Pharmazeutische Zeitung online Avoxa
whatsApp instagram facebook bluesky linkedin xign
Reaktionen auf BMG-Eckpunkte

»Das ist eine Frechheit!«

Die Apothekerschaft reagiert verärgert auf die Eckpunkte des Bundesgesundheitsministeriums für ein Generika-Gesetz. Die geplante 50-Cent-Engpasspauschale bezeichnet die ABDA als »Almosen«. Sie erzeuge zudem noch mehr Bürokratie und werde zu selten ausgezahlt. Laut Thomas Preis, Chef des Apothekerverbandes Nordrhein, deckt die neue Pauschale bei Weitem nicht die anfallenden Arbeitskosten. Die Krankenkassen deuten Beitragserhöhungen an.
AutorKontaktBenjamin Rohrer
Datum 20.12.2022  14:00 Uhr

Das Bundesgesundheitsministerium hat am heutigen Dienstagmorgen die ersten Eckpunkte für ein mögliches Generika-Gesetz vorgestellt. Mit dem Vorhaben will die Ampel-Koalition die Verfügbarkeit von Arzneimitteln, insbesondere im Bereich der Kinderarzneimittel, verbessern. Unter anderem sollen die Festbeträge teils komplett wegfallen, teils nach oben korrigiert werden. Hinzu kommen neue Ausschreibungskriterien bei der Rabattvertragsvergabe. Im Apothekenbereich plant die Bundesregierung mit einer neuen Pauschale in Höhe von 50 Cent, die die Apotheken abrechnen können, wenn sie bei bestimmten Arzneimitteln Rücksprache mit einem Arzt halten müssen. Betroffen sind nur Wirkstoffe, die auf der Liste der versorgungskritischen Medikamente des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stehen. Außerdem sollen die während der Coronavirus-Pandemie eingeführten, gelockerten Abgaberegeln verstetigt werden. (Hier lesen Sie alle Details zu den Eckpunkten).

Lauterbach: Schluss mit Discounter-Politik

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erklärte in einem Presse-Statement zu den Eckpunkten: »Wir haben es mit der Ökonomisierung auch in der Arzneimittelversorgung mit patentfreien Medikamenten übertrieben. Besonders bei Kinderarzneimitteln spüren wir die Konsequenzen gerade besonders hart. (…) Die Discounter-Politik hat die Arzneimittelversorgung kontinuierlich über Jahrzehnte verschlechtert. Das zurückzudrehen, geht nicht über Nacht. Deswegen müssen wir bei Lieferengpässen den Apothekern helfen, ihren Kunden Alternativen anzubieten, wenn Medikamente nicht auf Lager sind. Ist ein Medikament nicht vorrätig, dürfen sie künftig ein wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben oder aus Pillen Säfte machen. Müssen Sie dafür mit dem Arzt Rücksprache halten, wird das zusätzlich honoriert.«

Overwiening: Nur Hohn und Spott für die Apotheken

Zwei zentrale Forderungen der Apothekerschaft könnten somit schon bald umgesetzt werden. In einem ersten Statement begrüßt ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening das Vorhaben auch grundsätzlich. Es sei richtig, Patienten finanziell von Mehrkosten zu entlasten. Mit den für die Apotheken vorgeschlagenen Neuregelungen ist Overwiening allerdings überhaupt nicht zufrieden. »Über die Apotheken, die seit Monaten mit großem Engagement und Aufwand die Lieferengpässe managen und somit die Menschen zuverlässig versorgen, gießt das Ministerium aber nun offenbar Hohn und Spott aus. Jede Apotheke soll laut Ministerium genau 50 Cent für jedes erfolgreich gefundene Austauscharzneimittel bekommen - aber nur, wenn es vorher als versorgungskritisch eingestuft wurde und mit der Arztpraxis Rücksprache gehalten wurde. Das ist wirklich eine Frechheit!«

Overwiening zufolge wird die Bürokratie dadurch noch erhöht, zudem werde der teils stundenlange Arbeitsaufwand nicht einmal ansatzweise bezuschusst. »Und als Zeichen der Wertschätzung kann man dieses Almosen wohl auch kaum bezeichnen«, so die ABDA-Präsidentin. Gerade vor den bevorstehenden Notdiensten an den Feiertagen könne kein Apotheker verstehen, wie solch ein Cent-Aufschlag die Versorgungssicherheit stabilisieren oder gar verbessern soll. Overwiening malt daher ein bedrohliches Szenario: »Wenn in den nächsten Tagen alle Apotheken das Lieferengpassmanagement einstellen und keine Mühe mehr auf die Suche nach Ersatzpräparaten verwenden würden, müssten Politik und Kassen zusehen, wie die Arzneimittelversorgung in Deutschland zusammenbricht.«

AVNR-Chef Preis: 5 Millionen Euro mehr pro Monat

Auch Thomas Preis, Chef des Apothekerverbandes Nordrhein, beschwerte sich gegenüber der PZ über die Höhe der neu geplanten Vergütung. »Endlich werden Apotheken für ihren enormen Aufwand bei den Lieferengpässen honoriert. Aber mehr als ein Almosen ist dabei nicht zu Stande gekommen. Denn die geplante Pauschale deckt nicht einmal ansatzweise die wirklichen Mehrkosten der rund 18.000 Apotheken. Nach unseren Berechnungen stehen den etwa 40 Millionen Euro monatlich an zusätzlichen Arbeitskosten der Apotheken lediglich etwa 5 Millionen Pauschale pro Monat gegenüber. Das ist rechnerisch ein Stundenlohn von unter 5 Euro. Zusätzlich werden die Apotheken ab Februar durch den erhöhten Kassenabschlag mit jährlich 120 Millionen Euro belastet. Das Eckpunktepapier des BMG ist daher aus unserer Sicht noch nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein. Zumal auch die Preisanpassungen für die pharmazeutische Industrie nicht ausreichen wird die Lieferengpässe kurzfristig zu beenden.«

Pro Generika zufrieden, BPI eher nicht

Die Pharmaindustrie begrüßt das Vorhaben. Bork Bretthauer, Geschäftsführer bei Pro Generika, erklärte: »Das Bundesgesundheitsministerium hat endlich erkannt, dass das Hauptsache-Billig-Prinzip bei Generika die Versorgung destabilisiert hat und zu Engpässen führt. Es ist gut, dass sie jetzt gegensteuern will und in einzelnen Bereichen den extremen Kostendruck lockern will. (…)« Das Eckpunktepapier bezeichnete Bretthauer als einen »Startschuss« für einen mehrmonatigen Beratungsprozess. Etwas kritischer betrachtet der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) den Entwurf. Der BPI-Vorsitzende Hans-Georg Feldmeier sagte: »Die Probleme der kaputten Preise wurden zwar erkannt, aber die Umsetzung ist zu kurz gesprungen. Die Maßnahmen sind nämlich nur auf den Versorgungsbereich der Kinderarzneimittel eingegrenzt. Die Lieferproblematik betrifft aber die gesamte Grundversorgung.«

Auch der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH), Hubertus Cranz, ist nur bedingt zufrieden: »Grundsätzlich gehen die Überlegungen in die richtige Richtung. Allerdings dürfen aktuelle Probleme nicht allein eine Neustrukturierung des Bestandsmarktes bestimmen. Während des Gesetzgebungsverfahrens sollten langfristig stabile Strukturen geschaffen werden.« Cranz kritisierte auch die vorgesehene neue Lagerhaltungspflicht.

Kassen deuten Beitragserhöhung an

Für die Krankenkassen könnte das Gesetz teuer werden – die Einsparungen im Arzneimittelbereich werden voraussichtlich stark sinken. Trotzdem reagierte der GKV-Spitzenverband in einem ersten Statement durchaus verständnisvoll. Die Pharmaindustrie habe durch ihre Lieferausfälle das gesamte Gesundheitswesen unter Stress gesetzt. »Es ist absolut notwendig, dass das BMG nun eingreift, um die Arzneimittelversorgung wieder zuverlässiger zu machen«, erklärte Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des Verbandes. Die neuen Ausschreibekriterien begrüßt Pfeiffer. Überraschend ist, dass der GKV-SV eingesteht, dass »die bisherigen gesetzlichen Rahmenbedingungen insgesamt nicht sicherstellen, dass immer genau die Medikamente ausreichend verfügbar waren«. Allerdings: Statt kurzfristiger »Weihnachtsgeschenke für die Pharmaindustrie« fordert der Kassenverband einen Medikamentengipfel, an dem unter anderem die Apothekerschaft beteiligt ist. Die Krankenkassen kündigen zudem an, die Preiserhöhungen im Arzneimittelbereich über die Zusatzbeiträge an die Versicherten weiterzureichen. »Wir warnen vor der Annahme, dass internationale Pharmakonzerne ihre globalen Produktionsstandorte alleine deshalb ändern, weil gesetzlich Krankenversicherte künftig über ihre Krankenkassenbeiträge höhere Medikamentenpreise in Deutschland bezahlen müssen«, so Pfeiffer.

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa