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Diabetes als Risikofaktor für Krebs

Typ-2-Diabetiker sind häufig übergewichtig oder fettleibig und haben dadurch ein erhöhtes Risiko für bestimmte Krebsarten. Doch auch der Diabetes selbst kann das Krebsrisiko erhöhen, wie kürzlich beim Krebskongress in Berlin deutlich wurde.
Annette Rößler
25.11.2022  16:30 Uhr

»Krebs gewinnt für Menschen mit Diabetes zunehmend an Bedeutung, denn Krebs ist mittlerweile die häufigste Todesursache bei Diabetikern«, sagte Professor Dr. Stephan Herzig, Wissenschaftlicher Leiter des Helmholtz Diabetes Centers am Helmholtz Zentrum München, kürzlich beim Deutschen Krebskongress in Berlin. Dagegen gingen die Mortalitätsraten aufgrund von kardiovaskulären Erkrankungen zurück.

Wenn vom Zusammenhang zwischen Diabetes und Krebs die Rede ist, geht es vor allem um Typ-2-Diabetes, denn dieser macht in Deutschland etwa 90 bis 95 Prozent der Diabetesfälle aus. Da Typ-2-Diabetes anders als Typ-1-Diabetes keine Autoimmunerkrankung ist, sondern lebensstilbedingt, sind weitere Komorbiditäten zu beachten, die auch mit eben diesem Lebensstil zusammenhängen. Allen voran ist da ein erhöhtes Körpergewicht zu nennen, das unter anderem mit Darm-, Brust- und Leberkrebs in einem mittlerweile gesicherten Zusammenhang steht.

»Dass auch Diabetes selbst einen Risikofaktor für bestimmte Krebsarten darstellt, kann zunehmend als gesichert gelten«, so Herzig. Vor allem das Risiko für Brust- und Endometriumkrebs sowie für Darmkrebs sei bei Diabetikern erhöht. Laut einer 2018 im Fachjournal »The Lancet Diabetes & Endocrinology« erschienenen Untersuchung gelte dies auch für Tumoren der Leber, der Gallenblase und der Bauchspeicheldrüse (DOI: 10.1016/S2213-8587(18)30150-5).

Bei diesen Diabetes-assoziierten Krebsarten sei der Analyse zufolge bereits in den Jahren 1980 bis 2002 ein Viertel (25,8 Prozent) der Neuerkrankungen dem Anstieg der Diabetesprävalenz zuzuschreiben gewesen. Seitdem hat die Häufigkeit von Diabetes noch zugenommen auf aktuell 7,2 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland. »Das bedeutet für die Zukunft, dass Tumorarten, die momentan noch selten sind, häufiger werden könnten«, sagte Herzig.

Insulin, Glucose und weitere Faktoren

Wie lässt sich der Zusammenhang zwischen Krebs und Diabetes pathophysiologisch erklären? Eine Rolle spielt sicherlich die Hyperinsulinämie bei Typ-2-Diabetes, denn Insulin ist ein Wachstumsfaktor. Wie genau das Hormon das Wachstum von Tumoren begünstigen könne beziehungsweise wie es womöglich auch die Wirksamkeit einer Krebstherapie beeinflusse, sei aber kompliziert, erklärte Herzig. So habe seine Arbeitsgruppe erst kürzlich im Fachjournal »Advanced Science« Ergebnisse publiziert, wonach die Wirksamkeit der neuen, noch experimentellen Antitumor-Wirkstoffklasse der Trip13-Inhibitoren und auch die des Spindelgifts Paclitaxel unter anderem insulinabhängig sei (DOI: 10.1002/advs.202104291).

Auch hohe Blutglucosespiegel können zum Krebswachstum beitragen, denn Tumorzellen verbrauchen mehr Glucose als normale Körperzellen – ein Phänomen, das auch als »Cancer Fuelling« bezeichnet wird. 2018 konnte etwa für Leukämiezellen gezeigt werden, dass diese eine Insulinresistenz im ganzen Körper induzieren, um in der Folge mehr Glucose für ihr eigenes Wachstum zur Verfügung zu haben (»Cancer Cell«, DOI: 10.1016/j.ccell.2018.08.016).

Metabolite, die bei anhaltend hohem Blutglucosespiegel gebildet werden, könnten ebenfalls eine Wirkung auf Krebszellen haben, so Herzig. »Wahrscheinlich sind diese Metabolite sogar relevanter als der Zucker selbst«, lautete seine Einschätzung.

Noch viele Fragen zu klären

Betrachtet man weitere für die Krebsentstehung beziehungsweise das Tumorwachstum potenziell bedeutsame Biomarker wie den Insulin-like Growth Factor 1 (IGF-1), Leptin, Adiponectin, den Tumornekrosefaktor-α und Interleukin-6, wird deutlich, dass sich Diabetes und Adipositas/metabolisches Syndrom als Risikofaktoren für Krebs letztlich aber kaum auseinanderdividieren lassen. Zudem ist »Krebs« ja auch keine einheitliche Krankheit, sondern es gibt viele verschiedene Krebsarten, auf die sich unterschiedliche Faktoren begünstigend beziehungsweise hemmend auswirken können.

»Wahrscheinlich muss man jede Tumorentität einzeln betrachten, um zu verstehen, was im Einzelfall der Treiber ist und wie sich Diabetes beziehungsweise Adipositas genau auswirken«, sagte Herzig. Auf diesem Gebiet sei in den kommenden Jahren noch viel Grundlagenforschung zu leisten.

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