerdings waren die Unterschiede nur bei den weiblichen Patienten klinisch bedeutsam. So betrug die 30-Tage-Mortalität bei der Kombination Patientin/Ärztin 8,15 Prozent versus 8,38 Prozent bei der Kombination Patientin/Arzt; bei der Kombination Patient/Ärztin waren es 10,15 Prozent versus 10,23 Prozent bei der Kombination Patient/Arzt.
Obwohl es sich hierbei nur um Unterschiede im Nachkommabereich handelt, sind sie aus Sicht der Autoren durchaus relevant. In absoluten Zahlen bedeute es, dass von 417 akut ins Krankenhaus aufgenommenen weiblichen Medicare-Versicherten eine mehr versterbe, wenn sie statt von einer Ärztin von einem Arzt behandelt werde. Und eine von 208 Versicherten müsse aus diesem Grund erneut ins Krankenhaus aufgenommen werden.
Weil sie mit ihrem Studiendesign mögliche Verzerrungen, etwa durch eine bewusste Arztwahl, weitestgehend ausschließen konnten, halten die Forschenden ihre Ergebnisse für robust. Sie seien aber, da die Patienten allesamt mindestens 65 Jahre alt waren, nicht auf jüngere Populationen übertragbar. Auch für den ambulanten Bereich, eine Behandlung durch spezialisierte Ärzte und – wie man als deutscher Leser der Studie ergänzen muss – andere Länder müssen diese Beobachtungen nicht zwangsläufig zutreffen.
Sie decken sich aber mit den Ergebnissen früherer Studien und es gibt plausible Erklärungen dafür, dass der Unterschied tatsächlich vorhanden ist. Drei nennen die Autoren: