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Darmbakterien

Das Mikrobiom als biologische Uhr

Das Mikrobiom kann man durchaus als eine Wundertüte bezeichnen. Das gilt zumindest noch so lange, wie über die Funktionen dieses gewaltigen Organs mehr spekuliert wird, als dass diese wirklich verstanden wären. Nun wird dem Mikrobiom eine weitere Eigenschaft zugewiesen: genaue Auskunft über das biologische Alter seines Trägers zu geben.
AutorKontaktTheo Dingermann
Datum 14.01.2020  08:00 Uhr

Obwohl das Mikrobiom nun schon seit einigen Jahren intensiv erforscht wird, muss man eigentlich ernüchtert zugeben, dass man nicht einmal weiß, was genau ein »gutes« beziehungsweise ein »schlechtes« Mikrobiom ist. Bekannt ist jedoch seit Langem, dass sich die Zusammensetzung des Mikrobioms mit dem Alter des Menschen verändert. Dies ist ein klares Ergebnis verschiedener internationaler Forschungsprojekte, die zum Ziel haben, die Darmbakterien von Tausenden von Menschen auf der ganzen Welt genauer zu charakterisieren und die organistischen Charakteristika mit physiologischen Phänotypen zu korrelieren.

Ein Ergebnis dieser Forschungsbemühungen ist nun die Erkenntnis, dass das Mikrobiom auch eine erstaunlich genaue biologische Uhr zu sein scheint, die das Alter der meisten Menschen auf wenige Jahre genau anzeigt. Der Langlebigkeitsforscher Dr. Alex Zhavoronkov, Geschäftsführer des in Rockville, Maryland, ansässigen Startup-Unternehmens InSilico Medicine, das sich unter anderem mit der Entwicklung künstlicher Intelligenz (KI) im Pharmabereich beschäftigt, untersuchte zusammen mit Kollegen 3663 Darmbakterien-Proben von 1165 gesunden Menschen auf der ganzen Welt. Etwa ein Drittel der Stichproben stammte von Personen im Alter von 20 bis 39 Jahren, ein weiteres Drittel von Personen im Alter von 40 bis 59 Jahren und das letzte Drittel von Personen im Alter von 60 bis 90 Jahren.

Die Wissenschaftler werteten ihre Daten mithilfe intelligenter IT-Verfahren aus. Dazu trainierten sie zunächst einen in dem Unternehmen entwickelten KI-Algorithmus mit den Daten von 95 verschiedenen Bakterienarten an 90 Prozent der von ihnen untersuchten Proben. Danach testeten sie den Trainingsdatensatz dahingehend, ob er für die restlichen 10 Prozent der Proben das Alter der jeweiligen Personen vorherzusagen vermochte.

Verblüffend genaue Altersbestimmung

Die über den Preprint-Server bioRxiv publizierten Ergebnisse waren verblüffend. Tatsächlich konnte mithilfe des Computerprogramms das Alter einer Person mit einer relativen Genauigkeit von vier Jahren angezeigt werden. Von den 95 Bakterienarten erwiesen sich 39 für eine Altersbestimmung als besonders wichtig.

Zhavoronkov und Kollegen konnten demonstrieren, dass einige Bakterien, zum Beispiel Eubacterium hallii, mit zunehmendem Alter vermehrt vorkommen. Andere Spezies wie Bacteroides vulgatus, eine Art, die auch mit Colitis ulcerosa in Verbindung gebracht wird, scheint im Verlauf des Alterns in geringeren Mengen vorhanden zu sein.

Laut Koautor Professor Dr. Vadim Gladyshev, Biologe an der Harvard University im US-amerikanischen Cambridge, der sich mit den Phänomenen des Alterns befasst, sind solche Veränderungen Anpassungen an das Ernährungsverhalten, die Schlafgewohnheiten und die körperlichen Aktivitäten im Laufe des Älterwerdens. Es ist plausibel, dass Verhaltensänderungen zu Anpassungen des Mikrobioms führen und nicht etwa das Mikrobiom das Altern eines Menschen steuert. Für die »Mikrobiom-Altersuhr« sind Ursachen und Folgen der Mikrobion-Adaptation jedoch irrelevant. Fakt scheint zu sein, dass sich das Mikrobiom in seiner Zusammensetzung ändert, und das kann genutzt werden, wie hier gezeigt wurde.

Anwendungen für eine »Mikrobiom-Altersuhr«

Wie diese biologische Uhr in Zukunft eingesetzt werden kann, muss sich allerdings erst noch erweisen. Die Wissenschaftler von InSilico Medicine schlagen vor, mithilfe des neuen Tools zu erforschen, wie schnell oder langsam der Darm einer Person altert und ob der Konsum von Alkohol, eine Therapie mit Antibiotika, die Einnahme von Probiotika oder eine bestimmte Diät einen Einfluss auf die Lebenserwartung haben könnten. Man kann sich auch vorstellen, mithilfe der »Mikrobiom-Altersuhr« gesunde Menschen mit denen zu vergleichen, die an bestimmten Krankheiten wie Alzheimer leiden, um festzustellen, ob ihre Mikrobiome von der Norm abweichen.

Wenn für die Methode in künftigen Forschungsvorhaben tatsächlich eine gewisse Robustheit bestätigt werden kann, wird sie zusammen mit anderen Biomarkern wertvolle Daten zur Bestimmung des biologischen Alters liefern können. Dies wird immer wichtiger in Zeiten, in denen sich das Forscherinteresse nicht mehr nur auf die Korrektur von Fehlfunktionen durch Medikamente konzentriert, sondern präventive Ansätze immer intensiver beforscht werden, die zum Ziel haben, typische Alterskrankheiten zu vermeiden und so die Lebenszeit zu verlängern. Um hier möglichst effektiv voranzukommen, sind biologische Verlaufsmarker wichtig. Ein solcher wäre eine gut funktionierenden biologische Uhr, sodass man nicht mehr auf den ultimativen Endpunkt für Langlebigkeit – den Tod des Probanden – angewiesen ist, wie es Zhavoronkov formuliert.

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