DAV kündigt Hilfstaxe |
DAV und GKV-Spitzenverband konnten sich nicht auf neue Preise für Rezepturen einigen. / Foto: picture alliance / Rolf Vennenbernd/dpa
Die Hilfstaxe, ein Vertragswerk zwischen dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Spitzenverband) und dem DAV, regelt die Preisbildung für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen. Die Mitgliedsorganisationen des DAV haben heute in einer außerordentlichen Sitzung den Geschäftsführenden DAV-Vorstand beauftragt, die Anlage 1 und Anlage 2 der Hilfstaxe zum Jahresende zu kündigen. Die Delegierten stimmten ohne Gegenstimme für die Kündigung. »Damit setzen wir ein Zeichen, dass wir gleichwertige Partner sind«, sagte der DAV-Vorsitzende Hans-Peter Hubmann. Er hatte vor der Abstimmung die »Blockadehaltung des GKV-Spitzenverbandes« kritisiert. Die Apothekerschaft könne es nicht hinnehmen, dass der Einkauf von Stoffen und Gefäßen für Apotheken oft mit deutlichen Verlusten verbunden sei, betonte Hubmann. Eine zeitnahe Problemlösung durch Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband sei nicht zu erwarten, hieß es.
Hintergrund für die Kündigung ist, dass sich DAV und GKV-Spitzenverband nicht einigen konnten, wie die in den Anlagen 1 und 2 geregelten Stoffe und Gefäße künftig vergütet werden sollen. Laut DAV wurde Anlage 1 der Hilfstaxe zuletzt zum 1. Januar 2019 angepasst. Mittlerweile hätten sich die Preise allerdings deutlich erhöht, was laut Beschlussvorlage auch für einen Teil der in Anlage 2 geregelten Gefäße zutrifft. Aus diesem Grund setzte sich der DAV seit Monaten für eine kurzfristige Preisanpassung für ausgewählte Stoffe mit dem größten Anpassungsbedarf ein.
Zunächst verhandelten die Verhandlungspartner über sieben als besonders dringlich identifizierte Stoffe (Isopropanol, Chloralhydrat, Clotrimazol, DMSO, Erythromycin, Neostigminbromid, Triamcinolonacetonid). Der DAV strebte dabei die Vereinbarung einer grundsätzlichen Preisbildungssystematik auf Basis der Z-Daten an. Hierdurch wäre eine jährliche Preisanpassung der Anlage 1 gemäß § 3 der Hilfstaxe zu erreichen, heißt es in der Beschlussvorlage. Demnach legte der DAV in zwei Sitzungen der Technischen Kommission am 29. März und am 8. Mai dieses Jahres zwei Angebote vor. Laut DAV lehnte der GKV-Spitzenverband beide ab. Begründet habe der Kassenverband dies unter anderem mit vermeintlichen Differenzen zwischen Listenpreisen und tatsächlichen Einkaufspreisen. Zudem sei der 90-Prozent-Aufschlag »nicht mehr zeitgemäß«, und Z-Daten hätten keine belastbare Qualität.
Nachdem in einem Jour Fixe am 6. Juni ebenfalls keine Einigung zustande kam, wurde eine Arbeitsgruppe gegründet. Bei Treffen der Arbeitsgruppe schlug der DAV vor, die jetzige Anlage 1 und 2 abzulösen und künftig über eine Abrechnungsregel abzurechnen. Laut dem Vorschlag sollte die in der Apotheke verwendete Packung künftig anteilig zum tatsächlichen Einkaufspreis abgerechnet werden. Die Verhandlungspartner der Kassenseite wollten sich darauf allerdings nur unter der Bedingung einlassen, dass gleichzeitig der Umfang der Anlage 1 deutlich erweitert würde. Weiterhin forderten sie, den Aufschlag auf hochpreisige Substanzen und Fertigarzneimittel, die als Rezeptur verarbeitet werden, zu senken. »Wir haben lange verhandelt und mehrere Anläufe genommen, um eine einvernehmliche Lösung zu finden. Der GKV-Spitzenverband hat sich jedoch jeder konstruktiven Lösung verweigert«, kritisierte Hubmann. Daher habe er sich dafür ausgesprochen, den Vertrag zu kündigen.
Wie geht es nun weiter? Sobald die Kündigung ab Januar 2024 greift, gilt zunächst ein »vertragsloser Zustand«. Laut DAV können die Apotheken die Stoffe und Gefäße dann nach § 4 und 5 der Arzneimittelpreisverordnung abrechnen. Einen einheitlichen Rezepturpreis gibt es dann laut Hubmann nicht mehr. »Dafür wird es für die Kolleginnen und Kollegen attraktiver«, zeigte sich der DAV-Vorsitzende überzeugt. Er geht davon aus, dass die Softwarehäuser die Änderung bis zum Jahresende umsetzen können. Sollte der GKV-Spitzenverband beim nächsten Verhandlungstermin am 30. Oktober doch noch einlenken, wäre eine erneute Anpassung der Software hingegen nicht zum 1. Januar 2024 möglich.