Das steckt hinter den starken Blutungen |
Haben Frauen übermäßig starke Regelblutungen, soll nach den Ursachen gesucht und diese behandelt werden. Ein möglicher Auslöser ist eine hormonelle Dysbalance in der Perimenopause. / © Getty Images/Westend61
Wenn Tampons oder Binden bereits nach ein bis zwei Stunden gewechselt werden müssen, kann das auf eine Hypermenorrhö hindeuten. Die besonders starke Menstruationsblutung ist mit einem Blutverlust von mehr als 80 ml pro Zyklus verbunden und kann mit dem Abgang von Blutkoageln einhergehen. »Die genaue Milliliterzahl lässt sich meist nur genau in Studien verifizieren«, sagt Professor Dr. Thomas Römer, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe des Evangelischen Klinikums Köln-Weyertal, gegenüber der PZ. »In der klinischen Praxis ist es eine subjektive Angabe der Patientin, die man durch den Verbrauch an Hygieneartikeln wie Tampons oder Binden etwas objektivieren kann.« Meist verlören Frauen mit einer Hypermenorrhö pro Monat 200 bis 400 ml Blut. Das führt zu Folgebeschwerden wie Eisenmangel.
Unbehandelt kann sich eine Eisenmangelanämie entwickeln, die sich durch Symptome wie Müdigkeit, Schwächegefühl, Blässe, Konzentrationsstörungen und vor allem bei Anstrengung auch durch Schwindel, Atemnot und Herzrasen äußern kann. Nicht zu unterschätzen ist die psychische Belastung, die durch die ständige Sorge um ausreichenden Hygieneschutz und die Angst vor Durchblutungen in die Kleidung entsteht.
Einer Hypermenorrhö können organische Ursachen wie Gebärmutterpolypen, gutartige Tumore in der Muskelschicht der Gebärmutter (Uterusmyome) oder gutartige Wucherungen in der Gebärmutterwand (Adenomyosis) zugrunde liegen. »In vielen Fällen handelt es sich aber um funktionelle Ursachen, das heißt um eine hormonelle Dysbalance, die besonders häufig in der Perimenopause auftritt«, erklärt der Experte vom Berufsverband der Frauenärzte (BVF). In der Perimenopause komme es zunächst zu einem Abfall des Hormons Progesteron und somit zu estrogendominanten Phasen, die die Blutung verstärken und auch oft zu Blutungsunregelmäßigkeiten führen.
Hormonelle Dysbalancen können auch in der Pubertät oder nach einer Schwangerschaft auftreten. Einige organische Ursachen treten mit fortschreitendem Alter häufiger auf: »Mehr als 60 Prozent der Frauen jenseits des 40. Lebensjahres sind von einem Uterus myomatosus, also einem durch Myome vergrößerten Uterus, betroffen, wobei hiervon etwa die Hälfte Beschwerden hat. Die Hauptsymptomatik ist dabei die Hypermenorrhö«, so Römer.
Selten stecken hinter einer Hypermenorrhö systemische Ursachen wie eine Schilddrüsenerkrankung oder eine unentdeckte Blutungsneigung wie das Von-Willebrand-Syndrom oder eine Thrombozytopathie. Antikoagulanzien oder gerinnungshemmende Medikamente können die Blutungsneigung erhöhen und somit die Menstruation verstärken. Zusätzlich können mechanische Faktoren wie eine Kupferspirale die Menstruationsstärke beeinflussen.
Bei einer unbehandelten Hypermenorrhö wird der erhöhte Blutverlust zum Problem. Insbesondere eine länger anhaltende Hypermenorrhö führe dann zu einer Anämie und zu Leistungseinbußen, sagt Römer. Daher sollte die Störung grundsätzlich behandelt werden. Wenn keine Anämie bestehe, bleibe die Therapie eine subjektive Entscheidung der Patientin.
Bei der Behandlung werden organerhaltende, möglichst nicht operative Therapien bevorzugt. Nicht hormonelle Behandlungsoptionen seien dabei allerdings meist nur »eingeschränkt effektiv«. Eine Option nur für die Akutsituation können Antifibrinolytika wie Tranexamsäure sein. »Sie müssen nur während der Zeit der starken Periodentage eingesetzt werden und können die Blutung um etwa 50 Prozent reduzieren.« Der Gynäkologe weist jedoch auf Nebenwirkungen hin: »Bei einer Daueranwendung gibt es bei Risikopatientinnen ein erhöhtes Thromboserisiko und es können gastrointestinale Nebenwirkungen auftreten.«
Je nach Ursache kann die Gabe von Hormonen helfen. Beim Uterus myomatosus würden meist zunächst Gestagene versucht. Effektiver seien aber GnRH-Antagonisten wie Relugolix (Ryeqo®) oder Linzagolix (Yselty®). »Hiermit kommt es sehr rasch bei mehr als 80 Prozent der Frauen zu einer Reduktion der Blutungsstörungen«, so Römer.
Bei einer Adenomyosis ist die Einlage einer Hormonspirale empfehlenswert, da sie die Blutungsstärke schnell und effektiv senkt. »Größere Corpuspolypen erfordern meistens doch eine operative Gebärmutterspiegelung, um die Polypen zu entfernen.« In Fällen, in denen eine pharmakologische Therapie versagt, sei bei Patientinnen mit abgeschlossener Familienplanung die Endometriumablation eine sinnvolle organerhaltende Methode. Dabei wird die Gebärmutterschleimhaut verschorft oder abgetragen. Die letzte chirurgische Option bei therapierefraktären Fällen sei die Hysterektomie, also die Entfernung der kompletten Gebärmutter.
In der Apotheke können betroffene Frauen nach Präparaten mit Eisen oder Folsäure zur Anämieprävention fragen. »Wenn der Hb-Wert erniedrigt ist, sollte in jedem Fall eine Eisensubstitution erfolgen«, sagt Römer. Bei fortbestehender Hypermenorrhö sei eine Eisensubstitution allerdings langfristig nicht effektiv. Daher müsse stets die Ursache der Blutungsstörung therapiert werden. Das Apothekenteam sollte Patientinnen, die über schwere Blutungen klagen, ermutigen, sich frühzeitig an einen Arzt zu wenden. Auch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sind wichtig, da sie dazu beitragen, gynäkologische Erkrankungen früh zu erkennen.
Als OTC-Produkte stehen nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen, Naproxen oder Diclofenac zur Verfügung. Sie wirken analgetisch und blutungsreduzierend, indem sie Prostaglandine hemmen, stellen jedoch allenfalls eine ergänzende oder vorübergehende Maßnahme dar. Von der Anwendung von Acetylsalicylsäure (ASS) sollten Frauen bei einer starken Periodenblutung wegen der gerinnungshemmenden Wirkung absehen.