Deutsche wohl weit von »Planetary Health Diet« entfernt |
Carolin Lang |
27.05.2022 09:00 Uhr |
Gemüse landet bei den Deutschen seltener im Einkaufswagen, als es eine Ernährung nach den Empfehlungen der »Planetary Health Diet« vorsieht. / Foto: Getty Images/Oscar Wong
Eine Ernährungsweise, die sowohl die Gesundheit der Menschen als auch den Planeten Erde gleichermaßen schützt, beschreibt die sogenannte Planetary Health Diet. Entwickelt wurde sie im Jahr 2019 von einer Kommission internationaler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Disziplinen.
Eine Ernährungsweise nach der Planetary Health Diet (PHD) zeichnet sich durch reichlich Obst und Gemüse, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse und ungesättigte Fettsäuren aus. Ergänzt wird sie durch moderate Mengen an Fisch, Meeresfrüchten und Geflügel. Stärkereiche Gemüsearten wie Kartoffeln, Milchprodukte, rotes Fleisch, Zucker und gesättigte Fettsäuren spielen hingegen keine beziehungsweise nur eine untergeordnete Rolle. Laut der DGE ist die PHD als globales Ernährungskonzept zu verstehen, um die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050 unter Einhaltung planetarer Grenzen ernähren zu können. Sie verfolge das Ziel, sowohl den Energie- und Nährstoffbedarf zu decken, aber auch ernährungsmitbedingte Krankheiten und die Gesamtsterblichkeit zu reduzieren.
In der Fachzeitschrift »Ernährungsumschau« stellt die DGE nun die vorgeschlagenen Lebensmittelmengen der PHD den lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen der DGE gegenüber. Letztere seien auf die Ernährungsgewohnheiten, die lokale Lebensmittelproduktion und kulturellen Gegebenheiten in Deutschland abgestimmt und sollen die Bevölkerung mit allen Nährstoffen gesundheitsfördernd und bedarfsgerecht ernähren, heißt es dazu kürzlich in einer Mitteilung der DGE. Trotz unterschiedlicher Zielsetzungen hätten beide Ernährungsweisen grundsätzlich »vieles gemeinsam und bieten Spielraum für individuelle, flexible Anpassungen.«
Beide seien pflanzenbetont und bevorzugten Vollkornprodukte sowie Öle mit ungesättigten Fettsäuren, während sie den Verzehr tierischer und hoch verarbeiteter Lebensmittel sowie gesättigter Fettsäuren und Zucker eher einschränkten. Auch in puncto Gemüse und Obst, Fleisch, Fisch und Eiern seien die Lebensmittelmengen der PHD und die Orientierungswerte der DGE sehr ähnlich, heißt es weiter.
»Wesentliche Unterschiede zeigen sich aus der globalen versus deutschlandspezifischen Betrachtung und bei der Ableitung der Lebensmittelmengen, vor allem bei Milch und Milchprodukten«, sagt Professor Dr. Bernhard Watzl, Vizepräsident der DGE und Vorsitzender der DGE-Arbeitsgruppe lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen.
Die Planetary Health Diet empfiehlt maximal 500 g Milchäquivalente pro Tag; dabei werden Milchprodukte in die zu ihrer Herstellung verwendete Milch umgerechnet. Für die Orientierungswerte der DGE ergebe sich umgerechnet in Milchäquivalente eine Spanne von 596 bis 728 g/Tag, damit lägen sie deutlich höher als die der PHD, teilt die DHG mit und führt die Diskrepanz in erster Linie auf die Verwendung unterschiedlicher Grundlagen für eine adäquate Calciumzufuhr zurück: Die PHD nehme hierfür eine wesentlich geringe Menge als die Referenzwerte der D-A-CH-Gesellschaften oder der Weltgesundheitsorganisation an.
»Besonders kritisch ist dies für die Gruppe der Kinder und Jugendlichen, da diese einen höheren Calciumbedarf zum Aufbau einer optimalen Knochendichte als Erwachsene haben«, meint die Fachgesellschaft.
»Die verzehrten Lebensmittelmengen in Deutschland weichen erheblich von den Angaben der beiden Ernährungsempfehlungen ab«, berichtet die DGE weiter. Daten der Nationalen Verzehrsstudie II würden zeigen, dass es bei der Ernährungsweise insgesamt Optimierungsbedarf gebe. »Die Zufuhr von Gemüse, Fisch und Öl liegt deutlich unter den Orientierungswerten der DGE sowie den Empfehlungen der Planetary Health Diet, während bei Fleisch, vor allem rotem Fleisch sowie Zucker die Zufuhr deutlich höher ist.«
Die Ernährungswirklichkeit in Deutschland stehe damit im deutlichen Kontrast zu den beiden Ernährungsempfehlungen. Dieser Aspekt stelle die zentrale Herausforderung für die Umsetzung einer gesundheitsfördernden und nachhaltigeren Ernährung dar, resümiert die DGE.