Den Bedürfnissen der Gesellschaft gerecht werden |
Der neue Vorstand der Bundesapothekerkammer bei einer berufspolitischen Veranstaltung in Schladming: Hannes Müller, Ina Lucas, Armin Hoffmann, Franziska Scharpf und Maike Fedders (von links). / © PZ/Alois Müller
Wie sieht die Apotheke der Zukunft aus? In welche Richtung könnten sich die Vor-Ort-Apotheken weiterentwickeln? Hannes Müller, Apotheker aus Haltern am See, vertrat die Auffassung, dass diese Fragen mit Blick auf den Bedarf der Gesellschaft beantwortet werden sollten. Ob demografische Entwicklung oder zunehmender Hausärztemangel: Es tun sich mehrere Tätigkeitsfelder für Vor-Ort-Apotheken in der Zukunft auf. Dazu gehört laut Müller auch die Adhärenz-Förderung. Schließlich entstünden riesige Kosten durch Non-Adhärenz.
Müller informierte über den sogenannten New Medicine Service in Großbritannien. Dabei bringen sich die Apotheken bei der Neuverordnung einer Dauermedikation mit mehreren Beratungsgesprächen in Sachen Adhärenz-Förderung ein – erfolgreich. Non-Adhärenz konnte demnach um circa 10 Prozent gesenkt werden. Müller: »Das Ganze ist auch kosteneffektiv. Die Einsparungen für das Gesundheitswesen sind größer als die Kosten, die für die Honorierung der Apotheken entstehen.«
Ebenfalls im Ausland schon erfolgreich im Einsatz sind Point-of-Care-Testungen in der Apotheke, zum Beispiel ein Streptokokken-Test, der wenn er positiv ausfällt zum Arztbesuch führt – oder direkt zur Abgabe eines mit der Ärzteschaft vereinbarten Antibiotikums.
Eine Umfrage bei der Veranstaltung, die PZ-Chefredakteur Alexander Müller moderierte, zeigte, dass sich der Großteil der Abstimmenden solche Point-of-Care-Tests in der Apotheke gut vorstellen kann, ebenso den New Medicine Service, weitere Impfungen oder Wiederholungsverordnungen.
BAK-Präsident Armin Hoffmann freute sich über dieses Ergebnis und wertet es als sehr gutes Zeichen. »Der Berufsstand muss sich weiterentwickeln und dieses Resultat zeigt auch, dass wir moderner werden wollen«, so der Apotheker aus Leverkusen. »Wir wollen in den kommenden Jahren unsere pharmazeutischen Angebote bekannter machen und massiv nach vorne bringen«, versprach Hoffmann. Das werde auch den Berufsstand erheblich voranbringen. Zudem betonte er, dass es natürlich auch eine entsprechende Erhöhung der Honorierung braucht, die es wieder möglich macht, neue Aufgaben zu übernehmen.
BAK-Präsident Armin Hoffmann trat in den Austausch mit den teilnehmenden Kolleginnen und Kollegen. / © PZ/Alois Müller
Eine andere Abfrage bei der Veranstaltung zeigte, dass einige Apotheken noch gar keine der honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen anbieten. Insbesondere Personalmangel und bürokratischer Aufwand sind offenbar wichtige Gründe dafür. BAK-Vizepräsidentin Franziska Scharpf aus Sonthofen zeigte dafür Verständnis und riet dazu, Digitalisierungstools zu prüfen, die bei der Implementierung der honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen Unterstützung bieten können.
Ina Lucas, Apothekerin aus Berlin und ABDA-Vizepräsidentin, riet aus eigener Erfahrung dazu, das gesamte Apothekenteam auf dem Weg zur pharmazeutischen Dienstleistung »mitzunehmen«, gemeinsam zu überlegen, wie man startet und was es dafür braucht, damit es wirtschaftlich wird. »Am besten man sucht sich eine der Dienstleistungen aus und beginnt mit dieser.« Müller empfahl dafür die Inhalativa-Schulung, weil sie zum einen aufgrund der fehlerhaften Anwendung der Devices bei vielen Patienten »so unfassbar wichtig« sei, der bürokratische Aufwand dafür aber überschaubar hoch.
Lucas betonte zudem, dass die pharmazeutischen Dienstleistungen auch eine große Chance seien, den Beruf attraktiver zu machen, was sich wiederum positiv auf die Nachwuchsgewinnung auswirken werde. Dem konnte Maike Fedders, Krankenhausapothekerin aus Leipzig, aus eigener Erfahrung nur zustimmen. »Die PhiP bei uns auf Station wollen Medikationsmanagement unbedingt machen, man muss sie fast stoppen«, berichtete sie.
Die Krankenhausapotheke am Klinikum Leipzig habe zudem strukturierte Schulungsprogramme für die PhiP eingeführt. »Unsere Praktikanten starten gut gerüstet ins Berufsleben und auf beiden Seiten ist die Zufriedenheit gestiegen.« Die Krankenhausapothekerin berichtete zudem über positive Erfahrungen mit der Zusammenarbeit zwischen den Heilberuflern. Dies sei jedoch kein Selbstläufer: »Man muss es sich erarbeiten.«
Aus dem Auditorium kamen bei der Veranstaltung viele Fragen, Kommentare und Anregungen. / © PZ/Alois Müller
Um die Vor-Ort-Apotheke als Arbeitsplatz für den Nachwuchs wieder attraktiver zu machen, sind auch flexiblere Arbeitszeiten ein Faktor. »In diesem Punkt müssten sich auch die Apothekenleiter ein Stück bewegen«, forderte Hoffmann. Stichwort Bewegung: In Sachen Novellierung der Approbationsordnung kritisierte er, dass das Bundesgesundheitsministerium dieses Vorhaben zuletzt massiv gebremst und andere Projekte priorisiert hatte. »Hier muss es nun zügig vorangehen«, forderte der BAK-Präsident. Schließlich vergingen ohnehin noch Jahre, bis dann endlich die ersten Abschlüsse im Fach Pharmazie nach der neuen Approbationsordnung gemacht würden.
Der BAK-Präsident betonte zudem, wie wichtig es sei, digitale Werkzeuge zu nutzen. Eine Abstimmung bei der Veranstaltung ergab, dass das in der Tat schon viele tun, etwa bei der Bestellung von Arzneimitteln oder bei der Abwicklung bürokratischer Notwendigkeiten. »Das ist genau das, was ich mir wünsche«, sagte Hoffmann. Durch effizienteren Einsatz müssten Freiräume geschaffen werden, in denen sich das pharmazeutische Personal wieder mehr um den Patienten kümmern kann. »Uns muss mehr Zeit für die Tätigkeit als Heilberufler bleiben«, forderte Hoffmann. Unisono konnten dem die Kolleginnen und Kollegen im BAK-Vorstand zustimmen. Müller brachte den Win-Win-Effekt auf den Punkt: »Die Arbeit nahe an den Patienten nützt ihnen, gefällt uns und immunisiert uns gegen die Versandapotheken.«