Auch Erkrankungen, die auf den ersten Blick keinen Zusammenhang mit der Stimme zu haben scheinen, lassen sich mit einer solchen KI überwachen. Eine davon ist die Herzinsuffizienz. Sie erforscht aktuell ein Ärzteteam um Privatdozent Dr. Felix Hohendanner am Deutschen Herzzentrum der Charité in Berlin in Kooperation mit der US-amerikanischen Mayo Clinic in Rochester in einer Studie namens VAMP-HF (AI-Based Voice Analysis for Monitoring Patients Hospitalized with Acute Decompensated Heart Failure).
Bei einer Herzinsuffizienz nimmt insgesamt die Pumpleistung des Organs und damit das Herzzeitvolumen ab. Dadurch kommt es zu einem Blutstau vor dem Herzen sowie über verschiedene Rückkopplungsmechanismen zu einer Abnahme der Nierenfunktion und somit der Wasserausscheidung. Es lagert sich im gesamten Körper Wasser ein. Diese Einlagerungen betreffen unter anderem die Extremitäten, aber auch die Lunge und Stimmbänder. Dadurch verändert sich die Stimme der Patienten. Sie bildet sich entsprechend zurück, wenn die Therapie mit Diuretika anspricht.
Dr. Chong Bin Lee (Mitte) und Emanuel Heil nehmen bei einem Patienten mit Herzinsuffizienz eine Stimmprobe auf. / Foto: DHZC/Maier
»Der klinische Standard zur Erfassung einer Wassereinlagerung oder einer erfolgreichen diuretischen Therapie ist unter anderem das Körpergewicht«, erläutert Dr. Chong Bin Lee, Kardiologe und Mitglied des Studienteams, gegenüber der PZ. »Jedoch fällt das tägliche Wiegen unserer meist älteren Patienten in ihrem eigenen Heim sehr schwer und die Ergebnisse können oft von diesen nicht richtig interpretiert werden.« Auch eine schnelle Gewichtszunahme werde von ihnen häufig allein mit der Nahrungsaufnahme verbunden.
»Das Ziel unserer Studie ist es, täglich bei solchen Patienten Stimmaufnahmen zu sammeln«, erklärt Lee weiter. »Mit diesen Daten kann die künstliche Intelligenz in der Zukunft eine akute Herzinsuffizienz voraussagen.« Ein KI-basiertes Programm, das anhand der Stimmen eine drohende Dekompensation voraussagen könnte, würde den Patienten sehr helfen, um zu verhindern, dass diese mit akuter Luftnot und schweren Wassereinlagerungen in ein Krankenhaus eingeliefert werden müssten. »Noch zu Hause könnte in einer frühen Phase in ärztlicher Rücksprache zum Beispiel die orale diuretische Therapie angepasst werden und so eine schwere Volumenüberladung verhindert werden.« Es hätten bereits etwa 75 Prozent der anvisierten Teilnehmenden rekrutiert werden können, so Lee. Erste Studienergebnisse würden im Jahr 2025 erwartet.