Deucravacitinib als Option bei Plaque-Psoriasis |
Sven Siebenand |
03.05.2023 07:00 Uhr |
Die Psoriasis vulgaris oder Plaque-Psoriasis ist die häufigste Form der Schuppenflechte. / Foto: Adobe Stock/Denis Klimov
Psoriasis vulgaris, auch Plaque-Psoriasis genannt, ist gekennzeichnet durch ausgeprägte runde oder ovale Hautläsionen, typischerweise bedeckt mit silbrig-weißen Schuppen. Aktivierte dendritische Zellen in der chronisch entzündeten Haut setzen das Interleukin (IL)-23 frei. Dieses bindet an den Zytokinrezeptor auf CD4+-T-Zellen und initiiert deren Differenzierung zu reifen Typ-17-T-Helferzellen (Th17-Zellen), die wiederum proinflammatorische Zytokine wie IL-17 ausschütten und dadurch Neutrophile aktivieren und die Proliferation von Keratinozyten induzieren. Es kommt zur epidermalen Hyperplasie und Entzündungsprozessen, welche erneut dendritische Zellen aktivieren, was zu einer weiteren IL-23 Freisetzung führt – ein Zyklus der chronischen Entzündung entsteht.
Zur Behandlung stehen topische, orale und biologische Therapien zur Verfügung. Nun ist ein weiteres Medikament hinzugekommen: Deucravacitinib (Sotyktu® 6 mg Filmtabletten, BMS). Es wirkt der beschriebenen Weiterleitung des durch IL-23 ausgelösten Signals und damit der Differenzierung von CD4+-T-Zellen zu Th17-Zellen entgegen.
Bei Deucravacitinib handelt es sich um einen Januskinase-Hemmer (JAK-Hemmer), allerdings gibt es wichtige Unterschiede zu anderen Substanzen dieser Arzneistoffklasse. Während bisher bekannte JAK-Inhibitoren am hochkonservierten aktiven Zentrum der Januskinasen angreifen (kompetitive Hemmung), bindet Deucravacitinib selektiv an die regulatorische Domäne der Tyrosinkinase-2 (TYK2), die ebenfalls zur JAK-Familie gehört, und stabilisiert diese, wodurch der inaktive Zustand des Enzyms fixiert wird. Dies führt zu einer allosterischen Hemmung der TYK2-Aktivität nach der rezeptorvermittelten Aktivierung unter anderem durch IL-23.
Wichtig: Deucravacitinib ist selektiv gegen TYK2 gerichtet. Denn deren regulatorische Domäne unterscheidet sich strukturell von den regulatorischen Domänen der JAK 1, 2 und 3. In therapeutischen Dosen hemmt Deucravacitinib daher JAK 1, 2 und 3 nicht.
Das »Deu« im Namen des Wirkstoffs weist auf eine Besonderheit hin: auf Deuterium, ein natürliches Isotop des Wasserstoffs, das oft auch als »schwerer« Wasserstoff bezeichnet wird. Deucravacitinib ist der erste zugelassene de novo deuterierte Wirkstoff. Im Molekül ist eine vollständig deuterierte Methylamidgruppe vorhanden. Dieses Amid wird in vivo wesentlich langsamer demethyliert als ein Amid mit »normalem« Wasserstoff. Dieser Aspekt ist wichtig, denn das demethylierte Molekül verliert seine Selektivität für TYK2 und kann auch andere JAK hemmen. Untersuchungen bei Mäusen zeigten etwa, dass das nicht deuterierte Analogon des Arzneimittels zu etwa 3 Prozent in den nicht selektiven Metaboliten umgewandelt wurde. Erhielten die Tiere aber die deuterierte Verbindung, war der nicht selektive Metabolit nicht detektierbar.
Zugelassen ist der neue Wirkstoff zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis bei Erwachsenen, die für eine systemische Therapie infrage kommen. Sind nach 24-wöchiger Therapie keine Anzeichen für einen therapeutischen Nutzen vorhanden, sollte ein Abbruch der Behandlung in Erwägung gezogen werden.
Die empfohlene orale Dosis beträgt 6 mg einmal täglich. Die Tabletten können unabhängig von einer Mahlzeit geschluckt werden. Bei schwerer Leberfunktionsstörung wird die Gabe von Deucravacitinib nicht empfohlen. Der Einsatz bei Menschen in einem Alter ab 75 Jahren sollte nur mit Vorsicht erfolgen.