Die Akte X unseres Genoms |
Christina Hohmann-Jeddi |
18.08.2023 11:00 Uhr |
Tausende Gene des menschlichen Genoms sind zwar entschlüsselt, die Funktion ihrer Produkte, also Proteine, jedoch noch ungeklärt. In einer neuen Datenbank sind sie ja nach Grad der Unerforschtheit gelistet. / Foto: Adobe Stock/Sergey Nivens
Die Gene im Erbgut des Menschen codieren für etwa 20.000 Proteine – viele von ihnen sind noch unzureichend charakterisiert. Um dies zu ändern entwickelten Professor Dr. Matthew Freeman von der Dunn School of Pathology der Universität Oxford und Professor Dr. Sean Munro vom MRC Laboratory of Molecular Biology in Cambridge die öffentlich zugängliche Datenbank mit dem Titel »Unknome« (www.unknome.org), angelehnt an das Englische »unknown« für unbekannt. In ihr sind Proteine danach eingestuft, wie wenig über sie bekannt ist. Die Datenbank stellt das Team um Erstautor João J. Rocha jetzt im Fachjournal »PLOS Biology« vor.
Im Jahr 2001 wurde der erste Entwurf des menschlichen Genoms als Basensequenz veröffentlicht. Seitdem wurden viele Gene und die von ihnen codierten Proteine erforscht und ihre Funktion aufgeklärt. Trotz dieser mehr als 20 Jahre währenden Forschungsarbeit sei zu Tausenden von Proteinen noch gar nichts oder wenig bekannt, heißt es in einer Mitteilung des Journals zu der Publikation.
Dies habe verschiedene Gründe: Zum einen fokussiere die Forschung häufig auf bereits bekannte Ziele, zum anderen gebe es wenige Techniken, um Genfunktionen aufzuklären. Den Autoren zufolge sei es aber riskant, diese Proteine zu ignorieren, da einige von ihnen eine wichtige Rolle bei kritischen Zellprozessen spielen und auch Angriffspunkte für therapeutische Maßnahmen bieten könnten.
Das Team selbst geht mit gutem Beispiel voran: Es wählte 260 Gene der Fruchtfliege Drosophila melanogaster aus, die auch beim Menschen vorkommen, und die bei beiden Spezies weitestgehend unerforscht waren. Das komplette Ausschalten führte bei einigen Genen zu einem Verlust der Lebensfähigkeit. Insgesamt zeigten partielle Knockouts und funktionelles Screening, dass die meisten Gene zu wichtigen zellulären Funktionen beitragen, einschließlich der Entwicklung, Fertilität, Fortbewegung und der Widerstandsfähigkeit gegenüber Stress.
»Unsere Datenbank bietet eine leistungsstarke, vielseitige und effiziente Plattform, um wichtige Gene mit unbekannter Funktion zu identifizieren und für die Analyse auszuwählen, wodurch die Schließung der Lücke im biologischen Wissen, die das Unknome darstellt, beschleunigt wird«, erklärt Munro.