Rheuma-Plage bei Kindern |
20.01.2003 00:00 Uhr |
»Auch Kinder können Rheuma haben«, sagte Dr. Hartmut Michels von der Rheumaklinik für Kinder und Jugendliche in Garmisch-Partenkirchen. »Dies ist vielen, zum Teil selbst Ärzten, nicht bewusst.« Da Kinder ihre Entwicklung noch nicht abgeschlossen haben, unterscheiden sich die Krankheitsbilder von denen der Erwachsenen. Häufig ist das Wachstum gestört; außerdem kann neben den Gelenken eine ganze Reihe weiterer Organe wie Haut, Augen, Herz, Lunge, Nieren und Gehirn betroffen sein.
Relativ glimpflich verläuft die als »Hüftschnupfen« bezeichnete Coxitis fugax, erklärte der Referent. Diese Hüftgelenkentzündung unbekannter Ursache hält über zwei bis drei Wochen an und heilt meist ohne bleibende Schäden ab.
Sehr viel gravierendere Folgen kann dagegen die juvenile chronische Arthritis (JCA) haben, die die häufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung im Kindes- und Jugendalter darstellt. »Von 2000 Kindern ist eines betroffen; in Deutschland gibt es rund 8000 Patienten.« Nach dem Verlauf der ersten Erkrankungsmonate und der Anzahl der betroffenen Gelenke unterscheiden die Ärzte verschiedene Formen: Oligoarthritis Typ I und II, Rheumafaktor-negative und Rheumafaktor-positive Polyarthritis sowie die systemische juvenile chronische Arthritis.
Eine gefürchtete Begleiterscheinung der Oligoarthritis Typ I ist die chronische Entzündung der Regenbogenhaut. Früher erblindeten etwa 20 Prozent der Patienten an der Komplikation, die sich erst relativ spät bemerkbar macht. Heute ist sie dank regelmäßiger augenärztlicher Kontrollen und rechtzeitiger Therapie mit Glucocorticoid-Augentropfen selten.
»Eine ursächliche Therapie der juvenilen chronischen Arthritis existiert nicht«, sagte Michels. Die Behandlung umfasst neben einer Arzneimitteltherapie die psychosoziale Betreuung sowie Physio- und Ergotherapie. Goldstandard der medikamentösen Therapie ist Methotrexat. Aber auch andere Immunsuppressiva wie Ciclosporin A und Azathioprin sowie Basistherapeutika (Hydroxychloroquin, Sulfasalazin oder Gold) kommen zum Einsatz. Nicht steroidale Antirheumatika werden vor allem in Saft- und Tropfenform verwendet, da sich diese Arzneiformen genauer dosieren lassen.
Seit 2000 steht für Kinder auch Etanercept zur Verfügung. Von den Basistherapeutika sind in Deutschland nur Hydroxychloroquin und Goldverbindungen (Natrium-Aurothiomalat) für die kleinen Patienten zugelassen, nicht jedoch der Goldstandard Methotrexat sowie die anderen Immunsuppressiva. Glucocorticoide werden vor allem lokal am Auge, bei schweren Verläufen auch systemisch eingesetzt.
Als weitere rheumatoide Erkrankung im Kindesalter nannte der Referent Kollagenosen. Diese Systemerkrankungen unbekannter Ursache manifestieren sich an der Haut und mit Gelenkentzündungen. In Deutschland sind etwa 1000 Kinder betroffen. Wichtigste Formen sind der systemische Lupus erythematodes, die Dermatomyositis und die Sklerodermie. Eine frühe Diagnose ist wichtig, um durch eine rechtzeitige Therapie Organschäden zu vermeiden, die bei fünf bis zehn Prozent der Patienten zum Tod führen.
Auch die verschiedenen Formen der Vaskulitiden, die durch Entzündungen der Gefäße gekennzeichnet sind, können schwere Folgen haben: Durchblutungsstörungen bis hin zu Thrombosen, Embolien oder Aneurysmen und zum Infarkt.
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