Deutschland vor dem Zuckerschock |
Sven Siebenand |
24.05.2021 14:00 Uhr |
Wie wichtig das ist, machte DDG-Geschäftsführerin Barbara Bitzer bei einer Pressekonferenz anlässlich des Diabetes-Kongresses deutlich. »Kinder sind täglich einer Vielzahl von Werbeeinflüssen ausgesetzt«, sagte Bitzer. So sieht jedes mediennutzende Kind zwischen drei und 13 Jahren pro Tag durchschnittlich mehr als 15 Werbungen für ungesunde Lebensmittel, nannte die Apothekerin ein Ergebnis einer Studie. Nicht nur im Fernsehen würden dabei Versuchungen geschürt, auch der Einfluss von sozialen Netzwerken und Onlineplattformen sei groß und wachse zunehmend. Als Beispiel nannte Bitzer sogenannte »Unboxing-Videos«, in denen ungesunde Lebensmittel von Influencern vor der Kamera ausgepackt, getestet und empfohlen werden. »Studien belegen eindeutig, dass Werbung Kinder dazu animiert, deutlich mehr Kalorien zu sich zu nehmen als notwendig.« Bereits heute sei jedes siebte Kind zu dick. Bitzers Schluss: »Ein Verbot von an Kinder gerichteter Werbung für ungesunde Lebensmittel ist längst überfällig.« Auf das Einsehen der Lebensmittelindustrie und eine freiwillige Selbstverpflichtung dürfe man nicht zählen. Mit einem gesetzlichen und bundeseinheitlichen Werbeverbot für ungesunde Produkte könne man jedoch einen wichtigen Meilenstein setzen.
Bitzer räumte ein, dass ein Werbeverbot allein nicht ausreichen wird, um Adipositas und Typ-2-Diabetes in den Griff zu bekommen. Die Politik sei in der Pflicht, ein Umfeld zu schaffen, das es Kindern leichter macht, sich gesund zu ernähren und mehr zu bewegen. Dazu brauche es ein Bündel an Maßnahmen, wie sie unter anderem auch die WHO seit Langem empfiehlt und deren Wirkung wissenschaftlich belegt sind. Dazu zählt ein verpflichtender Nutri-Score, eine nach Nährwerten gestaffelte Mehrwertsteuer, die Pflicht einer mindestens einstündigen Bewegung am Tag in Schule und Kita und eine verbindliche Umsetzung der Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für die Kita- und Schulverpflegung.