Diabetes aus der Dose |
Sven Siebenand |
26.05.2021 11:30 Uhr |
Ein Beispiel für einen endokrinen Disruptor ist Bisphenol A, das leicht estrogenähnliche Eigenschaften hat. Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2018 hat gezeigt, dass die Exposition gegenüber der Substanz mit dem Typ-2-Diabetesrisiko beim Menschen assoziiert ist. Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass Bisphenol A die Betazellfunktion direkt schädigen kann, aber auch eine Insulinresistenz verursachen kann und es zur Zunahme des Fettgewebes kommt. Ferner wird von der Zunahme von Entzündungsmarkern und oxidativem Stress berichtet.
»Diese Industriechemikalie wird auch in Deutschland noch tonnenweise genutzt für die Herstellung von Kunststoffen oder Kunstharzen«, kritisierte Rathmann. Hauptexpositionsquelle seien Konserven. Bisphenol A findet sich oft in Kunststoffen, mit denen Konservendosen ausgekleidet werden. Während das in Frankreich seit einigen Jahren strikt verboten ist, gilt in Deutschland ein Grenzwert für Bisphenol A, der nicht überschritten werden darf. Rathmann riet jedoch dazu, den Gebrauch von Konserven ganz zu meiden, wenn Kunststoffe mit Bisphenol A für die Innenbeschichtung herhalten mussten. Das gelte insbesondere in der Schwangerschaft.
Unter anderen im EU-Forschungsprojekt EDCMET (Metabolic effects of Endocrine Disrupting Chemicals: novel testing METhods and adverse outcome pathways) wird die Wirkung von endokrinen Disruptoren auf den Stoffwechsel derzeit untersucht. Anfang 2019 fiel der Startschuss. Das Projekt hat zum Ziel, Methoden zu entwickeln, mit denen man chemische Verbindungen identifizieren kann, die Stoffwechselprozesse im Körper stören. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist an EDCMET beteiligt. Innerhalb des Projekts werden Forschende des BfR mit Zellkultursystemen und am Tiermodell untersuchen, wie Chemikalien auf den Fett- und Energiestoffwechsel in Leberzellen wirken.